Wien (OTS) – Deutschland zählt zwar noch immer zu den Ländern mit
besonders kurzen
Zahlungsfristen und geringen Zahlungsverzögerungen im internationalen
Vergleich, dennoch zeigt sich vor dem Hintergrund politischer
Unsicherheit und wachsender geopolitischer Spannungen eine deutliche
Verschlechterung des Zahlungsverhaltens. Das ist das Ergebnis der 9.
Ausgabe der Coface-Umfrage zum Zahlungsverhalten deutscher
Unternehmen mit 847 Teilnehmenden im Mai und Juni dieses Jahres. Im
Jahr 2025 gewähren 84 Prozent der deutschen Unternehmen
Zahlungsziele. Das ist ein Rekordwert seit 2016. Gleichzeitig hat
sich die traditionelle Vorliebe der Deutschen für kurze Zahlungsziele
weiter verstärkt: 92 Prozent der befragten Unternehmen forderten eine
Zahlung innerhalb von 60 Tagen, was dem Niveau von 2016 entspricht.
Trotz dieser Veränderungen blieb die durchschnittliche Zahlungsfrist
mit 32,5 Tagen nahezu unverändert (gegenüber 32,1 Tagen im Jahr 2024)
.
81 Prozent der Unternehmen berichten über neue
Zahlungsverzögerungen – ein Anstieg um 3 Prozentpunkte gegenüber
2024. Damit nähert sich der Wert dem Höchststand von 85 Prozent im
Jahr 2019 an. Die durchschnittliche Dauer der Zahlungsverzögerungen
stieg um einen Tag auf 31,8 Tage. Trotz dieser Verschlechterung liegt
der Wert weiterhin deutlich unter dem Vor-Pandemie-Durchschnitt von
39,7 Tagen.
Zahlungsverzögerungen als Geschäftsrisiko
12 Prozent der Unternehmen meldeten angesammelte überfällige
Zahlungen (zwischen sechs Monaten und zwei Jahren), die mehr als 2
Prozent ihres Jahresumsatzes ausmachen. Obwohl diese Zahl im
Vergleich zu 2024 leicht rückläufig ist, liegt sie weiterhin deutlich
über dem Durchschnitt vor der Pandemie. Am stärksten betroffen ist
das Baugewerbe. Hier meldeten 24 Prozent der Unternehmen Probleme.
„Erfahrungsgemäß werden 80 Prozent der besonders lang ausstehenden
Zahlungen nicht mehr beglichen. Das macht sie zu einem erheblichen
Geschäftsrisiko und einem negativen Signal für die wirtschaftliche
Entwicklung“ , sagt Dagmar Koch, Country Managerin von Coface
Österreich.
2026: Verhaltener Optimismus
Nach drei Jahren wirtschaftlicher Stagnation sehen die deutschen
Unternehmen dennoch Anzeichen für eine Verbesserung: Während die
allgemeine Stimmung für 2025 negativ bleibt – der Anteil der
Pessimisten für 2025 übersteigt den Anteil der Optimisten um 17
Prozentpunkte -, dreht sich der Trend für 2026. Für das kommende Jahr
überwiegt der Optimismus mit einem Plus von 16 Prozentpunkte. Das ist
auf die erwarteten staatlichen Konjunkturmaßnahmen zurückzuführen:
Investitionen in Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutz sowie
Steueranreize für Unternehmen. All diese Maßnahmen geben Anlass zur
Hoffnung für Deutschland im Zentrum der europäischen Wirtschaft –
trotz der bestehenden politischen und wirtschaftlichen
Herausforderungen.
Deutschland bleibt trotz Herausforderungen Schlüsselmarkt
Obwohl es Bedenken hinsichtlich der Binnennachfrage und
struktureller Beschränkungen bei den Teilnehmenden gibt, bleibt
Deutschland zusammen mit den EU- und EFTA-Staaten der Markt, der von
den Befragten als am vielversprechendsten angesehen wird. Dies liegt
auch daran, dass viele Unternehmen nicht exportieren und nur auf
diesen Märkten aktiv sind. Die Vereinigten Staaten hingegen haben an
Attraktivität verloren und sind auf den Beliebtheitsgrad
zurückgefallen, den sie zuletzt während der ersten Amtszeit von
Donald Trump hatten. Das Hin und Her in der US-, aber auch in der
globalen Handelspolitik ist wahrscheinlich ein Hauptgrund dafür. Aus
diesem Grund haben 23 Prozent der Unternehmen bereits „De-Risking“-
Strategien (Diversifizierung der Lieferanten, Absicherung von
Zahlungen, Standortverlagerung) eingeführt. Nach den Plänen unserer
Befragten soll diese Zahl innerhalb der nächsten drei Jahre 54
Prozent erreichen, insbesondere in exportorientierten Branchen. „Auch
wenn sich die Aussichten für 2026 verbessert haben, sehen wir
zunächst eine weitere Verschlechterung der Zahlungsmoral. Dies
spiegelt sich auch in den offiziellen Insolvenzzahlen wider, die
derzeit in Deutschland auf einem Zehnjahreshoch liegen“ , sagt
Christiane von Berg, Head of Economic Research BeNeLux & DACH bei
Coface.
COFACE: FOR TRADE