Wien. (OTS) – Mit der Veröffentlichung des Entwurfs zur
Fachkräfteverordnung 2026,
mit der die Regierung die Drittstaatenzuwanderung für das kommende
Jahr festlegt, übt Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft
vida, schärfste Kritik. Die Liste, die eine breite Palette an Berufen
von Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen über
Verschieber:innen bis hin zu Köch:innen, Friseur:innen und
Masseur:innen umfasst, sei ein gefährliches Signal an die
Unternehmen.
Betrug an der inländischen Ausbildung
Hebenstreit kritisiert, dass die Aufnahme zentraler Berufe in die
Mangelberufsliste vormalige Versprechen der Regierung ad absurdum
führt und die Managements von Betrieben für Versäumnisse belohnt:
„Die Aufnahme von Triebfahrzeugführer:innen, Verschieber:innen,
Fahrdienstleiter:innen und Wagenmeister:innen ist ein Betrug am
Steuerzahler. Die Regierung hat gerade erst ein Ausbildungspaket für
die Bahn versprochen. Wenn jetzt wieder mit Arbeitsmigration reagiert
werden muss, war das Ausbildungspaket offensichtlich eine
Mogelpackung und ein Versagen der Personalplanung durch das ÖBB-
Management.“ Die Politik belohne damit Branchen, die es versäumt
hätten, rechtzeitig in inländische Qualifizierung zu investieren,
anstatt diese zur Verantwortung zu ziehen.
Es mangelt am Lohn, nicht am Mensch
Die Aufnahme zahlreicher Niedriglohnberufe auf die Liste entlarvt
zudem die zugrundeliegende Logik der Mangelberufsliste. Wenn der
Preis, also der Lohn, in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung
ein Indikator für Mangel wäre, dürften die Löhne in diesen Berufen
nicht am unteren Ende liegen. „Berufe wie Koch/Köchin, Friseur:innen
oder Masseur:innen gehören zu jenen, die Beschäftigte oft an die
Armutsgrenze drücken. Die Politik hält diese Branchen
fälschlicherweise für Mangelberufe, obwohl sie nur deshalb keine
Arbeitskräfte finden, weil sie mangelhaft zahlen“, argumentiert
Hebenstreit. „Es mangelt nicht an Menschen, die arbeiten wollen –
sondern an Anstand bei den Löhnen. Die Regierung setzt das völlig
falsche Signal: Anstatt anständige Bedingungen zu schaffen, können
Betriebe über die Rot-Weiß-Rot-Karte Arbeitskräfte rekrutieren, die
in prekären Abhängigkeitsverhältnissen stehen.“
Perfide Strategie im Sozial- und Gesundheitswesen
Gerade in systemrelevanten Bereichen wie der Gesundheits- und
Sozialwirtschaft sei das Vorgehen der verantwortlichen Politik
perfide, wie der vida-Gewerkschafter erläutert: „Auf Landesebene
werden massiv Kürzungen und Verschlechterungen bei den Gehältern und
Bedingungen im Gesundheits- und Sozialbereich vorgenommen, um die
Jobs maximal unattraktiv zu machen. Das prominenteste Beispiel ist
Salzburg, wo die schwarz-blaue Landesregierung das Aus des
Pflegebonus‘ angekündigt hat“. Hebenstreit erklärt: „Dieses Vorgehen
dient nur einem Zweck: Man schafft künstlich einen Mangel und holt
dann mit dem Hinweis auf die Mangelberufsliste ‚billigeres‘ Personal
aus Drittstaaten. Kürzungen im Gesundheits- und Sozialbereich auf
Landesebene vorzunehmen und zugleich diese Berufsgruppen in
Drittstaaten zu suchen, ist mehr als zynisch!“
Regierung soll zur Vernunft kommen
Die vida erwartet, dass die Regierung bis zum Ministerrat zu
einer realistischen Einschätzung zurückkehrt: „Eine Mangelberufsliste
löst keine strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt. Gute Löhne,
planbare Arbeitszeiten und faire Bedingungen schon. Wir fordern eine
ernsthafte Fachkräftestrategie, die mit massiven Investitionen in
inländische Ausbildung beginnt, anstatt mit dieser Legalisierung des
Lohndumpings!“