Thunfischfang am stärksten durch den Klimawandel bedroht

Berlin (OTS) – Neue Modellrechnungen zeigen: Der Klimawandel birgt
ein besonders
hohes Risiko für die Befischung weit wandernder Fischarten

Eine Analyse von mehr als 500 MSC-zertifizierten Fischereien
weltweit ergab, dass die Folgen des Klimawandels besonders für die
Befischung weit wandernder Arten wie Thunfisch oder Schwertfisch ein
großes Risiko darstellen. Klimawandelfolgen sind beispielsweise
Veränderungen im Verbreitungsgebiet von Fischbeständen oder sinkende
Fischpopulationsgrößen.

Dies ist das Ergebnis einer vom Marine Stewardship Council (MSC)
geleiteten Studie, die heute in der Fachzeitschrift Cell Reports
Sustainability veröffentlicht wurde (1).

Für die vom Common Oceans Programm der Welternährungsorganisation
FAO unterstützte MSC-Studie haben Wissenschaftlerinnen weltweit das
Risiko des Klimawandels für eine nachhaltige Befischung beliebter
Speisefischarten, Krustentiere und Weichtiere untersucht – von der
Sardelle bis zum Thunfisch, von der Garnele bis zur Muschel. Das
Ergebnis: Weit wandernde Raubfischarten wie der Thunfisch führen die
Risiko-Skala an, an zweiter Stelle folgen kleine Schwarmfische wie
Hering, Makrele oder Sardine, gefolgt von Weißfischen wie Kabeljau,
Scholle, Seezunge oder Seeteufel.

Klimawandel schafft Fischereikonflikte – internationale Lösungen
erforderlich

Mit der durch den Klimawandel verursachten Meereserwärmung
verlagern viele weit wandernde Fischarten ihren Lebensraum in kühlere
Meeresgebiete. So wurden beispielsweise kürzlich
Blauflossenthunfische in britischen Gewässern gesichtet, die dort
üblicherweise nicht leben; auch im Pazifik mehren sich die Anzeichen,
dass Thunfischschwärme aus westlichen in kühlere östliche Regionen
dieses Ozeans abwandern.

Wenn Thunfische oder andere Fischarten ihren Lebensraum auf diese
Weise verlagern, gelangen sie in die Hoheitsgewässer neuer Länder.
Dadurch entstehen Nutzungskonflikte zwischen jenen Ländern, die den
Bestand bisher befischt haben, und jenen, in deren Gewässer der
Bestand nun eingewandert ist und die ihn ebenfalls befischen möchten.
Solche Nutzungskonflikte münden schnell in einer Überfischung des
Bestands, wie aktuell bei der nordostatlantischen Makrele zu
beobachten.

Um derartige Konflikte und die daraus resultierenden
Überfischungsrisiken zu verringern, ist dringend eine bessere
internationale Zusammenarbeit nötig, betonen die Studienautorinnen (2
)..

Lauren Koerner, Data-Science-Managerin beim MSC und Mitautorin
der Studie:

“ Die Folgen des Klimawandels führen zu Veränderungen im marinen
Ökosystem, Fischbestände ziehen in neue, kühlere Meeresgebiete,
bestehende Fischereiabkommen und Fangquotenzuteilungen werden damit
obsolet. Was wir heute brauchen, sind flexible Fischereiabkommen, die
Veränderungen in der Verbreitung oder der Größe von Fischbeständen
adäquat berücksichtigen. Andernfalls wird es selbst für
hochmotivierte Fischereien schwer, nachhaltig zu fischen.“

„Der Klimawandel zeigt keinerlei Anzeichen einer Verlangsamung,
gleichzeitig wachsen die Weltbevölkerung und die Nachfrage nach
Fisch. Regierungen und Fischereimanagement-Organisationen müssen ihre
Praktiken anpassen, um mit den Veränderungen Schritt zu halten und
sicherzustellen, dass unsere Meere nicht überfischt werden.“

Folgen für Umwelt und Ernährung weltweit

Nicht nur ökologisch, sondern auch sozioökonomisch bergen der
Klimawandel und das Schrumpfen oder Abwandern von Fischbeständen
Risiken, unter anderem beim Thunfisch, einem der weltweit
beliebtesten Speisefische.

Joe Zelasney, Leiter des Projektbereichs Thunfisch im Common
Oceans Programm der FAO :

“ Mit dem Klimawandel wird es in der Thunfischfischerei Gewinner
und Verlierer geben. Für einige vom Thunfisch abhängige Inselstaaten
im Globalen Süden könnten die wirtschaftlichen Folgen verheerend
sein. Es ist daher entscheidend, dass die Regierungen der
Fangnationen und die internationalen
Fischereimanagementorganisationen, die den Thunfischfang auf hoher
See regulieren, eng zusammenarbeiten und den klimabedingten
Veränderungen einen Schritt voraus sind um Lebensgrundlagen und
Ernährungssicherheit in den betroffenen Regionen schützen zu können.

Im Vorfeld der UN-Klimaverhandlungen (COP30) , die nächste Woche
beginnen, ruft der MSC die Regierungen aller Fischereinationen dazu
auf, bei der gemeinsamen Bewirtschaftung von Fischbeständen stärker
zusammenzuarbeiten, den Fischfang grenzüberschreitend zu regulieren
und Überfischung zu verhindern.

(1) Titel der Studie: “ Climate change risks to future
sustainable fishing using global seafood ecolabel data“ (der Link zur
Studie ist ab 5.11., 0:10 Uhr im ots Newsroom verfügbar)

(2) Auch nicht wandernde Fischarten sind durch die Auswirkungen
des Klimawandels gefährdet. Zum Beispiel kann ihre Bestandsgröße
infolge zunehmender Meereserwärmung und -versauerung schrumpfen. Auch
für diese Fischarten ist ein adaptives Fischereimanagement zur
Anpassung der Fangmengen und Fischereiaktivitäten und zur
Verhinderung von Überfischung essentiell. Allerdings ist ein gutes
Fischereimanagement bei nicht wandernden Arten deutlich weniger
komplex und konfliktanfällig als bei wandernden Arten – und das
Überfischungsrisiko somit geringer.