„Teilzeit hat nichts mit Faulheit zu tun“

Wien (OTS) – „Wer ohne guten Grund Teilzeit arbeitet, ist
unverantwortlich
gegenüber der Gesellschaft“, erklärte kürzlich Wirtschaftsminister
Wolfgang Hattmannsdorfer. Die neue Präsidentin des
Pensionistenverbandes Österreichs, Birgit Gerstorfer, MA äußert sich
dazu mit scharfer Kritik: Teilzeitarbeit dürfe nicht pauschal
verurteilt werden und habe mit Faulheit nichts zu tun. Sie fordert
stattdessen die Politik und die Wirtschaft zu Lösungen auf, anstatt
Beschäftigte gegeneinander auszuspielen.

„Sehr wohl nachvollziehbare Gründe“

„Teilzeit ist in Österreich gelebte Realität für etwa ein Drittel
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und das in aller Regel aus
nachvollziehbaren Gründen“, betont die PVÖ-Präsidentin. Besonders
betroffen seien Menschen mit Kinderbetreuungspflichten,
pflegebedürftigen Angehörigen oder gesundheitlichen Einschränkungen.
„Diese Menschen haben unsere volle Unterstützung verdient und
verdienen Respekt – keine öffentliche Herabwürdigung“, so Gerstorfer
weiter.

Verantwortung auch bei Arbeitgeber

Doch auch im Interesse vieler Arbeitgeber werde Teilzeitarbeit
ermöglicht oder sogar verlangt, etwa weil keine Vollzeitstellen
angeboten werden oder weil Teilzeit für Unternehmen kostengünstiger
sei. „Viel zu oft würden jene, die eigentlich gerne Vollzeit arbeiten
würden, gar nicht die Chance dazu erhalten – insbesondere im Handel,
in der Gastronomie oder in sozialen Diensten“, kritisiert die PVÖ-
Präsidentin.

Die pauschale Unterstellung von Faulheit hält Gerstorfer für
verfehlt und fragt: „Wer will überhaupt und vor allem wie
feststellen, was ein ‚guter Grund‘ für Teilzeit ist? Und wie soll
sanktioniert werden, was angeblich ein schlechter Grund ist?“
Notwendige staatliche Aufsicht und Bürokratie würde Kosten in
Milliardenhöhe verursachen, ohne das eigentliche Problem zu lösen.

Forderung nach gezielter Umstiegsförderung

Stattdessen fordert die PVÖ-Präsidentin klare politische
Maßnahmen: „Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab
dem ersten Lebensjahr – warum sorgt der Wirtschaftsminister nicht
dafür? Wir brauchen mehr Tagesbetreuungszentren für pflegebedürftige
Menschen, betriebliche und gesetzliche Verbesserungen bei der
Arbeitszeitflexibilisierung. Ebenso sind eine gezielte Förderung des
Umstiegs von langjähriger Teilzeit auf Vollzeit, bessere Entlohnung
und Aufwertung belastender Berufe sowie mehr Homeoffice-Möglichkeiten
zentrale Anliegen des PVÖ.

„Vertrauen schaffen statt verunsichern“

„Es muss ein höheres Vertrauen geschaffen werden, dass sich
Vollzeitarbeit lohnt und man dafür auch eine gute Pension bekommt –
anstatt ständig Pensions-Bashing zu betreiben“, betont die
Verbandspräsidentin. Mehr Vollzeit ist dann möglich, wenn der Staat
soziale Infrastruktur ausbaut, die Unternehmen attraktive
Arbeitsbedingungen schaffen und individuelle Hindernisse bei den
Beschäftigten (Kinderbetreuung, Pflege, Gesundheit, …) abgebaut
werden. „Mehr Menschen werden dann Vollzeit arbeiten, wenn die
Rahmenbedingungen es zulassen und es tatsächlich attraktiv ist –
nicht, wenn man sie mit Schuldzuweisungen und Sanktionen bedroht“,
fasst die PVÖ-Präsidentin zusammen.

Abschließend erklärt Gerstorfer, warum dem Pensionistenverband
die Debatte besonders am Herzen liegt: „Jede zusätzliche
Beschäftigung stärkt unser Sozialsystem und sichert die Pensionen.
Wir stehen für verantwortungsvolle, gerechte Lösungen – nicht für
billige Vorurteile.“ (Schluss)