Samt und Haubner bei 6. IPU-Weltkonferenz der Parlamentspräsident:innen in Genf

Wien (PK) – Unter dem Motto „Eine Welt in Aufruhr: Parlamentarische
Zusammenarbeit und Multilateralismus für Frieden, Gerechtigkeit und
Wohlstand für alle“ stand heuer die vom 29. bis 31. Juli in Genf
stattfindende 6. IPU-Weltkonferenz der Parlamentspräsident:innen.
Seit dem Jahr 2000 organisiert die aus 181 Mitgliedern bestehende
Interparlamentarische Union (IPU) gemeinsam mit den Vereinten
Nationen alle fünf Jahre dieses hochrangig besetzte globale Forum,
bei dem Österreich dieses Mal durch Bundesratspräsident Peter Samt
und Zweiten Nationalratspräsident Peter Haubner vertreten ist.

Am heutigen letzten Tag der Konferenz, an der Delegationen aus
über 110 Ländern teilgenommen haben, wurde eine gemeinsame
Deklaration verabschiedet. Darin findet sich ein nachdrückliches
Bekenntnis zum multilateralen Engagement, das als effektivster Weg
gesehen wird, um Lösungen für die drängendsten Probleme der Zeit zu
finden – von nuklearer Abrüstung über Klimawandel, globaler
Finanzstabilität, Gesundheit, internationalem Handel, künstlicher
Intelligenz bis hin zu Migration. Begrüßt wird darin auch der
Zukunftspakt der Vereinten Nationen vom September 2024, der unter
anderem eine stärkere Einbindung der Parlamente in die Arbeit der
UNO, einschließlich ihrer zwischenstaatlichen Prozesse, fordert (
www.ipu.org .).

Samt: Internationale Zusammenarbeit muss sich durch den Nutzen
für die Menschen legitimieren

Kriege und humanitäre Krisen, wirtschaftliche Unsicherheit und
soziale Ungleichheit, Klimawandel und Migration würden die
internationale Ordnung vor eine ernste Bewährungsprobe stellen, hielt
Bundesratspräsident Peter Samt in seiner Rede im Rahmen der
Generaldebatte fest. Da die Welt aktuell mit geopolitischer
Machtpolitik und protektionistischen Handelspraktiken konfrontiert
sei, brauche es mehr denn je einen starken politischen Diskurs, der
den Mehrwert multilateraler Zusammenarbeit betone.

Kein Land, keine Regierung und kein Parlament könne die komplexen
Probleme des 21. Jahrhunderts im Alleingang bewältigen, war Samt
überzeugt, weshalb Orte des Austausches so wichtig seien.
Internationale Zusammenarbeit sei jedoch kein Selbstzweck, sie müsse
Ergebnisse liefern und sich durch ihren Nutzen für die Menschen
legitimieren.

Insbesondere den Parlamenten komme dabei eine Schlüsselrolle zu,
unterstrich der Präsident der Länderkammer. Sie seien nämlich die
Bindeglieder, die sicherstellten, dass außenpolitisches Handeln
demokratisch kontrolliert und transparent gestaltet werde und den
Bedürfnissen der Bevölkerung entspreche. Parlamentarische Diplomatie
sei aus seiner Sicht ein einzigartiges und unverzichtbares
Instrument, da sie über die klassische Diplomatie hinausgehe. Sie
führe die Stimmen der Menschen – vertreten durch ihre gewählten
Vertreter:innen – zusammen und bringe sie auf der internationalen
Bühne engagiert ein.

Gerade in Wien, das Sitz internationaler Organisationen sei,
werde multilaterale Zusammenarbeit täglich gelebt, merkte der
Bundesratspräsident an. In dieser Tradition bringe sich auch das
österreichische Parlament aktiv ein, wie etwa als Gastgeber der 5.
Weltkonferenz 2021 und der jährlichen Wintertagungen der
Parlamentarischen Versammlung der OSZE.

Samt hob generell die Bedeutung der neutralen Staaten in Europa
hervor, die eine zentrale Rolle beim Konfliktmanagement und bei der
Friedensbildung spielen würden. Gerade in Zeiten, in denen vielerorts
das Vertrauen in Institutionen erodiere, sei parlamentarisches
Engagement besonders gefragt, um internationale Netzwerke und
Institutionen zu stärken, um Brücken des Friedens und des
Verständnisses zu erhalten und zu erneuern.

Bei seinem Redebeitrag im Rahmen eines Panels zum Thema
„Innovationen für eine friedvolle Zukunft“ führte Bundesratspräsident
Peter Samt überdies ins Treffen, dass der massive Vertrauensverlust
der Bevölkerungen in die nationalen und multilateralen Regelsysteme
eine große Herausforderung darstellen würde. Gerade in Zeiten
ständiger Veränderungen, die geprägt seien von oberflächlichen und
kurzlebigen Trends sowie von schlechten Nachrichten, die vor allem
über soziale Medien verbreitet würden, bräuchten Menschen Halt und
Orientierung.

Seine Amtszeit als Präsident des österreichischen Bundesrats habe
er daher unter das Motto „Brauchtum leben, Traditionen bewahren,
Generationen verbinden“ gestellt. Die Wahrung der kulturellen
Wurzeln, Bräuche und gewachsenen Gemeinschaften sei für ihn nämlich
kein Anachronismus, sondern ein Fundament für die Zukunft, zumal sie
Generationen verbinden und sozialen Zusammenhalt schaffen würden.

Haubner für Weiterentwicklung des Multilateralismus

Angesichts der immensen globalen Herausforderungen brauche es
mehr Zusammenarbeit, mehr Dialog und mehr Mut zur gemeinsamen
Gestaltung, unterstrich auch Zweiter Nationalratspräsident Peter
Haubner. Vor allem autoritäre Tendenzen und ein Rückzug in nationale
Denkmuster würden die Grundlagen der multilateralen Ordnung infrage
stellen. Es sei zu beobachten, dass Prinzipien wie Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, territoriale Integrität und andere
völkerrechtliche Grundsätze zunehmend erodieren würden.

Gerade in dieser Lage dürfe man sich nicht zurückziehen,
appellierte Haubner. Er verwies auf die in der Charta der Vereinten
Nationen verankerten Prinzipien des Multilateralismus, die kein
bloßes Ideal seien, sondern seit nunmehr 80 Jahren eine Richtschnur
für die internationale Zusammenarbeit vorgeben würden. Gefordert
seien auch die Parlamente, die als Herzstück der Demokratien und
unmittelbare Vertreter der Bevölkerungen eine besondere Verantwortung
tragen würden. Sie müssten wachsam bleiben gegenüber Spaltung,
Ausgrenzung und populistischer Abschottung. Ihre Aufgabe sei es auch,
Vertrauen in nationale wie internationale Institutionen zu stärken
und somit die Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Österreich fühle sich dem Multilateralismus traditionell
besonders verpflichtet, betonte Haubner. Als einer von vier UN-
Amtssitzen weltweit sowie als Sitz der OSZE und weiterer
Organisationen verstehe sich Wien als Gastgeber des Dialogs und als
Partner bei der Suche nach friedlichen Lösungen. Diese Rolle sei
Ausdruck eines aktiven Bekenntnisses zu einer regelbasierten,
kooperativen Weltordnung. Mit der Bewerbung für einen nicht-ständigen
Sitz im UN-Sicherheitsrat 2027-2028 möchte Österreich auch dieser
Verantwortung nachkommen.

Wichtig sei es nun, den Multilateralismus im Hinblick auf
Wirksamkeit und Inklusivität weiterzuentwickeln und anzupassen,
betonte Haubner. Daher soll die Zusammenarbeit nicht nur zwischen
Staaten, sondern ebenso mit Zivilgesellschaft, Wissenschaft und
Privatsektor forciert werden. Nur so könnten innovative Antworten auf
komplexe Fragen gefunden werden, resümierte er.

IPU: Die Weltorganisation der Parlamente wurde vor 136 Jahren
gegründet

Die 1889 gegründete IPU versteht sich als Weltorganisation aller
nationalen Parlamente. Sie fördert die Zusammenarbeit und den
Erfahrungsaustausch unter Parlamentarier:innen aus 182 Staaten und
trägt Debatten über Fragen internationaler Bedeutung aus. Dazu werden
Resolutionen verabschiedet, die als politische Impulse dienen sollen.
Mit den Vereinten Nationen besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem
Ziel, Parlamente aktiv in die Erarbeitung und Erfüllung
internationaler Verpflichtungen einzubinden. Nachdem Österreich 2021
als Gastgeber der 5. IPU-Weltkonferenz fungierte, hat die IPU im
selben Jahr in Wien auch ein Verbindungsbüro zu den internationalen
Organisationen eröffnet.

Am Rande der dreitägigen Konferenz fanden zudem zahlreiche
bilaterale Treffen und Gespräche zwischen den beiden Präsidenten und
Amtskolleg:innen unterschiedlicher Länder sowie ein Austausch mit dem
UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, statt. (Schluss)
sue

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie im Webportal
des Parlaments .