Rechnungshofausschuss widmet sich Herausforderungen der militärischen Landesverteidigung

Wien (PK) – Der Rechnungshofausschuss des Nationalrats befasste sich
heute
ausführlich mit sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen.
Grundlage der Beratungen bildeten aktuelle Prüfberichte des
Rechnungshofs zur Cyber-Abwehr des Bundesheeres, zur
Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade sowie zu den
Vorsorgemaßnahmen für einen möglichen Blackout.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Rechnungshofpräsidentin
Margit Kraker standen den Abgeordneten Rede und Antwort und nahmen zu
den Empfehlungen des Rechnungshofs Stellung.

Bessere Abstimmung im Fall von Cyber-Angriffen auf den Staat
notwendig

Der Rechnungshof überprüfte 2022 im Verteidigungsministerium die
dortige Koordination der Cyber-Defence zur Abwehr von Cyber-
Angriffen. Die Stärkung der Cyber-Abwehrfähigkeiten sollte angesichts
der steigenden Fälle zügig vorangetrieben werden, empfiehlt der
Rechnungshof in seinem diesbezüglichen Bericht „Koordination der
Cyber-Defence“ ( III-21 d.B. ). Es müsse koordiniertes, strategisch
geleitetes und rasches Eingreifen sichergestellt werden. Zum
Prüfzeitpunkt hätten aber etwa Konzepte gefehlt, wann und mit welchen
Schritten eine Cyber-Krise in einen Cyber-Defence-Fall übergeleitet
wird. Die Leitlinie zur Cyber-Defence, die zum Prüfzeitpunkt in
Ausarbeitung gewesen ist, sollte daher mit konkreten Kriterien und
Szenarien zur Beurteilung eines Souveränitätsfalls ergänzt werden,
empfiehlt der Rechnungshof. Ebenfalls wird im Bericht bemängelt, dass
noch keine spezifischen Übungen zu einem Cyber-Defence-Fall aufgrund
einer Souveränitätsgefährdung durchgeführt wurden. Zudem beanstandete
das Prüforgan fehlende Personalressourcen, um auf Cyber-Angriffe
rasch reagieren zu können. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker
erläuterte im Ausschuss den Bericht und unterstrich die steigende
Bedeutung der Cyber-Abwehr und insbesondere der militärischen
Landesverteidigung im Cyber-Raum.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bedankte sich für die
Arbeit des Rechnungshofes. Die Empfehlungen würden laufend in ihrem
Ressort implementiert. Es sei Fakt, dass Cyber-Angriffe zunehmen
würden und dass eine Abwehr dementsprechend essentiell sei. Das
Bundesheer müsse dementsprechend für die unterschiedlichsten
Szenarien vorbereitet sein und seine Fähigkeiten in diesem Bereich
laufend weiter entwickeln, betonte sie gegenüber Alois Kainz (FPÖ)
und Michael Seemayer (SPÖ). Dazu sei auch eine gewisse
„Informationsüberlegenheit“ wichtig, die unter anderem mithilfe der
Arbeit der Nachrichtendienste erreicht werde, informierte die
Verteidigungsministerin die SPÖ-Abgeordnete Pia Maria Wieninger.

Bei der Cyber-Abwehr seien, wie beispielsweise im Rahmen der
Steuerungsgruppe Cyber-Abwehr, mehrere Ressorts involviert. Die
Abgrenzung der Kompetenzen sei dabei klar geregelt und die
Zusammenarbeit funktioniere gut, betonten die Verteidigungsministerin
als auch ein Experte des Ressorts gegenüber Michael Fürtbauer (FPÖ)
und Veit Valentin Dengler (NEOS). So gebe es wöchentliche Treffen der
IKDOK (Innerer Kreis der Operativen Koordinierungsstruktur) zum
Abgleich des Cyber-Lagebilds. Im Fall eines entsprechenden Angriffs
werde die Lage beurteilt und Handlungsoptionen für die Politik
vorgeschlagen, die in Folge auf dieser Basis entscheide. Dies
geschehe im Ernstfall in kürzester Zeit, betonten die Ministerin und
der Experte. Es sei versucht worden, Checklisten mit entsprechenden
Kriterien zu erstellen. Diese seien aber nicht für jeden Fall
festlegbar und keine europäische Armee habe dies geschafft,
erläuterte der Experte.

Die Rekrutierung von fachkundigem Personal sei schwierig und
herausfordernd, erläuterte Tanner gegenüber Manfred Hofinger (ÖVP)
und Veit Valentin Dengler (NEOS). Insgesamt seien „beste
Voraussetzungen“ geschaffen worden, um Personal zu gewinnen, ergänzte
ein Experte des Ressorts. So könnten Absolventen von HTLs ihren
Grundwehrdienst als „Cyber-Rekruten“ ableisten und viele würden
anschließend im Bundesheer weiter arbeiten. Zudem sei an der
Theresianischen Militärakademie ein eigener Lehrgang für Cyber-
Sicherheit geschaffen worden.

Das Verteidigungsministerium sei mit seiner Open-Source-Strategie
Vorreiter für digitale Souveränität, sagte der Experte zu Süleyman
Zorba (Grüne). Damit sei man beispielgebend im Bund sowie auch
international ein Vorbild.

Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft der 4.
Panzergrenadierbrigade

Der Rechnungshof überprüfte auf Verlangen von FPÖ-
Nationalratsabgeordneten die Aufgabenerfüllung und
Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade ( III-23 d.B. ). Im
Zeitraum 2018 bis Juli 2022 waren durchschnittlich bis zu 64 % der
Fahrzeuge nicht feldverwendbar, ist dem Prüfbericht zu entnehmen.
Hintergrund seien budgetäre Restriktionen sowie Probleme bei der
Ersatzteilbeschaffung gewesen. Zusätzlich sei an drei der geprüften
Standorte kaum ein Fahrzeug entsprechend den Standards untergebracht
gewesen, bemängelt das Prüforgan. Die Unterbringung in abbruchreifen
Garagen, unter Flugdächern oder im Freien hätten sich in Folge
nachteilig auf die Gerätesubstanz ausgewirkt. Nach Ansicht des
Rechnungshofes sollte für Neuanschaffungen ein Lebenszyklusmanagement
angewendet werden, damit daraus notwendige Folgeinvestitionen von
Beschaffungen abgeleitet werden können. Zudem ortete der Rechnungshof
einen Personalmangel. Hinsichtlich der zukünftigen Organisation und
Ausrüstung der 4. Panzergrenadierbrigade empfehlen die Prüferinnen
und Prüfer, die laufenden Arbeiten an Projekten zu den Fähigkeiten
des Bundesheeres abzuschließen. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker
erläuterte im Ausschuss die Erkenntnisse des Berichts und hob unter
anderem die Bedeutung einer strategischen Neubeurteilung sowie einer
Sicherstellung des Materialerhalts hervor.

Angesichts dieser Mängel müsse man sich gesamtgesellschaftlich
die Frage stellen, wie bisher mit dem Bundesheer umgegangen worden
sei, erklärte Verteidigungsministerin Tanner. Sie zeigte sich jedoch
erfreut, dass von den 32 Empfehlungen des Rechnungshofes bereits 11
vollständig und 15 teilweise umgesetzt worden seien. Die Umsetzung
der restlichen sechs sei zugesagt worden. Gegenüber Wolfgang Zanger,
Michael Fürtbauer, Alois Kainz (alle FPÖ), Johann Höfinger (ÖVP) und
Nina Tomaselli (Grüne) erklärte Tanner, dass praktisch alle noch
offenen Empfehlungen auf den Personalmangel zurückzuführen seien.
Gegen diesen werde in ihrem Ressort „mit Nachdruck“ angearbeitet, um
am „heiß umkämpften“ Arbeitsmarkt bestehen zu können. Es seien
bereits einige Maßnahmen gesetzt worden, um das Berufsbild des
Soldaten bzw. der Soldatin zu attraktivieren. So habe man etwa die
Anzahl der Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz von 2.000 im
Jahr 2020 auf aktuell 526 reduziert und darunter sei kein einziger
Grundwehrdiener mehr, wie Tanner auf Nachfrage von Kainz betonte.

Nach dem Zustand der Infrastruktur bei den Kasernen erkundigten
sich Paul Stich (SPÖ) und Nina Tomaselli (Grüne). Laut Tanner werde
derzeit an über 800 Baustellen auf militärischen Liegenschaften in
Österreich gearbeitet. Die Versäumnisse von Jahrzehnten hätten aber
in den sechs Jahren ihrer Amtszeit noch nicht kompensiert werden
können. Für die Feldverwendbarkeit der Fahrzeuge interessierten sich
Wolfgang Zanger (FPÖ), Johann Höfinger (ÖVP) und Veit Valentin
Dengler (NEOS). Ein Experte des Ressorts erklärte, dass man im Rahmen
des Lebenszyklusmanagements die Nutzungsdauerverlängerung bereits im
Dezember 2022 vertraglich fixiert habe. Danach würden rund 60 % bis
80 % einsatzbereit sein.

Vorbereitungsmaßnahmen für einen Blackout-Fall

Weiters befassten sich die Abgeordneten mit einem Bericht des
Rechnungshofs betreffend die Vorbereitung auf einen Blackout-Fall (
III-99 d.B. ). Der Rechnungshof prüfte von März bis Juli 2023 die
Vorbereitungshandlungen in der Stadtgemeinde Feldbach (Steiermark),
beim Bundesland Steiermark sowie beim Innen- und beim
Verteidigungsministerium im Zeitraum von 2018 bis 2023. Bemängelt
werden insbesondere eine fehlende gesamtstaatliche Koordination und
einheitliche Blackout-Definition sowie unklare Zuständigkeiten. Im
Ausschuss führte Rechnungshofpräsidentin Kraker zudem aus, dass es im
Zuge des Autarkieprojekts bei den Kasernen zu einem Kostenanstieg um
43 % gekommen und 2023 noch keine Liegenschaft vollständig autark
gewesen sei.

Zu den zentralen Empfehlungen des Prüforgans zählt die
regelmäßige Evaluierung und Abstimmung der Maßnahmen im Rahmen des
beim Innenministerium eingerichteten Koordinierungsausschusses des
Staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM). In diesem
Rahmen sei auch auf die Erarbeitung einer österreichweiten Blackout-
Strategie mit eindeutigen Zuständigkeiten hinzuwirken. Weiters
empfiehlt der Rechnungshof, die Erkenntnisse aus dem
Forschungsprojekt „Energiezelle F“ österreichweit zu berücksichtigen
und dafür Sorge zu tragen, dass die Funktion der
Krisenkommunikationssysteme zumindest für jene Zeitspanne
gewährleistet wird, die die Austrian Power Grid AG bis zur
Wiederherstellung der Stromversorgung erwartet. Zudem wird im
Prüfbericht angeregt, dass das Verteidigungsministerium bei der
Festlegung von Zeitplänen bei Bauvorhaben Erfahrungswerte und
verfügbare Personalressourcen berücksichtigt.

Im Bereich der Blackout-Vorsorge seien von 27 Empfehlungen noch
zwei in Umsetzung, antwortete Tanner Süleyman Zorba (Grüne). Auch
bezüglich der Autarkie der Kasernen, für die sich Harald Thau (FPÖ),
Harald Servus (ÖVP), Elke Hanel-Torsch (SPÖ) und Veit Valentin
Dengler (NEOS) interessierten, befinde man sich „im Zeitplan“ und
werde Ende 2025 sämtliche Vorgaben umgesetzt haben. Die Kosten hätten
sich laut einem Experten des Ressorts unter anderem deshalb erhöht,
da man bei den Kasernen neue Leitungsführungen hätte errichten
müssen. Dass bezüglich der Blackout-Vorsorge laut Harald Thau auch
1,6 Mio. Ꞓ in Öffentlichkeitsarbeit geflossen seien, erklärte Tanner
damit, dass man damit einen Beitrag zur umfassenden
Landesverteidigung geleistet habe. Um die Kompatibilität mit zivilen
Blackout-Vorbereitungsmaßnahmen zu gewährleisten, würden groß
angelegte gemeinsame Übungen abgehalten, wie Alois Kainz (FPÖ)
erfragte.

Weitere Rechnungshofberichte zur Kenntnis vertagt

Weitere Berichte wurden aus Gründen der Fristwahrung formal in
Verhandlung genommen und dann einstimmig vertagt. Dabei handelte es
sich um die Berichte betreffend Zentrum für angewandte Technologie
Leoben GmbH ( III-190 d.B. ), Gerichtsmedizinische Leistungen in der
Strafrechtspflege ( III-191 d.B. ), Medienförderungen durch die
KommAustria und die RTR ( III-192 d.B. ), RTR – Rundfunk und Telekom
Regulierungs-GmbH ( III-193 d.B. ), Digitalisierung von Kulturerbe im
Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans ( III-206 d.B. ), Kinder- und
Jugendpsychiatrie ( III-210 d.B. ), Kinder- und Jugendhilfe im
Burgenland und in der Steiermark ( III-211 d.B. ),
Bildungseinrichtungen der politischen Parteien ( III-212 d.B. ),
Österreichischer Aufbau- und Resilienzplan ( III-219 d.B. ),
Universitäts-Sportinstitut Wien ( III-222 d.B. ), Barrierefreies
Arbeiten und Studieren an Universitäten ( III-223 d.B. ),
Energieeffizienz von Gebäuden der BIG ( III-228 d.B. ),
Extremwetterschäden in Österreich ( III-236 d.B. ) und Agentur für
Europäische Integration ( III-237 d.B. ). (Fortsetzung
Rechnungshofausschuss) pst/wit