Wien (PK) – Öffentlich hat FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker
bereits
angekündigt, das Veto des Geschäftsordnungsausschusses gegen den „ÖVP
-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“ beim VfGH anzufechten. Das
wurde von Seiten der Freiheitlichen bei der heutigen Debatte im
Nationalrat über den Bericht des GO-Ausschusses zwar nicht bestätigt,
FPÖ-Abgeordneter Norbert Nemeth ließ aber keine Zweifel daran, dass
seine Partei die Blockade für rechtlich unzulässig hält. Der
Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses überzeuge weder in
politischer noch in rechtlicher Hinsicht, hielt er fest und wertete
manche Argumente der Koalition als „hanebüchen“. ÖVP und SPÖ sind
allerdings zuversichtlich, dass die Entscheidung des
Geschäftsordnungsausschusses halten wird.
Der Ausschuss hatte auf Initiative der Koalitionsparteien das
Verlangen der FPÖ als „zur Gänze unzulässig“ erklärt und das damit
begründet, dass der Untersuchungsgegenstand nicht den
verfassungsrechtlichen Vorgaben entspreche. Vor allem die Vermischung
des „Falles Pilnacek“ mit Corona-Maßnahmen ist nach Ansicht der
Koalitionsparteien problematisch. Sie orten aber auch noch andere
Unzulänglichkeiten wie unbestimmte Begriffe und einen überschießenden
Untersuchungsgegenstand.
Für eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs hat die FPÖ gemäß
der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse
nun zwei Wochen Zeit, gerechnet ab dem Beginn der heutigen Debatte im
Nationalrat. Dieser ist dann angehalten, „ohne unnötigen Aufschub,
tunlichst aber binnen vier Wochen“ eine Entscheidung zu treffen.
Fällt diese zugunsten der FPÖ aus, ist der Geschäftsordnungsausschuss
verpflichtet, alle notwendigen Beschlüsse für die Einsetzung des U-
Ausschusses zu fassen. Dazu gehören etwa der grundsätzliche
Beweisbeschluss und die Wahl einer Verfahrensrichterin bzw. eines
Verfahrensrichters. Anderenfalls muss die FPÖ ihr Verlangen in
verfassungskonformer Weise neu einbringen.
FPÖ hält Untersuchungsausschuss für ein „Muss“
Mit dem ÖVP-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss will die FPÖ
zum einen die Ermittlungen rund um den Tod des ehemaligen
Spitzenbeamten im Justizministerium Christian Pilnacek und zum
anderen den behördlichen Umgang mit Corona-Demonstrationen und
„regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern“ durchleuchten. Es gebe
sehr wohl einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Themen,
bekräftigte FPÖ-Abgeordneter Nemeth heute im Plenum. In beiden Fällen
gehe es um die Frage, ob eine unzulässige Einflussnahme durch die ÖVP
stattgefunden habe.
Auch dass das Verlangen nicht ausreichend begründet sei und keine
konkreten Untersuchungsziele formuliert seien, wies Nemeth zurück.
Wie bei jedem Untersuchungsausschuss sei es auch bei diesem das Ziel,
die politischen Verantwortlichkeit abzuklären, sagte er. Das
Verlangen sei außerdem nicht „uferlos“, sondern auf neun Seiten
„kompakt und präzise formuliert“ und umfasse einen klar abgegrenzten
Zeitraum. Ebenso geht seiner Meinung nach der Vorwurf, der
Untersuchungsgegenstand sei überschießend, ins Leere. Nemeth verwies
in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auf den „Rot-Blauen
Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss“, in dem es ähnliche
Formulierungen wie im jetzigen Verlangen gegeben habe.
Bekräftigt wurde die Notwendigkeit des U-Ausschusses auch von FPÖ
-Abgeordneter Elisabeth Heiß. Dieser sei ein „Muss“ und „kein Luxus“,
sagte sie. Die Bevölkerung wolle eine Antwort auf offene Fragen,
wobei Heiß in ihrer Rede vor allem auf die aus ihrer Sicht
bestehenden Ungereimtheiten rund um den Tod von Christian Pilnacek
einging.
Koalition pocht auf klar definierten Untersuchungsgegenstand
Andreas Hanger (ÖVP) betonte, parlamentarische Kontrolle sei
wichtig, aber auch bei Untersuchungsausschüssen müsse der geltende
Rechtsrahmen eingehalten werden. Und dieser besage, dass
Untersuchungsgegenstand nur „ein“ abgeschlossener Vorgang im Bereich
der Vollziehung des Bundes sein könne. Man müsse schon „eine
spektakuläre Brücke bauen“, wolle man einen Zusammenhang zwischen der
Causa Pilnacek und Corona-Maßnahmen herstellen, meinte er. Zudem
vermisst er einen klaren Untersuchungsauftrag, ein solcher sei für
Aktenanforderungen und Ladungen aber essenziell.
Sowohl Hanger als auch SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer
bedauerten, dass die FPÖ den Vorschlag nicht aufgegriffen habe, aus
dem U-Ausschuss-Verlangen zwei Untersuchungsausschüsse zu machen.
Dann hätte man schon heute grünes Licht für einen der beiden
Ausschüsse geben können, sagte Krainer. Krainer erinnerte außerdem
daran, dass die SPÖ – gemeinsam mit der FPÖ – auch die Zulässigkeit
des Rot-Blauen-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschusses bestritten
habe. Insofern erachtet er es nur als konsequent, nun auch den ÖVP-
Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss wegen des seiner Meinung nach
nicht nachvollziehbaren Themenmix zu bestreiten.
Seitens der NEOS bekräftigte Sophie Wotschke, dass es ihrer
Fraktion um Aufklärung gehe, und nicht darum, „Verschwörungstheorien
in den Raum zu hauen“ und dann zu schauen, was davon übrig bleibe.
Wäre man an einer echten Aufklärung interessiert, würde man die
beiden Untersuchungsgegenstände trennen, hielt sie in Richtung FPÖ
fest. Unabhängig davon gebe es aber auch rechtliche Bedenken, was die
von der FPÖ ins Treffen geführte inhaltliche Klammer betrifft. Durch
die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs werde man Klarheit
bekommen, betonte Wotschke.
Grüne: Aufklärung hat Vorrang
Die Grünen hatten im Geschäftsordnungsausschuss gegen das Veto
der Koalitionsparteien gestimmt. Nina Tomaselli begründete das im
Plenum damit, dass für die Grünen Aufklärung Vorrang habe. Das
Verlangen der FPÖ habe zwar einige „handwerkliche Mängel“ und der
Zusammenhang zwischen den beiden Beweisthemen sei „konstruiert“,
sagte sie, im Sinne einer Abwägung wollten sich die Grünen einem
Untersuchungsausschuss aber nicht in den Weg stellen. Schließlich
gebe es viele aufklärungswürdige Sachverhalte, was die Ermittlungen
rund um den Tod von Christian Pilnacek betrifft. Zudem merkte sie an,
dass das Recht der Opposition auf Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses verfassungsrechtlich einen hohen Stellenwert
habe, und es den Regierungsparteien nicht gelungen sei nachzuweisen,
dass eine eindeutige Rechtswidrigkeit vorliege. (Fortsetzung
Nationalrat) gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
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