Wien (OTS) – Österreichische Hilfsorganisationen – Ärzte ohne Grenzen
und Caritas
– warnen eindringlich: Die humanitäre Lage in Gaza steht kurz vor dem
Kipppunkt. Humanitäre Hilfe über Luftbrücken ist gefährlich und nicht
treffsicher. Dazu kommt, dass die eintreffenden Hilfstransporte laut
UN weniger als die Hälfte des Bedarfs decken. Fakt ist: Die Zahl der
Todesfälle durch Hunger und schwere Mangelernährung steigt täglich.
Ohne sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand und umfassende
humanitäre Hilfe über den Landweg droht aus dem Massenhunger ein
Massensterben zu werden. Die österreichische Bundesregierung muss
dringend alle politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen
Möglichkeiten nutzen, um das zu verhindern und dafür ihren Einfluss
bilateral sowie in der EU und in den Vereinten Nationen geltend
machen.
Im Gazastreifen kämpfen die Menschen täglich ums Überleben. Mit
jeder Stunde schwindet die Hoffnung auf Sicherheit, Versorgung und
Würde. Familien hungern, Kinder sterben an Mangelernährung, Verletzte
bleiben unbehandelt. Laut Gesundheitsministerium und UN steigt die
Zahl der Hungertoten und schwerst Mangelernährten stetig. Täglich
wächst die Zahl der Toten und Verletzten. Große Teile der Bevölkerung
wurden bereits mehrfach vertrieben. Über 2 Millionen Menschen sind
auf engstem Raum zusammengepfercht – 88 Prozent des Gebiets stehen
unter israelischer Kontrolle oder gelten als Evakuierungszone.
Fehlender Treibstoff erschwert die Wasseraufbereitung, wodurch
Infektionskrankheiten zunehmen.
Nur ein dauerhafter Waffenstillstand und großangelegte humanitäre
Hilfe für die gesamte Bevölkerung können noch verhindern, dass eine
Massenhungersnot ausbricht und die Zahl der Menschen, die an den
Folgen des Krieges sterben, sprunghaft ansteigt. Die Hilfsgüter, die
mit LKW in den Gazastreifen kommen, decken den Bedarf bei Weitem
nicht. Auch die via Luftbrücke gelieferte Hilfe kann eine humanitäre
Katastrophe nicht abwenden – aus der Luft abgeworfene Hilfsgüter auf
engem Raum bergen die Gefahr, dass Menschen durch sie verletzt
werden.
Ärzte ohne Grenzen und Caritas sind sich einig: Es ist keine Zeit
zu verlieren, es muss gehandelt werden – jetzt. Die dringend
benötigten Hilfsgüter stehen an den Grenzen bereit und könnten über
vorhandene Straßen ins Gebiet gebracht werden, wenn politische
Blockaden aufgehoben würden.
Zwtl.: Ärzte ohne Grenzen: Unerträgliche Situation beenden.
Die Mangelernährung in Gaza nimmt erschreckende Ausmaße an.
Untersuchungen in Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen in den
vergangenen Wochen ergaben, dass bereits 25 % der Kinder im Alter von
sechs Monaten bis fünf Jahren ebenso 25 % der schwangeren und
stillenden Frauen mangelernährt sind. In der Klinik von Ärzte ohne
Grenzen in Gaza-Stadt hat sich die Zahl der wegen Mangelernährung
behandelten Menschen seit dem 18. Mai vervierfacht. Der Anteil
schwerer Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren hat sich
allein in den letzten zwei Wochen verdreifacht. Frühgeburten steigen
aufgrund der Mangelernährung sprunghaft an. Mütter können nicht mehr
stillen und es gibt kaum Zugang zu Babymilch.
„Unsere Teams in Gaza sind verzweifelt. Es wird immer schwieriger
zu helfen – medizinische Einrichtungen sind nicht oder nur mehr
teilweise funktionsfähig, es fehlt an Medikamenten und medizinischem
Material und wir können unsere Patient:innen nur mehr unzureichend
mit Essen versorgen. Auch unsere Kolleg:innen haben selbst viel zu
wenig zu essen und sind kaum noch in der Lage, unsere Patient:innen
zu versorgen. Die Situation in Gaza ist unerträglich geworden. Die
Politik muss alle Hebel in Bewegung setzen, das zu beenden. Wir haben
keine Zeit mehr zu verlieren und müssen jetzt handeln – sonst wird
aus dem Massenhunger ein Massensterben“ , sagt Laura Leyser,
Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich.
Zwtl.: Caritas: Warten bedeutet Sterben.
Angesichts der andauernden Angriffe und den weiterhin
eingeschränkten Hilfslieferungen verschärft sich die humanitäre Krise
in Gaza täglich. Partner:innen von Caritas Jerusalem mussten ihre
Klinik in Deir Al-Balah evakuieren, die im letzten Jahr ein zentraler
Versorgungspunkt für den Süden Gazas war. Mit der Schließung haben
tausende Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung verloren –
während der Bedarf steigt. Zudem befinden sich zwei Hauptlager und
elf Verteilstellen der amerikanischen Caritas in Evakuierungszonen –
dennoch versuchen die Teams, weiterhin über verbliebene Büros,
Gästehäuser und Verteilungspunkte Hilfe zu leisten. Mitarbeitende vor
Ort berichten, dass sich die Notaufnahmen mit Menschen füllen, die
vor körperlicher Erschöpfung zusammenbrechen. Hunderte von Kindern
und Erwachsenen haben die Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit
überschritten und sind in akuter Lebensgefahr.
„Gaza steht am Rand des völligen Zusammenbruchs. Die Menschen
brauchen jetzt Zugang zu Nahrung, Wasser, medizinischer Hilfe – nicht
morgen, nicht irgendwann, sondern sofort. Die österreichische
Bundesregierung muss sich öffentlich und unmissverständlich für einen
sofortigen Waffenstillstand und ungehinderten humanitären Zugang
einsetzen. Dazu zählt auch der Zugang zu Treibstoff, der für
Klinikbetrieb, Wasseraufbereitung und Transporte unerlässlich ist.
Und: Auch die noch immer in Geiselhaft befindlichen Menschen müssen
endlich freigelassen werden. Jeder Tag des Zögerns kostet Leben – auf
allen Seiten. Österreichs Stimme zählt – in der EU ebenso wie im
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen“ , sagt Alexander Bodmann,
Vizepräsident der Caritas Österreich.
Weitere Infos unter:
Ärzte ohne Grenzen Österreich (Gazastreifen)
Caritas Österreich (Nahost-Konflikt)