Wien (OTS) – Neustart für den Strommarkt
Größte Strommarktreform seit 20 Jahren geht in Begutachtung
„Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz wollen wir
günstigere Preise, stabilere Netze und die Energiewende
beschleunigen. Das soll Entlastung für Haushalte und Betriebe bringen
sowie Versorgungssicherheit herstellen, das ist die größte
Strommarktreform seit 20 Jahren. Wir brauchen einen neuen
Pragmatismus in der Energiepolitik, damit wir die Energiewende von
der Ankündigung in die Umsetzung bringen. Ein verlässliches
Stromsystem ist die Grundlage für Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit
und soziale Sicherheit. Der Strommarkt steht unter Druck – mit
Netzüberlastung, steigenden Kosten und fehlendem Zugang. Wir bringen
jetzt ein modernes Gesetz auf den Weg, das Bürokratie abbaut,
Investitionen erleichtert und unser Energiesystem zukunftsfit macht“,
so Wirtschafts- und Energieminister Wolfgang Hattmannsdorfer .
Und Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner weiter: „Mit dem
neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz schreiben wir das Kapitel
Stromversorgung neu – fairer, digitaler und bürgernäher. Dieses
Gesetz ist weit mehr als eine technische Novelle: Es ist das
Fundament für ein Stromsystem des 21. Jahrhunderts. Wir machen Strom
einfacher nutzbar – für alle. Wer Strom erzeugt, soll ihn auch teilen
können. Wer Strom braucht, soll ihn sich leisten können. Und wer
investieren will, soll Planungssicherheit haben. Das ElWG bringt mehr
Freiheit, mehr Gerechtigkeit und mehr Zukunft in unser
Energiesystem.“
„Mit dem neuen ElWG gestalten wir die Energiewende sozial. Die
Preisexplosionen der Vergangenheit haben sich negativ auf Inflation
und Wachstum ausgewirkt. Ihnen wird mit einem Krisenmechanismus ein
Riegel vorgeschoben. Wir sorgen für günstige Energiepreise, indem wir
den öffentlichen Energieversorgen das Gemeinwohl in die Satzung
schreiben. Ein neuer Sozialtarif u.a. für Mindestpensionist/innen
schützt eine Viertelmillion Haushalte vor Energiearmut. Gleichzeitig
wird die Belastung der steigenden Netzkosten in Zukunft auch von der
Erzeugerseite geschultert und der Neubau von Speicherkraftwerken
erleichtert“, erklärt Staatssekretärin Michaela Schmidt .
„Der Energiemarkt hat bis jetzt unter mangelndem Wettbewerb
gelitten. Und klar ist: Wo Wettbewerb fehlt, steigen die Preise – und
die Innovation bleibt auf der Strecke. Deshalb setzen wir mit dem
Elektrizitätswirtschaftsgesetze erste Schritte, um den Wettbewerb zu
stärken. Mehr Wettbewerb ist der Schlüssel zu fairen Preisen,
besserem Service und echten Fortschritten für die Energiewende. Diese
Reform stellt sicher, dass das System agiler, digitaler und
zukunftsfit wird. Davon profitieren sowohl die heimischen Unternehmen
als auch die privaten Haushalte,“ Karin Doppelbauer, NEOS-
Energiesprecherin .
Das ElWG geht in Begutachtung
Mit dem heutigen Tag startet die vierwöchige Begutachtungsfrist
für das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Das Gesetz ist
ein zentrales Reformvorhaben und soll klare Schwerpunkte setzen: Es
soll langfristig für fairere Preise und mehr Gerechtigkeit bei den
Stromkosten sorgen, die Stabilität der Netze durch neue, intelligente
Regeln für Einspeisung und Verbrauch stärken und soll Tempo in die
Energiewende bringen, indem der Ausbau erneuerbarer Energien
erleichtert und Planungssicherheit geschaffen wird. Geplant unter
anderem ein „Unternehmerpaket“ und die „Niedrig-Preis-Garantie“.
1. Stromkosten senken
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Neu: Strompreis-Runter-Garantie
Zukünftig gilt: zahlt das Energieversorgungsunternehmen weniger, soll
auch der Kunde davon profitieren. Dafür sorgt das EIWG mit einer
Niedrig-Preis-Garantie. Darüber hinaus bekommt die E-Control die
Möglichkeit die Preisüberwachung effektiver durchzuführen, um
Marktmanipulationen zulasten der Kunden zu verhindern.
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Neu: Flexible Netzentgelte
Kundinnen und Kunden können künftig Geld sparen, wenn sie Strom zu
günstigen Zeiten verbrauchen – möglich durch zeit- und lastvariable
Netzentgelte sowie dynamische Stromverträge. Diese Neuerung schafft
erstmals einen echten finanziellen Anreiz, sich flexibel zu
verhalten.
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Neu: Dynamischer Energiepreis
Dank zeit- oder lastvariabler Netzentgelte können Stromkundinnen und
Stromkunden künftig Kosten sparen, wenn sie ihren Verbrauch an
günstigere Zeiten anpassen. Möglich wird das etwa durch dynamische
Stromverträge – ideal z. B. für Wärmepumpen oder E-Autos.
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Neu: Sozialtarif
Es wird ein bundeseinheitlicher Sozialtarif eingeführt (6 Cent/kWh
bis 2.900 kWh), der gezielt Haushalte mit niedrigem Einkommen
entlastet.
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Neu: Einfachere Rechnungen & Hebung der Tarifwechselrate
Die Mindestanforderungen für Rechnungen beziehen sich in Zukunft
nurmehr auf die wesentlichen Bestandteile (z.B. Rechnungsbetrag,
Datum der Fälligkeit und etwaige Änderungen von Produkt oder Preis).
Um höhere Wechselraten zu erzielen, wird zur Stärkung des Wettbewerbs
zukünftig in der Rechnung auf den Tarifkalkulator verwiesen. Außerdem
müssen Lieferanten die mehr als 25.000 Zählpunkte (bzw. „Haushalte“)
beliefern, dynamischen Energiepreise anbieten. Dadurch können
Endkundinnen und Endkunden selbst von täglichen Preisschwankungen der
Großhandelsmärkte (z.B. Nutzung des niedrigen Preises zu Mittag, wenn
PV viel Strom produziert) direkt profitieren.
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Neu: Streckung der Abschreibungsdauern
Kosten für Nettoinvestitionen können zukünftig auch auf die
tatsächliche Nutzungsdauer angepasst werden. Das dämpft die
Netzkosten, die an Nutzer weitergegeben werden.
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Neu: Peer-to-Peer-Stromweitergabe gesetzlich verankert
Haushalte dürfen künftig ihren produzierten Strom direkt an Familie,
Freundinnen und Freunde oder Nachbarinnen und Nachbarn weitergeben –
sogar kostenlos. Das spart Netzkosten, stärkt die Eigenversorgung und
bringt eine rechtliche Grundlage für privaten Stromhandel.
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Neu: Öffentliches Interesse für öffentliche Energieversorger
Das öffentliche Interesse an günstiger Energie wird in die Satzung
der Energieversorger geschrieben, die sich im Eigentum der
öffentlichen Hand befinden. Das gibt den Unternehmen nach dem Vorbild
Tirol mehr Spielraum, die Preisfestsetzung im Sinne der
Konsument/innen zu gestalten.
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Neu: Gerechte Aufteilung der Netzkosten
Ein aktuelles Problem für viele Haushalte sind die steigenden
Netzkosten. Künftig werden auch die Erzeuger von Strom, einen Teil
der Netzgebühren übernehmen müssen und damit einen Teil der Last der
Haushalte übernehmen. Das entlastet Menschen und Betriebe und sorgt
für mehr Fairness.
2. Versorgung sichern
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Neu: Systemdienliches Verhalten wird finanziell belohnt
Wer Strom flexibel verbraucht oder Speicher gezielt einsetzt,
entlastet das Netz – und zahlt künftig weniger Netzentgelte. Das ElWG
schafft dafür erstmals eine klare Anreizstruktur.
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Neu: Spitzenkappung
Stromspitzen – etwa aus PV-Anlagen – werden technisch begrenzt, um
Netzüberlastungen zu vermeiden. Neu ist die breitwirksame Vorgabe von
vorübergehend max. 60 % Einspeisung bei PV im Fall von drohender
Netzüberlastung. Das sorgt für mehr Netzstabilität und höhere
Effizienz.
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Neu: Digitalisierungsschub: Neue Messsysteme und Transparenz
Das ElWG schafft die Grundlage für virtuelle Abrechnungspunkte, etwa
beim bidirektionalen Laden von E-Autos oder beim Einsatz smarter
Heimspeicher. Damit wird modernes Energiemanagement erstmals
flächendeckend möglich.
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Neu: Flexibler Netzzugang statt langem Warten
Neue Erzeugungsanlagen können schrittweise ans Netz – statt auf einen
Vollanschluss zu warten, kann man mit Teilkapazität starten und
sukzessive ausbauen.
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Neu: Planbare Netzanschlüsse & Netzentwicklungspläne
Anlagenbau wird einfacher: Netzbetreiber müssen klar darlegen, wann
und wie ein Anschluss möglich ist – mit verbindlicher Planung.
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Neu: Direktverträge
Industrieunternehmen können Strom langfristig direkt von erneuerbaren
Anlagen beziehen – rechtlich klar abgesichert über PPA und
Direktleitungen.
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Neu: Mechanismen für die Versorgungssicherheit bis 2030
verlängert
Damit die Lichter nicht ausgehen, wenn PV und Wind keinen Strom
produzieren wird der Versorgungssicherheitsmechanismus bis 2030
verlängert.
3. Energiewende beschleunigen
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Neu: Netzanschlüsse werden verbindlich planbar
Netzbetreiber sind künftig verpflichtet, konkret und nachvollziehbar
offenzulegen, wann und wie ein Anschluss möglich ist. Das schafft
Rechtssicherheit für Anlagenbauer und beschleunigt Investitionen
durch verbindliche Netzentwicklungspläne.
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Neu: Teilanschlüsse ermöglichen schnelleren Netzstart
Neue Erzeugungsanlagen dürfen schrittweise ans Netz – statt auf einen
Vollanschluss zu warten, können sie mit Teilkapazitäten starten und
sukzessive ausbauen. Das reduziert Verzögerungen und macht den Ausbau
erneuerbarer Energie flexibler.
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Weniger Hürden für neue Marktteilnehmer
Energiegemeinschaften, Prosumer-Modelle und innovative
Geschäftsmodelle werden rechtlich und technisch besser eingebunden.
Das ElWG schafft erstmals die Voraussetzungen, um Hybridanlagen,
Speicher und neue Marktrollen einfach und effizient ins System zu
integrieren.
Österreich bei Umsetzung der EU – Strombinnenmarktrichtlinie
säumig
Die EU-Richtlinie hätte bis 2021 in nationales Recht umgesetzt werden
müssen – eine Einigung auf einen Gesetzesbeschluss konnte zuletzt
nicht hergestellt werden. Seit der Übernahme der Zuständigkeit durch
das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus am 1.
April 2025 arbeitet die Bundesregierung gemeinsam mit Hochdruck am
neuen Begutachtungsentwurf. Durch den nunmehrigen Start der 4-
wöchigen Begutachtung und intensive Gespräche mit der EU-Kommission
konnte eine drohende Strafzahlung für Österreich vorerst abgewendet
werden.