Nationalrat: Grüne fordern Zuverdienstmöglichkeiten für arbeitslose Kulturschaffende

Wien (PK) – Mit einem Entschließungsantrag haben sich die Grünen
bereits im Mai
dafür eingesetzt, dass arbeitslose Kulturtätige weiterhin einer
geringfügigen Beschäftigung nachgehen können, ohne das
Arbeitslosengeld zu verlieren. In der heutigen Nationalratssitzung
pochten sie erneut auf ihre Forderung. Sie wollten dem
Kulturausschuss, der den Antrag im Juni vertagt hatte, eine Frist bis
11. Dezember 2025 setzen. Das Zuverdienstverbot sei ein „unsozialer
Pfusch“ und müsse schnellstens geändert werden, sagte Markus Koza (
Grüne). Der Fristsetzungsantrag blieb nach einer Kurzen Debatte aber
in der Minderheit.

Grüne: Regierung hat sozialen Kompass verloren

Begleitend zum Doppelbudget 2025/26 hat der Nationalrat vor dem
Sommer deutliche Einschränkungen bei der Zuverdienstmöglichkeit für
Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe
beschlossen. Ab 2026 dürfen Betroffene nur noch in Ausnahmefällen zu
den Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung dazuverdienen. Die
Grünen wollen mit ihrem Antrag eine solche Ausnahme für
Kulturschaffende erwirken. Beschäftigungsverhältnisse, die in
Verbindung mit künstlerischer Tätigkeit stehen und nicht länger als
fünf Tage dauern oder eine geringfügige Lehrtätigkeit betreffen,
sollen demnach vom Verbot der geringfügigen Erwerbstätigkeit in den
ersten 100 Tagen des Bezugs von Arbeitslosengeld ausgenommen werden.

Markus Koza (Grüne) führte an, dass in der Kulturbranche
projektbezogene Stellen sehr häufig seien. Dazwischen sei es kaum
vermeidbar, sich beim AMS anzumelden. Das Zuverdienstverbot würde
dazu führen, dass kurze Dienstverhältnisse gar nicht mehr angenommen
werden können und Betroffene länger arbeitslos bleiben. Die Regierung
solle es daher dringend überdenken oder zumindest Ausnahmen schaffen,
forderte er. Diese brauche es auch für Personen in der Wissenschaft
und Lehre, für Alleinerzieherinnen und für Menschen in einem
Entschuldungsverfahren. Das Zuverdienstverbot sei praxisfremd, nehme
keine Rücksicht auf spezifische Berufsgruppen und dort typische
Erwerbsverläufe, verursache unnötige soziale Härten und werde auch
kaum die erhofften Einsparungen bringen, zeigte Koza sich überzeugt.

Wie Koza warf auch Leonore Gewessler (Grüne) der Regierung vor,
ihren sozialen Kompass verloren zu haben. Die Regierung gefährde die
Existenz und Zukunft der Menschen in der Kultur- und
Wissenschaftsbranche, lautete ihr Vorwurf. Der Antrag der Grünen
biete die Möglichkeit, heute bereits einen Teil des Fehlers zu
korrigieren. In der morgigen Nationalratssitzung werde im Sozialblock
über einen weitergehenden Antrag diskutiert.

Koalition verweist auf Arbeit an Lösung

Auf die morgige Debatte verwies auch Michael Hammer (ÖVP). Dort
gebe es die Gelegenheit, über das gesamte Thema zu diskutieren. Er
führte an, dass die ÖVP grundsätzlich für eine soziale Absicherung
sei, diese müsse aber missbrauchssicher und treffsicher sein. Es sei
nicht intendiert, dass Personen, die Arbeitslosengeld beziehen,
unbeschränkt dazuverdienen dürfen. Denn sonst fehle der Anreiz, eine
Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen. Es könne nicht sein, dass das
Arbeitslosengeld für Kulturschaffende, die dauerhaft nur geringfügig
oder projektbezogen beschäftigt sind, die dauerhafte Absicherung sei,
so Hammer. Es brauche aber arbeits- und sozialrechtliche
Absicherungen, an denen gearbeitet werde. Den Antrag der Grünen fand
Hammer überschießend.

Katrin Auer (SPÖ) hingegen bezeichnete den Antrag als
„sympathisch“, weil er von den Lebensrealitäten der Betroffenen
ausgehe. Das Erwerbsleben von Personen in Kunst und Kultur
unterscheide sich von klassischen Erwerbsbiografien. Atypische
Beschäftigungen, also Anstellungen, die nicht unbefristet und nicht
Vollzeit sind, seien die Norm. Daran seien aber nicht die
Kulturschaffenden Schuld. Vielmehr sei die Branche so strukturiert.
Auer versicherte, dass das Sozialministerium und das Kunst- und
Kulturressort seit Monaten im Hintergrund intensiv an möglichen
Lösungen arbeiten. Bisher sei aber keine gefunden worden. Das
Verständnis für die Thematik und ihre Dringlichkeit bestehe, betonte
die Abgeordnete.

Auch Gertraud Auinger-Oberzaucher (NEOS) wies auf die besonderen
Bedingungen hin, unter denen Kunst und Kultur in Österreich
entstehen. Die Regierung habe die Verantwortung, diese
Erwerbsrealitäten ernst zu nehmen und zu berücksichtigen. Sie müsse
aber auch die Budgetrealität berücksichtigen. Die zentrale Frage
müsse sein, wie langfristig gute Rahmenbedingungen für künstlerisches
Arbeiten geschaffen werden können. Denn Ausnahmeregelungen seien
keine gute Basis für die Zukunft, so Auinger-Oberzaucher.

FPÖ gegen Ausnahmen nur für Kulturschaffende

Von der FPÖ verwies Dagmar Belakowitsch (FPÖ) auf einen
gesamtändernden Abänderungsantrag, den die Grünen im Sozialausschuss
eingebracht haben, mit dem sie die Ausnahmen vom Zuverdienstverbot
beim Arbeitslosengeld ausweiten wollten. Dem hätten auch die
Freiheitlichen zugestimmt. Im vorliegenden Fristsetzungsantrag seien
aber nur Kunstschaffende enthalten, kritisierte Belakowitsch. Sie
wolle nicht eine kleine Personengruppe herauspicken und sei daher
nicht bereit, dem Antrag zuzustimmen. Die morgige Debatte werde die
Gelegenheit für eine ausführlichere Diskussion bieten. Die
Ausnahmeregelungen großzügiger zu betrachten, hielt Belakowitsch für
sinnvoll. Leider sei nicht davon auszugehen, dass die Regierung sich
in der Frage bewege, meinte sie. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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