Nationalrat: Grüne fordern grundlegende Wende im Waffenrecht

Wien (PK) – Der Amoklauf an einer Schule in Graz im Juni
2025 sei
„trotz der Unfassbarkeit dieser schrecklichen Tat“ kein Einzelfall,
argumentieren die Grünen in einem Dringlichen Antrag, mit dem sie
heute das Thema Waffengesetz auf die Agenda des Nationalrats setzten.
Immer wieder sei von Angriffen mit Schusswaffen zu lesen. Deren
Einsatz in Konflikten steigere das Risiko eines tödlichen Ausgangs
erheblich, verweisen die Antragsteller:innen auf Studien insbesondere
zu Femiziden. Noch dazu sei die Zahl der mit legalen Schusswaffen
verübten und versuchten Morde in den letzten Jahren drastisch
angestiegen: Sei 2010 bis 2016 nur rund jede vierte dieser Taten mit
legal besessenen Schusswaffen verübt worden, sei dieser Anteil
zwischen 2017 und 2020 bereits bei 46,6 % gelegen. Im Zusammenspiel
mit dem allgemein zu beobachtenden Kaufanstieg von

Schusswaffen in Österreich auf rund 1,5 Mio.
registrierungspflichtige Waffen (+ 70 % in den letzten zehn Jahren)
ergebe sich laut Grüne ein „dramatisches Bild“.

Vor diesem Hintergrund sprechen sich die Grünen für eine „Umkehr
des Prinzips des Waffenbesitzes“ aus. Habe bisher ein Waffenverbot
als Ausnahme gegolten, solle zukünftig der Waffenbesitz die Ausnahme
bilden. Ziel sei eine Gesellschaft, die auf eine „Freiheit von
Waffen“ hinarbeite. Konkret fordern die Antragsteller:innen, dass es
nur in gesetzlich definierten Fällen erlaubt werden soll, eine Waffe
zu erwerben – etwa für Jäger:innen oder Sportschütz:innen. Die
psychologischen Verlässlichkeitsprüfungen seien zu verbessern, auf
Kategorie C-Waffen (z.B. Flinten) und lnhaber:innen von Jagdkarten
auszudehnen sowie alle fünf Jahre zu wiederholen. Zudem sollen laut
Antrag zur Verbesserung des Gewaltschutzes Maßnahmen zur anonymen
Rückgabe von Schusswaffen geschaffen und bestehende Lücken beim
Datenaustausch zwischen Behörden geschlossen werden.

Gewessler kritisiert Vorschläge der Bundesregierung als
„kosmetisch“

Im Plenum zählte die grüne Klubobfrau und Antragstellerin Leonore
Gewessler einige Schlagzeilen zu Fällen von Waffengewalt auf und
konstatierte, dass man ob ihrer großen Anzahl bereits „abstumpfe“. Es
sei „schmerzlich und traurig“, dass über ein restriktiveres
Waffenrecht immer erst dann diskutiert werde, wenn einer dieser
Vorfälle „nicht glimpflich ausgeht“. Der besonders grausame Amoklauf
in Graz habe nun dazu geführt, dass sich die gesamte Bundesregierung
zu einer Verschärfung des „viel zu laschen Waffengesetzes“ bekannt
habe, was Gewessler als positiv bewertete. Weniger positiv beurteilte
sie, welche Vorschläge schließlich von der Bunderegierung vorgelegt
worden seien. Dabei handle es sich großteils um „kosmetische
Korrekturen“. So solle etwa zwar das Alterslimit für den Waffenerwerb
erhöht werden, jedoch nicht bei Kategorie-C Waffen, die etwa die
Hälfte des Waffenbestandes ausmachten.

Gewessler sei klar, dass keine Maßnahme garantieren könne, dass
Taten wie jene in Graz immer verhindert werden könnten. Trotzdem
dürfe man nicht „die Augen davor verschließen“, wenn Lücken im
Waffengesetz solche erleichtern würden. Es sei nicht deutlich
schwerer ein Gewehr zu kaufen, „als eine Flasche Schnaps“ – auf
ersteres müsse nur „lächerliche drei Tage“ gewartet werden. Gewessler
warf der Bunderegierung vor, im Vergleich zur Umsetzung der Messenger
-Überwachung bei der Verschärfung des Waffenrechts „zaghaft“ zu
agieren. Es brauche jedoch ambitioniertere Vorstöße und die „verquere
Logik“ des Waffenrechts müsse wieder „vom Kopf auf die Beine
gestellt“ werden. Der Waffenbesitz solle laut Gewessler nicht mehr
der Normalzustand, sondern zur „absoluten Ausnahme“ werden, die gut
zu begründen sei. So könne abseits von Jäger:innen oder
Sportschütz:innen rund die Hälfte des privaten Waffenbestandes „ins
Visier genommen“ werden. Gewessler ging auch auf die weiteren
Forderungen im Antrag ein und plädierte an die Bundesregierung, ihre
Ankündigung, das Waffenrecht zu verschärfen, auch ernst zu nehmen.

Karner zu Novelle des Waffengesetzes: Was angekündigt wurde, wird
auch umgesetzt

Innenminister Karner zeigte Verständnis für den Dringlichen
Antrag der Grünen und die „Ungeduld“ vieler, was die Verschärfung des
Waffenrechts angehe. Auch für die Bundesregierung sei in Folge des
Amoklaufs in Graz schnell klar gewesen, dass „nach diesem Wahnsinn
nicht zur Tagesordnung übergegangen“ werden könne. Dies habe sie in
der Regierungserklärung kurz danach auch geäußert und zwei Tage
später seien bereits im Rahmen eines Ministerratsvortrags konkrete
Maßnahmen festgelegt worden, berichtete Karner. Diese zielten auf
strengere Voraussetzungen für den Waffenerwerb, präzisere Kontrollen
und eine intensivere Zusammenarbeit der Behörden. Konkret solle etwa
die psychologische Zuverlässigkeitsprüfung durch ein mehrstufiges
Anamnesegespräch „deutlich verschärft“, ein höheres Mindestalter für
den privaten Waffenkauf eingeführt, neu ausgestellte
Waffenbesitzkarten befristet und die Waffenkategorisierungen
evaluiert werden.

Schließlich habe die Koalition am gestrigen Sitzungstag bereits
einen Initiativantrag mit konkreten Umsetzungsschritten eingebracht,
berichtete Karner. Demnach soll die sogenannte Abkühlungsphase beim
Waffenkauf von drei Tagen auf vier Wochen verlängert und der
Datenaustausch zwischen der Stellungskommission und der zuständigen
Waffenbehörde verbessert werden. Was angekündigt wurde, werde also
auch umgesetzt, so Karner. Eine umfassende Novelle des Waffengesetzes
sei jedoch in der kurzen Zeit seit dem Amoklauf „auch mit den besten
Juristen der Welt“ nicht möglich – dies sollten auch die Grünen in
ihrer Zeit der Regierungsverantwortung gelernt haben. Den Vergleich
Gewesslers zwischen einer Verschärfung des Waffenrechts und der
Messenger-Überwachung bezeichnete Karner als „abenteuerlich“, da über
letztere sechs Jahre diskutiert worden sei. So lange werde die Reform
des Waffengesetzes „keinesfalls“ brauchen. Die Bundesregierung werde
bei allem Verständnis für die Ungeduld auch in dieser Frage
„ordentlich, nachhaltig und mit der notwendigen Konsequenz“ vorgehen,
erklärte der Innenminister. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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