Nationalrat: Freiheitliche kritisieren Einweg-„Pfandmonster“ als teuer, ineffizient und intransparent

Wien (PK) – In der heutigen Nationalratssitzung stand auch eine
schriftliche
Anfragebeantwortung von Umweltminister Norbert Totschnig an die
Freiheitlichen zum neuen Einwegpfandsystem zur Diskussion. Auf
Verlangen der FPÖ diskutierten die Abgeordneten die Vor- und
Nachteile des seit Jahresbeginn bestehenden neuen Sammelsystems für
Einwegflaschen und -dosen in einer Kurzdebatte. Während die
Freiheitlichen das System als Belastung für Bürger:innen und Betriebe
sahen, verteidigten ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne die positiven
Auswirkungen auf die Sammel- und Recyclingquote sowie die Natur.
Zudem erinnerten die Abgeordneten die Freiheitlichen daran, dass
damit eine einstige FPÖ-Forderung umgesetzt worden sei. Innenminister
Gerhard Karner berichtete in Vertretung des Umweltministers über die
gute Annahme des Systems durch die Bevölkerung.

FPÖ: „Pfandmonster“ abschaffen

Für die Freiheitlichen stellt die Einführung dieses Systems einen
„erheblichen Eingriff“ in das Konsumverhalten der Bevölkerung dar und
erzeugt gleichzeitig „enorme“ wirtschaftliche Ströme, ist der Anfrage
von Thomas Spalt (FPÖ) zu entnehmen. Dieser forderte mit der Anfrage
daher vollständige Transparenz über alle Prozesse, Beteiligungen,
finanziellen Flüsse und Förderstrukturen. Die Öffentlichkeit habe ein
berechtigtes Interesse, zu erfahren, wer von diesem System
profitiert, wer Zugang zu den Wertstoffen erhält, wie über
Fördermittel entschieden wurde und wie sich die Kosten für die
Steuerzahler:innen darstellen.

Das Einwegpfandsystem sei nicht nur teuer, ineffizient und
intransparent, es sei auch fehlerhaft und eine Belastung für die
Bevölkerung, erklärte Thomas Spalt (FPÖ) im Nationalratsplenum. Er
kenne niemanden, der dieses „Pfandmonster“ gut finde. So seien im
ersten Quartal zwar 255 Mio. Gebinde im Umlauf gebracht, aber nur
lediglich 36 Mio. davon seien zurück gegeben worden. Das System
gehöre daher abgeschafft und nicht reformiert, forderte er. Das
Pfandsystem sei als zentralistisches und bürokratisches Zwangssystem
gegen Widerstand eingeführt worden, statt regionale funktionierende
Systeme zu stärken, kritisierte Spalt. In der Anfragebeantwortung
habe er von Minister Totschnig lediglich ausweichende Antworten und
keine konkreten Zahlen erhalten, kritisierte Spalt mangelnde
Transparenz. So gebe es für das Pfandsystem auch keine externe
Prüfung, es wäre aber für ein solch „intransparentes und
wirtschaftlich hoch relevantes“ System eine parlamentarische
Kontrolle und eine Rechnungshofprüfung angebracht, forderte Spalt.
Ebenso gebe es keine Transparenz über die Verwendung des
Pfandschlupfs.

Der hohe Pfandschlupf sei „keine schlechte“ Förderung für die
Firmen, kritisierte auch Michael Fürtbauer (FPÖ). Wenn es der Sinn
des Systems sei, den Österreicher:innen das Geld „aus den Taschen zu
ziehen“ und ihre Nerven zu strapazieren, dann sei das gelungen. Zudem
bemängelte der Abgeordnete den Mehraufwand für Kleinbetriebe wie
Imbissstände.

Bundesminister Karner: System gut für Umwelt und Natur

Das Einwegpfandsystem sei gut für die Umwelt und die Natur,
erklärte Innenminister Gerhard Karner in Vertretung von
Umweltminister Norbert Totschnig. Die Konsument:innen würden das neue
Einwegpfandsystem gut annehmen und die Einführung unterstützen. So
seien seit Anfang des Jahres bereits über 200 Mio. an
Kunststoffflaschen und Dosen zurück gegeben worden. Dies sei ein
wichtiger Beitrag für das Recycling, habe aber auch positive
Auswirkungen auf Umwelt und Natur. So seien laut Berichten bei
Flursäuberungsaktionen bereits weniger Dosen und Flaschen in der
Natur gefunden worden. Die Anfrage der Freiheitlichen sei von
Bundesminister Totschnig sorgfältig, genau und detailliert
beantwortet worden, betonte Karner.

ÖVP: System hat sich etabliert und ist wichtig zum Erreichen der
Sammelziele

Das Einwegpfandsystem habe sich etabliert und nur wenige würden
sich damit nicht auskennen, erklärte Carina Reiter (ÖVP). So habe es
seit der Einführung 201 Mio. Einwegrückgaben gegeben – dies seien 22
Flaschen bzw. Dosen pro Person. Die Rückgabequote sei weiter „stark“
steigend. Es brauche das System, um die Sammelziele zu erreichen,
betonte Reiter. Ebenso seien bei anderen Verpackungen höhere
Sammelquoten notwendig. Es gebe in 17 europäischen Ländern derartige
Systeme und in keinem würden diese staatlich betrieben, merkte sie in
Richtung der FPÖ an. Ebenso erinnerte Reiter die Freiheitlichen an
deren einstige Forderung nach einem Einwegpfandsystem.

SPÖ: Einwegpfandsystem erster Schritt in die richtige Richtung

Das Einwegpfandsystem sei ein erster Schritt in die richtige
Richtung, sagte Antonio Della Rossa (SPÖ). In Österreich gebe es
jährlich über 100 kg an Plastikmüll pro Kopf und nur ein Drittel
davon werde recycelt. Es brauche daher ein „echtes“ Bekenntnis zur
Kreislaufwirtschaft, denn diese sei zusammen mit Mehrwegdenken die
Zukunft. Der Abgeordnete forderte daher ein „echtes flächendeckendes“
Mehrwegsystem, die Förderung von Kleinbetrieben, ein Reduktionsziel
für Einwegplastik und Umweltbildung.

NEOS: Nicht jammern sondern Verbesserungen diskutieren

Die Freiheitlichen hätten sich lange Zeit vehement für ein
solches Einwegsystem eingesetzt und seien nun über dessen Einführung
irritiert, kritisierte Michael Bernhard (NEOS). Die FPÖ solle daher
nicht „jammern“, sondern Verbesserungsvorschläge bringen. Zur
Verbesserung des Systems sei im Regierungsprogramm etwa die Ausnahme
der Kleinstunternehmen von der Rückgabepflicht vorgesehen.

Grüne: Einführung ist Meilenstein

In seiner Kindheit sei so ziemlich jedes Getränk in einer
Mehrwegflasche erhältlich gewesen, sagte Lukas Hammer (Grüne). Im
Laufe der Jahre seien diese dann aus den Supermarktregalen
verschwunden und in der selben Zeit seien immer mehr Einwegflaschen
und -dosen auf den Feldern und in Wäldern gelandet. Viele, wie auch
die FPÖ, hätten daher ein Einwegpfandsystem gefordert. Die Einführung
von Plastik- und Dosenpfand sowie einer verpflichtenden Mehrwegquote
in der Amtszeit der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler sei
daher ein „Meilenstein“. (Fortsetzung Nationalrat) pst

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