Wien (PK) – Die Verurteilung von systematischen
Menschenrechtsverletzungen und
Kriegsverbrechen in der Ukraine stand im Fokus eines
Entschließungsantrags der Koalitionsparteien, der im zweiten Teil des
heutigen Ausschusses für Menschenrechte und Volksanwaltschaft des
Nationalrats einstimmig angenommen wurde.
Darin wird die Außenministerin unter anderem aufgefordert, diese
Verbrechen auf internationaler Ebene weiterhin mit Nachdruck zu
verurteilen. Sie sollte zudem alle diplomatischen und
völkerrechtlichen Mittel nutzen, um eine lückenlose Dokumentation
sowie die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen zu
ermöglichen. Außerdem soll die Kooperation mit dem Internationalen
Strafgerichtshof intensiviert werden.
Ferner befassten sich die Abgeordneten mit insgesamt sechs
Anträgen der Opposition, die unter anderem Forderungen der
Freiheitlichen nach einem umfassenden Kinderschutzpaket sowie die
deutliche Ablehnung einer flächendeckenden Überwachung von Messenger-
Diensten enthielten. Die Grünen verurteilten ebenso die systematische
Folter ukrainischer Kriegsgefangener und traten für die Verankerung
des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in der EU-Grundrechtecharta
sowie für einen verstärkten Einsatz Österreichs im Rahmen des
Friedensprozesses im israel-palästinensischen Konflikt ein. Alle
Initiativen wurden mit den Stimmen der Regierungsfraktionen
mehrheitlich vertagt.
Einhellige Verurteilung von systematischen
Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in der Ukraine
ÖVP, SPÖ und NEOS machen in dem gemeinsam vorgelegten
Entschließungsantrag darauf aufmerksam, dass es insbesondere in den
russisch besetzten Teilen der Ukraine zu außergerichtlichen
Hinrichtungen, Folter, Misshandlungen Kriegsgefangener und anderen
Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekommen sei ( 395/A(E) ). Sie
richteten daher an die Außenministerin das Ersuchen, sich neben der
deutlichen Verurteilung dieser Verbrechen auf allen Ebenen für einen
Waffenstillstand und einen „umfassenden, gerechten und nachhaltigen
Frieden“, den Zugang unabhängiger Beobachter wie des Roten Kreuzes zu
den besetzten Gebieten sowie für die Unterstützung von
Hilfsprogrammen für die Opfer einzusetzen.
In eine ähnliche Stoßrichtung ging ein Antrag der Grünen ( 106/A(
E) ), der jedoch vertagt wurde. Russland begehe insbesondere im
Umgang mit ukrainischen Kriegsgefangenen regelmäßig schwere
Menschenrechtsverletzungen, zeigte Meri Disoski (Grüne) auf.
Zahlreiche Dokumentationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty
International würden belegen, dass Gefangene in Isolationshaft
gehalten, systematischer Folter ausgesetzt und keine medizinische
Versorgung erhalten würden. Gleichzeitig sollten die Bemühungen
verstärkt werden, die russische Einflussnahme in Österreich und
Europa offenzulegen und zu unterbinden, verlangen die Grünen.
Einhellige Zustimmung zum Antrag der Regierungsfraktionen
Henrike Brandstötter (NEOS) sprach von einem „wichtigen,
umfassenden und relevanten Antrag“. Die Berichte der Vereinten
Nationen, des Europarats sowie der OSZE hätten schwere Verstöße
Russlands gegen das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine
festgestellt.
Robert Laimer (SPÖ) betonte die Wichtigkeit der internationalen
Zusammenarbeit bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen. Daneben gehe
es auch um die Verhinderung illegaler Waffenströme, die eine Gefahr
für die Ukraine sowie auch für andere europäische Länder – inklusive
Österreich – darstellen würden.
Gudrun Kugler (ÖVP) machte auf die Situation von Menschen in
jenen Regionen aufmerksam, die von Gebietsabtretungen betroffen seien
und sprach in diesem Zusammenhang von einer „Sowjetunion 2.0“. Was
den Internationalen Strafgerichtshof betreffe, revolutioniere dieser
internationales Recht, da dieser etwa das Durchgriffsrecht auf
Einzelpersonen habe und Verbrechen verfolge, selbst wenn diese von
der eigenen Rechtsordnung gedeckt seien. Den Antrag der
Regierungsparteien bezeichnete Kugler als „deutlich fundierter“,
weshalb die Initiative der Grünen „obsolet“ sei.
Elisabeth Heiß (FPÖ) argumentierte die Zustimmung durch ihre
Fraktion mit dem „schrecklichen Umgang mit Kriegsgefangenen“. Es
brauche aber einen Stopp der Kampfhandlungen von beiden Seiten und
„mehr Diplomatie statt Eskalation“.
Für Agnes Sirkka Prammer (Grüne) handelt es sich um Anträge mit
„wesentlich gleichem Inhalt“, weshalb die Vertagung durch die
Regierungsfraktionen unverständlich sei. In der Initiative von ÖVP,
SPÖ und NEOS nicht enthalten sei lediglich die Grünen-Forderung,
russische Einflussnahme in Österreich und Europa offenzulegen und zu
unterbinden.
FPÖ fordert erneut ein umfassendes Kinderschutzpaket und bessere
Unterstützung der Opfer
Unter Verweis auf aktuelle Missbrauchsfälle drängte FPÖ-
Abgeordnete Elisabeth Heiß erneut auf die Umsetzung eines umfassenden
Kinderschutzpakets zur Stärkung des strafrechtlichen Schutzes von
Minderjährigen ( 349/A(E) ). Erschreckend sei vor allem, dass die
Täter immer jünger und die Taten immer brutaler würden. Die
bestehenden Regelungen seien aus ihrer Sicht zu milde und lückenhaft,
insbesondere wenn man das Strafausmaß für Kindesmissbrauch mit jenem
für Wirtschaftsdelikte vergleiche. Auch bei Therapieangeboten,
Verjährungsfristen und Schutzmaßnahmen für Betroffene ortete sie
einen deutlichen Nachholbedarf.
Konkret verlangte die FPÖ etwa ein lebenslanges Tätigkeitsverbot
für einschlägig Verurteilte in allen Bereichen mit Kontakt zu
Minderjährigen oder anderen besonders schutzbedürftigen Gruppen,
drastisch verschärfte Strafrahmen bis hin zur lebenslangen Haft,
einen lebenslangen Strafregistereintrag, einen kostenlosen digitalen
Zugang zum eigenen Strafregister, ein ausdrückliches Verbot von
Kindersexpuppen und sogenannten „Pädophilen-Handbüchern“, den Abbau
von Hürden beim Zugang zu „Triebhemmern“ und ein Verbot öffentlicher
Förderungen für Einrichtungen, die verurteilte Kinderschänder
beschäftigen.
Auch wenn sie viele Punkte nachvollziehen könne, plädierte
Henrike Brandstötter (NEOS) für die Vertagung des Antrags. Als Grund
dafür gab sie an, dass die EU-Kommission seit einigen Jahren an einer
„ordentlichen Richtlinie“ in diesem Bereich arbeite und sich der
Vorschlag nun in der finalen Abstimmungsphase befinden würde.
Außerdem sei auch schon vieles passiert, ergänzte Agnes Totter (
ÖVP), die beispielsweise auf die verpflichtenden
Kinderschutzkonzepte, ein spezielles Gütesiegel sowie auf die
zahlreichen Angebote der Familienberatungsstellen verwies.
Grundsätzlich würde die Zuständigkeit für die meisten Bereiche bei
den Bundesländern liegen, so Totter, für einzelne Bundesagenden sei
wiederum das Justizministerium der Ansprechpartner.
Der vorliegende Antrag der Freiheitlichen sei schon in vielen
Ausschüssen diskutiert worden, merkte Agnes Sirkka Prammer (Grüne)
an. Es mache ihrer Meinung nach wenig Sinn, ihn immer wieder in
unveränderter Form neu einzubringen.
Bei einem Entschließungsantrag handle es sich um eine
Willensbekundung, die ein selbstbestimmtes Parlament jederzeit
beschließen könne, hielt FPÖ-Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ) den
Vorrednerinnen entgegen. Man brauche daher nicht auf eine EU-Regelung
warten, um klar zum Ausdruck zu bringen, dass man den Kinderschutz
für extrem wichtig halte. Aber vielleicht komme der Vorschlag aus der
„falschen Ecke“, mutmaßte er.
FPÖ-Anträge gegen flächendeckende Überwachung von Messenger-
Diensten und EU-Pläne zur „Chatkontrolle“
Die Freiheitlichen sprachen sich erneut gegen die behördliche
Überwachung von Messenger-Diensten aus, da sie einen
unverhältnismäßigen Eingriff in das Menschenrecht auf Privatsphäre
darstellen würden, kritisierte FPÖ-Abgeordnete Elisabeth Heiß in
einem Entschließungsantrag ( 146/A(E)) . Die Praxis zeige, dass
terroristische und kriminelle Netzwerke längst auf alternative,
verschlüsselte Kommunikationskanäle ausweichen würden, während
herkömmliche Messenger-Dienste laut Heiß vermehrt von unbescholtenen
Bürgerinnen und Bürgern genutzt würden. Aus Sicht der FPÖ sollten
daher sämtliche Vorhaben zur flächendeckenden Überwachung von
Messenger-Diensten eingestellt und der uneingeschränkte Schutz der
Privatsphäre als „unverrückbares Menschenrecht“ sichergestellt
werden. Dies gelte auch für entsprechende EU-Pläne, die von hunderten
Krypto- und IT-Expertinnen und -Experten kritisiert worden seien.
Bei der im Juli im Nationalrat beschlossenen „klar definierten
Gefährderüberwachung“ handle es sich um keine Massenüberwachung,
stellte Robert Laimer (SPÖ) klar. Sie sei nur gezielt auf jene
Personen gerichtet, von denen eine konkrete terroristische Gefahr
ausgehe.
Nikolaus Scherak (NEOS) bekräftigte die Ablehnung einer
flächendeckenden Messengerüberwachung, weil dies einer
Vorratsdatenspeicherung gleich käme.
Klaus Mair (ÖVP) warf den Freiheitlichen vor, die Bevölkerung zu
verunsichern, da im Juli eine verfassungskonforme Regelung
beschlossen wurde.
Die Grünen hätten dem Antrag der FPÖ zugestimmt, da er legitime
Forderungen enthalte, erklärte Agnes Sirkka Prammer (Grüne).
Grüne für aktiven Beitrag Österreichs zum Friedensprozess in
Nahost
In Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt plädierten
die Grünen für verstärkte Bemühungen Österreichs für einen
nachhaltigen Friedensprozess ( 543/A(E) ). Im Vordergrund müsse nun
der Wiederaufbau von Gaza sowie ein schneller Zugang zu humanitärer
Hilfe stehen. Aufgrund des fortgesetzten „illegalen Siedlungsbaus“ im
Westjordanland müsste nach Ansicht von Disoski auch ein
Sanktionenpaket geschnürt werden, das unter anderem auch die
„ultrarechten“ israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben
Gvir umfassen sollte. Die Außenministerin sollte sich zudem für eine
Zweistaatenlösung einsetzen, wobei die Terrororganisation Hamas keine
Rolle spielen dürfe.
Ihr sei es wichtig, dass Österreich in diesem Konflikt einen
aktiven Beitrag leiste, unterstrich Außenministerin Beate Meinl-
Reisinger, die ein Bekenntnis zur Zweistaatenlösung ablegte. Positiv
wertete sie, dass Österreich von Ägypten zur Wiederaufbaukonferenz
eingeladen worden sei. Auch sollen beide EU-Missionen in der Region
wieder aufgenommen werden. Da der Waffenstillstand sehr fragil sei,
sollte ihrer Meinung mehr auf diplomatisch-politische Maßnahmen
gesetzt werden und weniger auf Sanktionen.
Empfehlungen des UN-Menschenrechtsrats: Mehr Transparenz und
bessere Einbindung der Zivilgesellschaft
Die Grünen weisen in einem Entschließungsantrag darauf hin, dass
sich Österreich im Jänner 2026 zum vierten Mal der sogenannten
Universellen Periodischen Überprüfung (UPR) des Menschenrechtsrats
der Vereinten Nationen unterziehen werde ( 521/A(E) ). Auch wenn
einzelne Empfehlungen aus den letzten Zyklen (2009, 2015 und 2021)
umgesetzt worden seien, würde nach wie vor eine systematische und
transparente Aufarbeitung der offenen Empfehlungen fehlen, beklagte
Agnes Sirkka Prammer (Grüne).
Ein besonderes Anliegen war ihr auch, das zivilgesellschaftliche
Monitoring-Initiativen, insbesondere das UPR-Tool der
Österreichischen Liga für Menschenrechte, gefördert und in den
nationalen Folgeprozess eingebunden werden. Darüber hinaus sollte der
Menschenrechtsausschuss regelmäßig über den Stand der Erstellung des
Staatenberichts, den Umsetzungsfortschritt und geplante Maßnahmen
informiert werden.
Pia Maria Wieninger (SPÖ) schlug vor, dass im Ausschuss auch über
Berichte zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) diskutiert werde.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger bezeichnete den
angesprochenen vierten Bericht als eine „Art Leistungsschau“. Es sei
daher gut, wenn es daran Interesse gebe. Einen wertvollen Beitrag
könne auch der Nationale Aktionsplan für Menschenrechte leisten, vor
allem was die Koordinierung zwischen Bund und Ländern angehe. Positiv
stand die Ressortchefin der stärkeren Einbindung von Parlament und
Zivilgesellschaft gegenüber, was aber auch schon gelebte Praxis sei.
Deshalb soll auch der nationale Zwischenbericht veröffentlicht
werden, kündigte sie an.
Grüne: Recht auf legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch
soll in EU-Grundrechte-Charta aufgenommen werden
In einem weiteren Entschließungsantrag der Grünen trat
Abgeordnete Meri Disoski mit dem Ersuchen an die Außenministerin
heran, sich auf europäischer und internationaler Ebene aktiv für die
Aufnahme des Rechts auf einen legalen und sicheren
Schwangerschaftsabbruch in die Charta der Grundrechte der EU
einzusetzen ( 516/A(E) ). Allerdings seien auch auf nationaler Ebene
Maßnahmen notwendig, da Österreich im europäischen Vergleich ihrer
Meinung nach schlecht abschneide. Während in Frankreich das Recht auf
Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung verankert worden sei, habe
man diese medizinische Leistung in Österreich im Strafrecht geregelt,
führte Disoski ins Treffen. Es müsse alles getan werden, um einen
flächendeckenden, wohnortnahen und leistbaren Zugang zu
Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen.
„Es gibt kein Recht auf Abtreibung“, urteilte Rosa Ecker (FPÖ),
die jedoch dafür plädierte, schwangere Frauen, die sich in
schwierigen Situationen befinden würden, besser zu unterstützen. Sie
sah bezüglich der Fristenlösung, die bewusst auf nationaler Ebene
geregelt sei, keinen Änderungsbedarf.
Romana Deckenbacher (ÖVP) bekannte sich dazu, dass schwangere
Frauen in Österreich auf vielfältige Weise unterstützt werden, vor
allem wenn es sich um Konfliktschwangerschaften handle. Die Forderung
der Grünen sei schwer umsetzbar, weil es dafür Einstimmigkeit in der
EU brauchen würde. (Schluss) sue