Wien (PK) – Es sei wichtig, anlässlich des heutigen 75-jährigen
Jubiläums die
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) für zukünftige
Generationen zu sichern, betonte Außenministerin Beate Meinl-
Reisinger heute im Rahmen einer Aussprache im Ausschuss für
Menschenrechte und Volksanwaltschaft . Die Menschenrechte würden
aktuell unter Druck geraten, deren Einhaltung sei gemeinsam mit
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aber „ein Garant für ein Leben in
Wohlstand und Freiheit“. Die Außenministerin sprach sich für ein
Eintreten für Menschenrechte „ohne erhobenen Zeigefinger“ und für
„maßgeschneiderte Ansätze“ für verschiedene Gesprächspartnerinnen und
Gesprächspartner aus. Denn oftmals sei lautstarkes Auftreten
kontraproduktiv, weshalb sie auch bei Zusammentreffen „hinter
verschlossenen Türen“ Kritik an der Menschenrechtslage übe, so Meinl-
Reisinger. Auch in Österreich gebe es in Bezug auf die Menschenrechte
„noch Luft nach oben“, weshalb sie die für 2026 geplante
Staatenprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat begrüße.
Themen der Aussprache: EMRK, Verfolgung von Christen, Situation
in der Türkei, Sudan, Georgien, Belarus und Afghanistan
In der Aussprache mit den Abgeordneten sprachen sowohl Elisabeth
Heiß (FPÖ) als auch Agnes Sirkka Prammer (Grüne) ebenfalls die EMRK
an. Während Heiß danach fragte, wie man trotz juristischer und
politscher Einschränkungen durch die EMRK Abschiebungen sicherstellen
könne, interessierte sich die Grünen-Mandatarin für die Position
Meinl-Reisingers in Bezug auf die Bestrebungen zu deren
Neuinterpretierung durch einige europäische Länder. Der Zugang zu
Asyl und Schutz erfolge in Österreich nach klaren und fairen
Verfahren, antwortete die Außenministerin. Dabei gehe es einerseits
um den Schutz der Menschenrechte, andererseits müsse man eine
effektive Handhabung der Migration sicherstellen. Für Meinl-Reisinger
sind dabei schnelle Verfahren, Hilfe vor Ort sowie die Zusammenarbeit
mit den Herkunfts- und Transitländern in Form von
Rückführungsabkommen zentral. Was die von Prammer ins Spiel gebrachte
Initiative zur Neuinterpretation der EMRK zur Außerlandesbringung von
straffälligen Migrantinnen und Migranten betrifft, sprach die
Ressortchefin von einer „berechtigten Diskussion“, die politisch im
Europarat geführt werden müsse, anstatt Druck auf Richterinnen und
Richter aufzubauen.
Der Beitritt der Europäischen Union zur EMRK stärke den
Grundrechtsschutz, solle möglichst rasch stattfinden und habe für die
Bundesregierung Priorität, unterstrich die Außenressortchefin
gegenüber Henrike Brandstötter (NEOS), die hier Fortschritte
vermisste. Die NEOS-Mandatarin interessierte sich zudem für die
Berücksichtigung des Themas der Menschenrechte im Rahmen der
österreichischen UN-Sicherheitsratskandidatur. Diese seien eine
„zentrale Säule der österreichischen Außenpolitik“ und damit auch für
die Kandidatur wichtig, antwortete Meinl-Reisinger. Es gehe darum,
Wien als Ort des internationalen Dialogs über Menschenrechte zu
stärken.
Von Gudrun Kugler (ÖVP) auf die stark wachsende Verfolgung von
religiösen Minderheiten angesprochen – insbesondere von Christinnen
und Christen in Nigeria – betonte die Außenministerin, dass deren
Schutz für Österreich besondere Bedeutung habe. 2024 seien weltweit
über 4.000 Christinnen und Christen getötet worden, wobei die
jüngsten Berichte über eine systematische Ermordung in Nigeria
„besonders erschreckend“ seien. Es handle sich dabei um einen
komplexen Konflikt, wobei anstatt einer militärischen Drohung durch
US-Präsident Trump die Stärkung der nigerianischen Regierung wichtig
sei.
Was die laut Christian Lausch (FPÖ) begangenen
Menschenrechtsverletzungen gegenüber Christinnen und Christen in
Ägypten betrifft, hielt Meinl-Reisinger fest, dass ihr keine Fälle
systematischer Tötungen an den Kopten, die 10 % der ägyptischen
Bevölkerung darstellen würden, bekannt seien. Sie habe aber im Rahmen
des kürzlich stattgefundenen EU-Ägypten-Gipfels sehr wohl die
Menschenrechtlage in dem nordafrikanischen Land angesprochen.
Pia Maria Wieninger und Bernhard Höfler (beide SPÖ) zeigten sich
über die Lage von politischen Gefangenen in den Gefängnissen sowie
der Opposition in der Türkei besorgt. Dem schloss sich die
Außenministerin an. Die Situation in türkischen Gefängnissen sei
durch eine hohe Überbelegung und durch Vorwürfe von Folter und Gewalt
„mehr als nur kritisch“. Meinl-Reisinger plädierte für
internationalen Druck zur Anhebung der Standards, etwa durch
regelmäßige Gefängnisbesuche von Seiten des Europarats. Zum Umgang
mit der türkischen Opposition sprach Meinl-Reisinger von einer sich
verschärfenden und repressiver werdenden Situation, die sie auch
gegenüber ihrem türkischen Amtskollegen betont habe. Eine
einheitliche europäische Position sei aber aktuell schwierig, da die
Türkei etwa die zweitgrößte NATO-Armee und eine wichtige Rolle im
Nahost-Friedensplan darstelle.
In Bezug auf Belarus forderte die Außenministerin die Freilassung
aller politischer Gefangenen. Rudolf Silvan (SPÖ) hatte sich dazu zu
Wort gemeldet. Meinl-Reisinger zeigte sich in diesem Zusammenhang
über die Verleihung des Sacharow-Preises – der höchsten EU-
Auszeichnung für Menschenrechte – an zwei inhaftierte Journalistinnen
und Journalisten in Belarus und Georgien erfreut.
Gegenüber Martina Diesner-Wais (ÖVP) bezeichnete Meinl-Reisinger
die aktuelle Menschenrechtssituation im Sudan als „erschütternd“.
Insgesamt gebe es über elf Millionen gewaltsam Vertriebene. Es sei
wichtig, „dass die Weltgemeinschaft den Sudan nicht vergisst“ und es
zur Bildung einer inklusiven und repräsentativen Regierung sowie zur
Herstellung von Rechtsstaatlichkeit im Sudan komme.
Meri Disoski (Grüne) und Alois Schroll (SPÖ) sprachen die Treffen
auf Beamtenebene zwischen Österreich und Afghanistan an. Eine solche
Kooperation auf „technischer Ebene“ stärke nur „das Standing eines
zutiefst frauenfeindlichen Regimes“, kritisierte die Grünen-
Abgeordnete. Die Taliban würden diese Gespräche zu Hause „als Erfolg
verkaufen“, bemängelte Schroll. Österreich anerkenne Staaten und
keine Regierungen, betonte die Außenministerin. Schweigen helfe
niemandem, am allerwenigsten den Frauen und Mädchen. Zudem verfolge
man durch technische Gespräche das berechtigte Ziel der Abschiebung
von verurteilten Straftätern. Eine Außerlandesbringung von Frauen
oder Mädchen stehe aber nicht zur Diskussion.
Klaus Mair (ÖVP) und Henrike Brandstötter (NEOS) meldeten sich
zur politischen Situation in Georgien zu Wort. Für Meinl-Reisinger
entwickelt sich das Land am Kaukasus mit der aktuellen Führung in die
„falsche Richtung“. Man habe darauf etwa mit Visasuspendierungen oder
mit dem Stopp des EU-Beitrittsprozesses reagiert. Weitere Sanktionen
würden derzeit an Ungarn und der Slowakei scheitern. Die Hand
Österreichs bleibe aber weiterhin durch die Beibehaltung Georgiens
als Schwerpunktland der EZA ausgestreckt, so die Außenministerin.
Was die Ernennung des Sondergesandten für den Nahen Osten durch
die Ressortchefin betrifft, wolle man die wichtige Tradition des
Brückenbauens durch Österreich auch in dieser Region verstärken,
erläuterte Meinl-Reisinger gegenüber Christian Lausch (FPÖ) und Meri
Disoski (Grüne). (Fortsetzung Menschenrechtsausschuss) med