Lobautunnel und andere Straßenbauprojekte erneut Thema im Nationalrat

Wien (PK) – Die Grünen hatten die heutige Sondersitzung des
Nationalrats
verlangt, um geplante Straßenbauprojekte mit Verkehrsminister Peter
Hanke zu diskutieren. In der Debatte zur Dringlichen Anfrage
tauschten die Fraktionen bekannte Positionen – insbesondere zum
Lobautunnel – aus. Die Grünen sehen die Natur gefährdet und das Geld
besser an anderer Stelle investiert. Für einen raschen Ausbau von
Autobahnen und Schnellstraßen sprachen sich hingegen die
Freiheitlichen aus. Die Koalition zeigte sich uneinig: Während die
NEOS in Sachen Lobautunnel eine „ähnliche Sichtweise“ wie die Grünen
betonten, hoben ÖVP und SPÖ Entlastungen für die von Lärm und Stau
betroffenen Menschen in den Regionen hervor.

Zwei im Zuge der Debatte eingebrachte Entschließungsanträge
wurden abgelehnt. Die Grünen wollten die Regierung auffordern, die
Lobauautobahn samt Lobautunnel aus dem Bundesstraßengesetz zu
streichen. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Auch die FPÖ konnte keine Mehrheit für ihren Entschließungsantrag
finden. Sie wollte jedoch sichergestellt wissen, dass die im
Bundesstraßengesetz genannten Straßenbauprojekte rasch umgesetzt
werden.

Grüne fordern „konsolidieren statt betonieren“

Werner Kogler (Grüne) erinnerte an den Bau des ersten Abschnitts
der Wiener Außenring Schnellstraße S 1 von Vösendorf bis Schwechat.
Bereits damals habe man versprochen, dass damit „ewiger Friede“ und
Entlastung für die Südost-Tangente komme. Dabei sei es nur eine Frage
der Zeit gewesen, bis diese wieder verstopfe. Österreich habe keinen
Mangel an Autobahnen und Schnellstraßen, sondern an fruchtbaren
Äckern, gesunden Böden und unzerstörter Natur, sagte Kogler. Knapp
sei auch das Geld. Deshalb sprach er sich für „konsolidieren statt
betonieren“ aus. Man könne mit anderen Investitionen, etwa in
öffentlichen Verkehr oder Parkraumbewirtschaftung, mehr erreichen, so
Kogler. Er wies darauf hin, dass die ASFINAG dem Bund eine Dividende
auszahle. Bei neuen Straßenprojekten werde die Dividende sinken und
damit Geld woanders fehlen. Nicht zuletzt seien mehr Straßen auch im
Erhalt teuer und damit ein Problem von den Gemeinden bis zum Bund.

Elisabeth Götze (Grüne) sprach sich für mehr evidenzbasierte
Politik aus und wies auf einige Daten zur Lobauautobahn und anderen
geplanten Projekten hin. Allein die Straßenabschnitte zum Lobautunnel
hätten eine Fläche in der Größe des 15. Wiener Gemeindebezirks. Mit
dem Lobautunnel drohe die Austrocknung des Naturschutzgebiets und
eine Gefährdung des Grundwassers. Die Analyse des Projekts habe
Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft, den Verkehr und die Umwelt
beinhaltet und nicht ergeben, dass die Lobauautobahn die
Verkehrsprobleme in der Region lösen werde, so Götze.

Bekräftigt wurde die Kritik der Grünen auch von den Abgeordneten
Jakob Schwarz und Lukas Hammer. Es gebe vernünftige Straßen, die baue
man, und es gebe „sehr, sehr unvernünftige Straßen“ wie den
Lobautunnel, die baue man nicht, meinte Schwarz. Er sah auch einen
direkten Zusammenhang zwischen Straßenbauprojekten und dem Budget und
erinnerte an diesbezügliche Sparmaßnahmen der schwarz-roten Regierung
im Jahr 2011.

FPÖ will Straßenbauvorhaben rasch umgesetzt sehen

Gänzlich anderer Meinung war die FPÖ. Maximilian Weinzierl warf
der ehemaligen Grünen-Ministerin Leonore Gewessler vor, den
Lobautunnel aus ideologischen Gründen gestoppt zu haben. Er sorgte
sich, dass der S 34 im Traisental nun dasselbe drohe. In der Region
rolle der Berufs- und Wirtschaftsverkehr derzeit über eine einfache
Bundesstraße. Die Lösung sei laut Weinzierl die geplante
Schnellstraße, die auch in einer Umweltverträglichkeitsprüfung für
positiv befunden worden sei.

Thomas Spalt (FPÖ) ortete einen „ideologisch getriebenen
Rundumschlag gegen alles, was das Land am Leben hält“, nämlich
Arbeit, Mobilität, Wirtschaft und Freiheit. Die Grünen würden mit
moralisch erhobenem Zeigefinger agieren. Auch an der Koalition aus
ÖVP, SPÖ und NEOS ließ er kein gutes Haar. Schwarz, Rot und Pink
seien vereint durch Ideologie, Machterhalt und Realitätsverlust. Aus
seiner Sicht habe es seit der Nationalratswahl vor einem Jahr keine
Verbesserungen für die Bevölkerung gegeben. Er rief die Regierung
daher auf, zurückzutreten und den Weg für Neuwahlen freizumachen.

Harald Schuh (FPÖ) hob die Bedeutung guter Infrastruktur für
Wirtschaftswachstum und Wohlstand hervor. Das komme auch der Umwelt
zugute, ist er überzeugt. Es brauche leistungsfähige Straßen, um der
Ausdünnung des ländlichen Raums entgegenzuwirken, hielt sein
Fraktionskollege Markus Leinfellner fest. Ausdrücklich begrüßte
Leinfellner den Ausbau der A 9.

ÖVP hebt Eigenfinanzierung der ASFINAG hervor

Populismus komme nicht nur von rechts, sondern auch von den
Grünen, sagte Joachim Schnabel (ÖVP). Die Dringliche Anfrage sei von
Sachpolitik weit entfernt. Die ÖVP hingegen betreibe eine Politik der
Mitte basierend auf Fakten. Schnabel führte etwa an, dass die ASFINAG
eigenfinanziert durch die Mauteinnahmen sei und es sich nicht um das
Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler handle. Den
unterirdischen Lobautunnel bezeichnete er als „umweltverträglich“.
Außerdem wies der Abgeordnete darauf hin, dass die Regierung nicht
nur in den Straßenbau, sondern in höherem Ausmaß auch in den
Schienenausbau investiere.

Gudrun Kugler (ÖVP) wollte den Grünen drei Dinge „ins Stammbuch
schreiben“. Rechtsstaat und Demokratie würden auch dann Respekt
verdienen, wenn sich die grüne Meinung nicht durchgesetzt habe. Das
Bekenntnis der Partei zu Tatsachen und Wissenschaft ende anscheinend
dort, wo Desinformation den eigenen Zielen diene. Und die Sorgen und
Lebensrealitäten der Menschen müssten auch dort ernstgenommen werden,
wo sie nicht in die Ideologie der Grünen passten, so Kugler.

Eine „unredliche Argumentation“ seitens der Grünen ortete ÖVP-
Abgeordneter Andreas Ottenschläger. Es sei falsch zu behaupten, dass
ein Verzicht auf Straßenbauprojekte mehr Kindergärten bringe, sagte
er. Investitionen in Straßenbauprojekte würden auch nicht zu
Dividendenkürzungen der ASFINAG führen, rechnete er anhand von Zahlen
aus der Vergangenheit vor. Bei den von den Grünen kritisierten
Straßenbauprojekten gehe es nicht um „Monsterautobahnen“, sondern um
fehlende Lückenschlüsse, hielt sein Parteikollege Harald Servus fest.
Konkret urgierte er unter anderem die Umsetzung der Traisental
Schnellstraße S 34, „um Verkehr aus St. Pölten herauszubekommen“.

SPÖ betont Ausbau des öffentlichen Verkehrs

Wolfgang Moitzi (SPÖ) versicherte den Grünen, dass die
Sozialdemokratie im Kampf gegen die Klimakrise nicht ihr Gegner sei.
Die Regierung investiere in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
„Zwei Drittel gehen in den Ausbau der Öffis, ein Drittel in die
Straße und das ist gut so“, sagte er. Auch die Sonderdividende der
ASFINAG, die ins Bundesbudget fließe, sei so hoch wie noch nie. Mit
der Erhöhung der LKW-Maut trage man zu mehr Kostenwahrheit und
Budgetkonsolidierung bei. Zuletzt habe die Regierung außerdem eine
Novelle der Straßenverkehrsordnung auf den Weg gebracht, die mittels
automatisierten Zufahrtsmanagements für Verkehrsberuhigung in den
Innenstädten sorgen werde.

Auch Pia Maria Wieninger (SPÖ) betonte, dass für die SPÖ der
Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel an erster Stelle stehe. Als
Abgeordnete aus der Wiener Donaustadt sprach sie sich für eine
Umfahrung aus, die den Menschen im Bezirk seit 20 Jahren versprochen
werde. Die Menschen würden „im Verkehr ersticken“. Die
Nordostumfahrung Wiens sei kein Widerspruch zu Klimaschutz, sondern
ein fehlender Puzzlestein in einem Gesamtkonzept, sagte sie.

Melanie Erasim (SPÖ) erwartet sich von den geplanten
Straßenbauprojekten deutliche Verbesserungen für „staugeplagte“
Pendlerinnen und Pendler und „lärmgeplagte“ Anrainerinnen und
Anrainer. Wien habe auch den öffentlichen Verkehr deutlich ausgebaut
und so den Autoverkehr reduzieren können, machte ihr Parteikollege
Kai Jan Krainer geltend. Angesichts des starken Bevölkerungswachstums
brauche es aber auch eine angepasste Straßeninfrastruktur.

NEOS: Kein Bekenntnis zum Lobautunnel

Die NEOS hätten eine ähnliche Sichtweise in der Frage des
Lobautunnels wie die Grünen, legte Michael Bernhard dar. Er warf
Leonore Gewessler aber vor, in ihrer Zeit als Verkehrsministerin die
Probleme nicht gelöst zu haben. Sie habe Bauprojekte nicht abgesagt,
sondern auf die lange Bank geschoben. Bernhard führte an, dass der
durchgeführte Umweltbericht vier Varianten geprüft habe und den
Lobautunnel am schlechtesten gereiht hätte. Deshalb hätten die NEOS
dafür gesorgt, dass es im Regierungsprogramm kein Bekenntnis zum
Lobautunnel gebe. Stattdessen habe man sich auf eine evidenzbasierte
Studie geeinigt, deren Ergebnisse man jetzt abwarte. Die NEOS würden
jedenfalls eine Lösung präferieren, die am kostengünstigsten ist und
am schnellsten zu Verbesserungen für die Menschen und Betriebe in
Wien und Umgebung führe.

Auch Janos Juvan (NEOS) sah Einigkeit mit den Grünen, wenn es um
Problemstellungen und Lösungsansätze für Straßenbauprojekte wie die
Lobauautobahn gehe. Nicht gutheißen wollte er aber die Art und Weise,
wie die Grünen das Thema zum wiederholten Mal adressierten, um es für
ihre politische Agenda zu nutzen. Wer nur mit Ideologie auf
Klimaschutz zugehe, verliere die Menschen auf dem Weg, meinte Juvan.
Das Motto müsse sein, Umwelt und Wirtschaft miteinander zu verbinden.

Dominik Oberhofer (NEOS) hob hervor, dass Investitionen in
Straßen, Brücken und Tunnel auch Investitionen in Verkehrssicherheit
und Wettbewerbsfähigkeit seien. Zudem investiere die Regierung auch
massiv in die Schiene und den öffentlichen Verkehr, unterstrich er. (
Schluss Nationalrat) kar/gs

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