St. Pölten (OTS) – Ganz unter dem Eindruck der schrecklichen
Ereignisse in Graz, des
noch immer andauernden Krieges in der Ukraine und der jüngsten
Eskalation zwischen Israel und dem Iran eröffnete Landeshauptfrau
Johanna Mikl-Leitner heute, Freitag, den dritten und letzten Tag des
Europa-Forums Wachau: „Die Welt ist aus den Fugen geraten.“
Nach drei Tagen Staatstrauer sei das Europa-Forum Wachau „die
erste große offizielle Veranstaltung, bei der wir nicht nur unser
Mitgefühl – den Familien, Freundinnen und Freunden und den
Lehrkräften – zum Ausdruck bringen wollen, sondern auch die
Solidarität Europas spüren“, hielt Landeshauptfrau Johanna Mikl-
Leitner zu Beginn ihrer Rede fest. „Der Amoklauf in Graz hat unsere
Republik mitten ins Herz getroffen“, sagte sie: „Gerade in diesen
Stunden zeigt sich, wie wichtig unsere Werte sind: Menschlichkeit,
Rechtsstaatlichkeit und der feste Glaube an ein friedliches, freies
Europa.“
Das Europa-Forum Wachau gibt es seit 1995 und damit seit dem Jahr
des EU-Beitritts Österreichs. Dieser sei „eine Weichenstellung von
historischer Tragweite“ gewesen, betonte die Landeshauptfrau: „Das
war mehr als ein wirtschaftlicher Schritt. Es war ein Bekenntnis zur
Offenheit, zur Zukunft, zur europäischen Idee.“ Gerade
Niederösterreich habe vom EU-Beitritt Österreichs enorm profitiert,
bilanzierte sie: „EU-Fördermittel haben Gemeinden gestärkt,
Innovationen vorangetrieben, mit Infrastrukturprojekten den
ländlichen Raum erschlossen. Forschung, Wissenschaft und Bildung
wurden ausgebaut, Unternehmen haben neue Märkte erschlossen.“ Diese
Errungenschaften seien „das Ergebnis harter Arbeit, kluger
Kompromisse und des festen Glaubens, dass wir gemeinsam mehr
erreichen als alleine.“
Doch gerade dieses Fundament werde auf die Probe gestellt, nannte
Mikl-Leitner etwa den Krieg Russlands gegen die Ukraine, den immer
härter werdenden globalen Wettbewerb, die illegale Migration oder die
Klimakrise. Gleichzeitig hätten immer mehr Menschen das Gefühl,
Europa sei „weit weg“. Doch „gerade hier liegt unsere Verantwortung,
denn Europa darf nicht abstrakt bleiben, Europa muss spürbar sein“,
so die Landeshauptrau: „Europa, das ist die Gemeinschaft starker
Regionen.“ Deshalb sei auch die Kohäsionspolitik „die Klammer
Europas““, so Mikl-Leitner: „Denn sie schafft Lebensqualität,
Infrastruktur und Arbeitsplätze, und sie sagt: Jede Region zählt –
nicht nur die Metropolen, sondern auch die kleineren Gemeinden und
die ländlichen Regionen“.
In diesem Zusammenhang verwies die Landeshauptfrau auf die „Power
Regions-Initiative“, die „ein starker Zusammenschluss von 70
Regionen“ sei und deutlich mehr als ein Drittel der EU-
Gesamtbevölkerung und mehr als die Hälfte des EU-
Bruttoinlandsproduktes auf sich vereine. Die Initiative habe ein
klares Ziel, nämlich „Kohäsionsmittel für alle Regionen und nicht nur
für bestimmte, ausgewählte Gebiete“, denn „wenn Europa stark sein
will, muss es seine Regionen stärken“, forderte sie. Gleichzeitig
müsse Europa auch „wettbewerbsfähiger und effizienter werden“, hielt
sie fest: „Produktivität und Innovation müssen in Europa ein Comeback
feiern. Durch neue Technologien, durch Digitalisierung,
Automatisierung und KI sowie durch den Abbau der Bürokratie“. Gerade
auch die EXPO in Japan habe gezeigt, dass die Welt auf „Innovationen
made in Europe“ schaut, so Mikl-Leitner: „Europa kann Innovation. Wir
müssen die Betriebe nur machen lassen. Denn es wäre so einfach: Mehr
Freiheit und weniger Fesseln für unsere Betriebe, und keiner kann uns
stoppen.“
Niederösterreich gehe hier mit gutem Beispiel voran, führte die
Landeshauptfrau weiter aus: „Wir durchforsten derzeit alle Aufgaben
der Landesverwaltung“. Jede Auflage und jeder Verwaltungsschritt
werde durchleuchtet, ob er tatsächlich notwendig sei oder es auch
einfacher, schneller und effizienter gehe. Mikl-Leitner dazu: „So
machen wir Niederösterreich zu einer der effizientesten
Regionalverwaltungen Europas.“
In einem dritten Punkt sprach die Landeshauptfrau das Thema
Wissenschaft, Forschung und Bildung an. Diese seien „keine
Luxusthemen“, sondern „Brücke in die Zukunft“, betonte sie: „Wir
brauchen eine Renaissance des europäischen Forscher- und
Wissensgeists.“ Dazu müsse man „den besten Köpfen die besten
Rahmenbedingungen bieten“, zeigte sie sich überzeugt. Das gelte
besonders für kleine Länder wie Österreich: „Unsere Stärke liegt
nicht in der Masse, sondern in der Klasse“. Darum habe
Niederösterreich auch die „Mission Nobelpreis“ ausgerufen, verwies
sie etwa auf das Krebsforschungszentrum MedAustron in Wiener
Neustadt, das ISTA in Klosterneuburg oder auch auf das AIT Tulln.
„Während sich andere immer mehr verschließen, öffnen wir unsere
Türen“, daher wolle man etwa Wissenschaftler aus den USA „mit offenen
Armen empfangen, aber nicht mit leeren Händen, sondern mit optimalen
Rahmenbedingungen“, betonte sie.
„Europa muss in der Migrationsfrage endlich handlungsfähig
werden“, ging die Landeshauptfrau auf einen vierten Punkt ein:
„Europa steht für Humanität. Aber Humanität braucht Ordnung. Sonst
kippt sie in Überforderung.“ Man sehe diese Überforderung „tagtäglich
in vielen großen Städten Europas“, und das mache den Menschen Sorgen,
meinte sie. Man müsse daher daran denken, „die Europäische
Menschenrechtskonvention weiterzuentwickeln“, forderte sie. Diese sei
„keine heilige Kuh, die niemand angreifen darf“, sondern müsse „den
Sprung ins 21. Jahrhundert schaffen“, denn die Welt habe sich in den
vergangenen Jahren „radikal verändert“. Mikl-Leitner: „Wir müssen
endlich dazu in der Lage sein, Migranten abzuschieben – vor allem
jene, die schwere Straftaten begehen.“ Sie dankte hier auch dem
Bundeskanzler, „der sich dieser Debatte stellt – und zwar nicht mit
Emotionen, sondern fachlich und sachlich.“
„Europas Platz ist an der Seite der Ukraine“, betonte die
Landeshauptfrau abschließend. Der Angriff Russlands sei „kein
regionaler Konflikt, sondern ein Angriff auf unser Konzept von
Freiheit und Demokratie“. Europa müsse „militärische und ökonomische
Stärke zeigen“, und daher „militärisch aufrüsten und wirtschaftlich
eigenständiger werden“, forderte sie in diesem Zusammenhang: „Denn
wenn wir Putin heute nicht standhalten, zahlen wir morgen einen noch
höheren Preis, nicht in Euro, sondern mit unserer Sicherheit.“