Wien (PK) – Im Zeichen zunehmender sicherheitspolitischer
Herausforderungen
befasste sich der Landesverteidigungsausschuss heute mit der
Verteidigungsfähigkeit Österreichs, europäischen Bestrebungen zur
Stärkung der Verteidigungsunion sowie mit Maßnahmen zur Förderung von
Frauen im militärischen Dienst. Verteidigungsministerin Klaudia
Tanner debattierte mit den Abgeordneten auf der Grundlage des
Landesverteidigungsberichts 2024/2025, der EU-Jahresvorschau 2025
sowie des Berichts über militärische Dienstleistungen von Frauen in
den Jahren 2023 und 2024.
Im Mittelpunkt der Ausschussdebatte stand dabei die angespannte
Personalsituation beim Bundesheer. Wie aus dem
Landesverteidigungsbericht hervorgeht, sind die vom Ressort bereits
ergriffenen Maßnahmen zur Personalgewinnung weitgehend ausgeschöpft,
zusätzliche Anreize – insbesondere im Besoldungsbereich – lägen nicht
mehr im Verantwortungsbereich des Verteidigungsressorts (BMLV). Im
Ausschuss bezeichnete Tanner die Personalfrage als
„gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, der mit der Erhöhung der
Wehrbereitschaft der Bevölkerung begegnet werden müsse.
Außerdem wurden die strategischen Zielsetzungen auf EU-Ebene
diskutiert, die auf eine stärkere sicherheitspolitische
Eigenständigkeit Europas abzielen. Die Abgeordneten interessierten
sich insbesondere für die Förderung der europäischen
Verteidigungsstrategie, von der laut Tanner auch österreichische
Unternehmen profitieren sollen.
Nicht zuletzt behandelte der Ausschuss aktuelle Entwicklungen und
Erfolge im Bereich der Frauenförderung, wobei insbesondere der
„freiwillige Grundwehrdienst für Frauen“ (fGWD) als zentrale Maßnahme
hervorgehoben wurde. Der Frauenanteil im Bundesheer sei von 4,3 % vor
Beginn des Projekts auf mittlerweile rund 6 % gestiegen.
Landesverteidigungsbericht 2024/2025: Personalmangel bleibt
größte Hürde
Der gemäß Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LV-FinG)
vorgelegte Landesverteidigungsbericht für die Jahre 2024 und 2025
zeichnet ein nach wie vor angespanntes Bild der militärischen
Verteidigungsfähigkeit Österreichs ( III-168 d.B. ). Zwar zeigten die
bereits gesetzten Reform- und Aufbaumaßnahmen bereits Erfolge, doch
bleibe die derzeitige Einsatzfähigkeit des Bundesheeres weiterhin
eingeschränkt. Die durch das Verteidigungsressort (BMLV) gegen das
zentrale Problem des Personalmangels selbst zu setzenden Maßnahmen,
seien laut Bericht „weitestgehend ausgereizt“. Gefordert werden nun
Anpassungen insbesondere bei der Besoldung, die nicht mehr im
Verantwortungsbereich des BMLV liegen.
Aufgrund der Herausforderungen beim Aufbau der
Verteidigungsfähigkeiten des Bundesheeres und der weiterhin
fortschreitenden Verschlechterung der globalen Sicherheitslage werde
eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf 2 % des
Bruttoinlandprodukts (BIP) bis 2032 angestrebt.Eine dementsprechende
Novelle des LV-FinG sei bereits im Regierungsprogramm vorgesehen.
Auch in der Ausschussdebatte war die Personalfrage eines der
bestimmenden Themen. Dafür interessierten sich Volker Reifenberger,
Gerhard Kaniak (beide FPÖ), Friedrich Ofenauer (ÖVP), Robert Laimer (
SPÖ) und Douglas Hoyos Trauttmansdorff (NEOS). Eine Expertin des
Ressorts erklärte, dass man sich im Verteidigungsressort bereits seit
Jahren über die Attraktivierung des Soldat:innenberufs Gedanken
mache. Immer wieder würden Verbesserungen im Dienst- und
Besoldungsrecht vorgeschlagen, die auch im aktuellen Bericht
eingeflossen seien. So wird im Bericht etwa die vollumfängliche
Anerkennung der akademischen Ausbildung der Berufsoffiziere
gefordert, was jährlich etwa 23 Mio. Ꞓ kosten würde, sowie die
Erhöhung des Solds für Unteroffiziere, deren Kosten sich auf 2,8 Mio.
Ꞓ im Jahr belaufen würden. Man sei sich jedoch bewusst, dass dies im
aktuellen Budget nicht vorgesehen sei, so die Expertin. Zudem wäre
zur weiteren Verfolgung des Aufbauplans eine Aufstockung der
Planstellen erforderlich, da man langsam an eine „Personaldecke“
stoße.
Verteidigungsministerin Tanner betonte, dass die Personalfrage
nicht nur das Bundesheer betreffe, sondern so gut wie alle
staatlichen und auch privatwirtschaftlichen Bereiche. Sie sehe es als
„gesamtstaatliche Aufgabe“ im Rahmen der Geistigen Landesverteidigung
an, die Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung zu steigern. Es
müssten sich mehr Menschen für den Grundwehrdienst entscheiden, da
dieser die Basis für das gesamte Bundesheer ausmache. Bezüglich der
Drop-Out-Quoten erklärte Tanner, dass diese zurückgegangen seien und
man bei jedem bzw. jeder der Betroffenen nach den Gründen frage. Der
Wettbewerb um das Personal werde das Ressort „ohne Zweifel weiter
fordern“, so Tanner.
Hinsichtlich des Verteidigungsbudgets versicherte sie Volker
Reifenberger und Gerhard Kaniak (beide FPÖ), dass die Umsetzung des
Aufbauplans „in keiner Weise“ negativ beeinträchtigt werde. Ihr
Ressort arbeite weiter daran, die kontinuierliche Budgetsteigerung zu
beizubehalten. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem
Finanzressort beschäftige man sich mit Maßnahmen, die noch außerhalb
des budgetären Rahmens gesetzt werden müssten. Dazu zählten laut
Tanner etwa Nachbeschaffungen bezüglich der Eurofighter oder
Investitionen in die bodengebundene Luftabwehr im Rahmen von Sky
Shield, wie sie Manfred Hofinger (ÖVP) antwortete. Ziel sei ein
Verteidigungsbudget in der Höhe von 2 % des Bruttoinlandsprodukts (
BIP) bis 2032.
„Wie jedes Jahr“ brachte Hubert Fuchs (FPÖ) seine Kritik vor,
dass als Referenz dafür nicht das BIP des selben Jahres, sondern das
zuletzt festgestellte BIP herangezogen werde. Tanner entgegnete, dass
diese Berechnungsweise vom Finanzministerium vorgegeben sei, was
Fuchs bestritt.
Christoph Pramhofer (NEOS) sprach das Thema Weltraum an, das laut
Tanner immer mehr an sicherheitspolitischer Relevanz gewinne, da sich
Konflikte zunehmend in diese Domäne verlagern würden. Österreich sei
hier auf sein europäisches Umfeld angewiesen und bringe sich in den
verschiedensten Projekten als „verlässlicher Partner“ ein. Ziel sei,
dass Österreich in Zukunft vom reinen Nutzer von Weltraumtechnologie
zum Anbieter werde, so Tanner.
Weiters interessierten sich Robert Laimer (SPÖ) und Douglas Hoyos
Trauttmansdorff für den möglichen Einsatz von Drohnen, Paul Stich für
die Auslandseinsätze und David Stögmüller (Grüne) für mehrere
Beschaffungsvorgänge, insbesondere hinsichtlich der Eurofighter.
Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen und zur
weiteren Behandlung ins Plenum geschickt.
EU-Jahresvorschau 2025: Strategische Autonomie als Ziel
Angesichts anhaltender sicherheitspolitischer Spannungen betont
das Verteidigungsministerium die Bedeutung einer handlungsfähigen,
resilienten und strategisch autonomen Europäischen Union, wie aus
seiner Jahresvorschau für 2025 hervorgeht ( III-137 d.B ). Im
Mittelpunkt steht die Stärkung der europäischen Verteidigungs- und
Sicherheitsarchitektur insbesondere durch den Aufbau einer
Europäischen Verteidigungsunion, die Weiterentwicklung des
Binnenmarktes im Verteidigungsbereich und die Förderung der EU-
Verteidigungsindustrie, um die Abhängigkeit von externen Partnern zu
verringern.
Die EU müsse als eigenständiger und resilienter „Akteur auf der
Weltbühne“ auftreten, um ihre langfristige Sicherheit zu
gewährleisten, führte Verteidigungsministerin Tanner im Ausschuss
aus. Vor diesem Hintergrund sei das Arbeitsprogramm der EU-
Kommission, auf dem der Bericht beruht, sehr zu begrüßen, da es auch
Vorbereitungen auf hybride Angriffe und den Schutz der kritischen
Infrastruktur beinhalte. Auf die gemeinsame Krisenvorsorge und die
Bevorratung, nach der sich Michael Hammer (ÖVP) erkundigte, sei mit
der EU-Bevorratungsstrategie ein eigener Schwerpunkt gesetzt worden.
Besonders relevant seien laut Tanner die vorgesehenen Maßnahmen
zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie, für die sich
neben Hammer auch Axel Kassegger (FPÖ), Petra Oberrauner (SPÖ),
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) und David Stögmüller (Grüne)
interessierten. Wie Tanner erklärte, werde in diesem Bereich der
politische und administrative Rahmen geschaffen, um Europas
Verteidigungsindustrie innovativer und wettbewerbsfähiger zu machen.
Die EU-Mitgliedstaaten hätten zunehmend erkannt, dass dies für die
strategische Autonomie und damit die Verteidigungsbereitschaft
Europas unabdingbar sei. Es gehe um gezielte Investitionen in
verteidigungsrelevante Sektoren und kritische Technologien sowie den
Abbau bürokratischer Hürden. Auch österreichische Unternehmen sollen
laut Tanner von den Fördermitteln, zinsgünstigen Darlehen und den
erweiterten Exportmöglichkeiten profitieren, was auch vor dem
Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Lage wichtig sei. Der
von Stögmüller aufgeworfene Vorschlag, Investitionen in die
Verteidigungsindustrie auf EU-Ebene als nachhaltig einzustufen, sei
laut Tanner sinnvoll zu prüfen. Wenn diese Investitionen einen
Beitrag zu Autarkie und Resilienz leisteten, sollte das
berücksichtigt werden.
Im Zusammenhang mit der Exportkontrolle sprachen Axel Kassegger (
FPÖ) und Christoph Pramhofer (NEOS) den Fall des
Schusswaffenherstellers Steyr Arms an, der laut Medienberichten einen
Großauftrag aus Tunesien verloren habe, da österreichische Behörden
zu lange für die Prüfung der Exportgenehmigung gebraucht hätten.
Tanner antwortete, dass die Prüfung der Ausfuhr von Kriegsmaterial
hauptsächlich im Kompetenzbereich des Innenministeriums liege und die
Rückmeldung ihres Ressorts in kürzester Zeit erfolgt sei. Generell
sah sie es als sinnvoll an, die Regelungen zur Waffenexportkontrolle
im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit zu vereinfachen.
Michael Gmeindl und Axel Kassegger (beide FPÖ) führten
neutralitätsrechtliche Bedenken ins Feld und befürchteten Einschnitte
in die nationalstaatliche Souveränität. Da die Verteidigungsunion
kein Militärbündnis darstelle, sah Friedrich Ofenauer (ÖVP) die Pläne
der EU-Kommission hingegen als mit der Neutralität „absolut
vereinbar“ an. Gerade als neutraler Staat sei Österreich
verpflichtet, für seine Verteidigungsfähigkeit zu sorgen, ergänzte
Verteidigungsministerin Tanner. Dies sei in vielen Bereichen nur im
europäischen Verbund möglich. Der Bericht wurde mit den Stimmen aller
Fraktionen außer der FPÖ mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Frauen im Bundesheer: Anteil deutlich gestiegen
Seit dem Jahr 1998 können Frauen auf freiwilliger Basis
militärischen Dienst im Bundesheer leisten. Laut dem aktuellen
Bericht der Verteidigungsministerin über die militärischen
Dienstleistungen von Frauen in den Jahren 2023 und 2024 sind
Soldatinnen heute ein „integrierter und unverzichtbarer Bestandteil“
des Bundesheeres ( III-141 d.B. ). Die Gesamtzahl der Soldatinnen
habe sich seit 1999 von 89 auf 818 Ende 2024 erhöht, zeigte sich die
Verteidigungsministerin erfreut. Gegenüber Romana Deckenbacher (ÖVP)
ging sie auf mehrere Maßnahmen zur Frauenförderung ein, wie die
flexiblere Gestaltung der Einsatzdauer oder den Einsatz weiblicher
Informationsoffiziere bei Veranstaltungen. Insbesondere der fGWD für
Frauen zeige bereits deutliche Erfolge, antwortete sie Hubert Fuchs (
FPÖ) und David Stögmüller (Grüne). 430 Frauen hätten sich freiwillig
gemeldet und knapp 270 Frauen seien bereits einberufen worden.
Eine Expertin des Ressorts informierte Fuchs, dass für die
generelle Bewerbung des Arbeitgebers Bundesheer für 2025 1,5 Mio. Ꞓ
und für 2026 1,4 Mio Ꞓ budgetiert seien, wobei etwa auf die
Kinderbetreuungsmöglichkeiten fokussiert werde. Für diverse
Gleichstellungsprojekte seien für beide Jahre 200.000 Ꞓ vorgesehen.
Mario Lindner (SPÖ) und David Stögmüller (Grüne) erkundigten sich
nach den Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung. Tanner betonte
dahingehend eine „Null-Toleranz-Politik“ und verwies auf zahlreiche
Maßnahmen, wie Informations- und Sensibilisierungskampagnen für alle
Bedienstete des Ressorts sowie Fortbildungen, Seminare, Leitfäden und
Handlungsempfehlungen, ein Verhaltenskodex sowie diverse
Anlaufstellen und eine Helpline für Betroffene.
Außerdem sprach sich Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) für
frauenspezifische Anpassungen bei den Stellungsstraßen aus. Dies
hätten als Stelle des Erstkontakts mit dem Bundesheer eine wichtige
Bedeutung und es bedürfe für die Aufnahme von Frauen spezifische
bauliche Maßnahmen, von denen bereits einige umgesetzt seien, so
Tanner dazu. Etwa für die Gesundheitsüberprüfung brauche es jedoch
auch entsprechende personelle Ressourcen. Der Bericht wurde einhellig
zur Kenntnis genommen. (Schluss Landesverteidigungsausschuss) wit