JOHANN STRAUSS: RAUSCH UND EKSTASE. Feministischer Ausdruckstanz im Plakat 1900–1933 – ab 17. Juni im MAK

Wien (OTS) – Auch das MAK schließt sich – aus einem unerwarteten
Blickwinkel – den
Feierlichkeiten anlässlich des 200. Geburtstags von Johann Strauss an
und zeigt in der Plakatausstellung JOHANN STRAUSS: RAUSCH UND
EKSTASE. Feministischer Ausdruckstanz im Plakat 1900–1933 , wie eng
die Anfänge des expressionistischen Ausdruckstanzes mit dem Wiener
Walzer verbunden waren. Diese Form des künstlerischen Tanzes erlebte
ihre Blütezeit im Wien der Jahre 1900 bis 1930 und war maßgeblich von
der Musik Strauss’ inspiriert. Individuelle Formen in Rhythmik,
Gestik und Emotion lösten die Bewegungsabläufe des Wiener Walzers ab.
Im MAK Plakat Forum werden über 40 Plakate gezeigt, die die
aufsehenerregenden Vorstellungen von Performerinnen wie Gertrud
Bodenwieser, Grete, Elsa und Berta Wiesenthal, Anny Day-Helveg, Maria
Ley oder Gertrude Barrison bewarben.

Das beginnende 20. Jahrhundert markiert eine der turbulentesten
und kreativsten Epochen Österreichs: Politische Instabilität,
tiefgreifende soziale Umwälzungen und eine vibrierende,
intellektuelle und künstlerische Szene prägten das kulturelle Klima
in Wien, der Hauptstadt eines zerfallenden Imperiums und später einer
jungen Republik. In dieser Atmosphäre – zwischen der Psychoanalyse
Sigmund Freuds und dem künstlerischen Aufbruch der Wiener Secession –
erwies sich Wien als empfänglich für eine Tanzform, die als „Freier
Tanz“ radikal mit der Vergangenheit brach.

Der Ausdruckstanz stellte eine deutliche Abkehr von der Sprache
des klassischen Balletts dar. Seine Pionierinnen suchten nach einer
Verbindung zwischen innerem Erleben und äußerer Bewegung, der Körper
wurde zum primären Instrument und zum Seismografen der Seele.
Charakteristisch war das Barfußtanzen, das eine erdverbundene,
natürliche Bewegung ermöglichte. Fließende Gewänder ersetzten das
steife Korsett und betonten die natürliche Körperform – der Tanz
erhielt buchstäblich ein „Reformkleid“.

Wegbereiterin des Ausdruckstanzes war die US-Amerikanerin Isadora
Duncan (1877–1927), die in London, Paris, Moskau und in der Folge
auch in Wien ihre ersten großen solistischen Erfolge feierte. In
einer Zeit, in der Frauen um Gleichberechtigung kämpften, konnten
Tänzerinnen nicht nur als Interpretinnen wirken, sondern auch als
Choreografinnen, Pädagoginnen und Leiterinnen eigener Schulen. Der
Ausdruckstanz wurde zu einem wichtigen Feld weiblicher
Selbstermächtigung.

Zu den frühesten und prägendsten Figuren zählten die Schwestern
Wiesenthal: Grete (1885–1970), Elsa (1887–1967) und Berta (1892–1953)
. Ausgebildet an der Ballettschule der Wiener Hofoper, rebellierten
sie gegen den Drill und verließen die Institution, um ihre eigenen
Wege zu gehen. Anlässlich der Eröffnung des Cabaret Fledermaus
debütierten sie mit ihrem neuen Tanzstil und rissen das Publikum
sofort zu Begeisterungsstürmen hin. Ihre Interpretationen des
„Donauwalzers“ eroberten selbst Jahrzehnte später das Publikum im
Sturm.

Zentrale Figur war Grete Wiesenthal, für deren Tanzaufführung Der
Geburtstag der Infantin ihr späterer Mann, der Grafiker Erwin Lang (
1886–1962), das Plakat fertigte. Der Sohn der Frauenrechtlerin Marie
Lang gestaltete viele weitere Plakate für seine Frau. Ihr
künstlerisches Schaffen kann als feministischer Akt der
Selbstbestimmung interpretiert werden.

Einen Höhepunkt des Ausdruckstanzes markierte das Wirken von
Gertrud Bodenwieser (1890–1959). Sie führte eine Tanzschule und
gründete die international erfolgreiche „Tanzgruppe Bodenwieser“.
Charakteristisch für sie waren eindrucksvolle Gruppenchoreografien,
in denen sie soziale Dynamiken und die sozialen Probleme der Moderne
thematisierte. Die politische Entwicklung zwang Bodenwieser, die
jüdischer Herkunft war, 1938 zur Emigration nach Kolumbien und später
nach Australien. Ihr Exil steht symptomatisch für das abrupte Ende
des Ausdruckstanzes in Österreich durch den Nationalsozialismus.

JOHANN STRAUSS: RAUSCH UND EKSTASE zeigt außerdem Plakate von
Gertrude Barrison (1880–1946), Anne (Anny) Day-Helveg ( 1898 – 1975 )
, Eva Maria Deinhardt (1896–1977), Stella Kramrisch, (1896–1993),
Maria Ley (1898–1999), Hedy Pfundmayr (1899–1965), Riki Raab (1899
–1997) oder Cilli Wang (1909–2005) und vielen weiteren Tänzerinnen.

Pressefotos stehen unter MAK.at/presse zum Download bereit.

Ausstellungsort
MAK Plakat Forum
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien

Ausstellungsdauer
17.6.–2.11.2025

Öffnungszeiten
Di 10–21 Uhr, Mi bis So 10–18 Uhr

Kurator
Peter Klinger, Stellvertretende Leitung MAK Bibliothek und
Kunstblättersammlung

MAK Eintritt
Ꞓ 16,50/15,50*; ermäßigt Ꞓ 13,50/12,50*; jeden Dienstag 18–21 Uhr:
Eintritt Ꞓ 8/7,50*
Eintritt frei für Kinder und Jugendliche unter 19
* Ticketpreis im Online-Vorverkauf