Wien (PK) – Einige Oppositionsanträge zu Sicherheitsthemen hat der
Innenausschuss
heute debattiert. Vertagt wurden davon mit den Stimmen der
Dreierkoalition zwei Anträge der FPÖ für eine Verfeinerung der
polizeilichen Kriminalstatistik auf die Gemeindeebene und gegen
medial kolportierte „EU-Geheimdienstpläne“. Die Grünen wiederum
urgierten in zwei Entschließungsanträgen stärkere
Missbrauchsprävention bei Überwachungsmaßnahmen – insbesondere durch
eine Erhöhung des Strafrahmens – sowie eine umfassende
„Überwachungsgesamtrechnung“. Letzterer Antrag wurde ebenso vertagt.
Zum Antrag der Grünen zur stärkeren Missbrauchsprävention bei
Überwachungsmaßnahmen brachten ÖVP, SPÖ und NEOS jedoch gemeinsam mit
den Grünen einen Antrag im Ausschuss ein, der einstimmig angenommen
wurde. Bei der jüngst beschlossenen Novelle zur Gefährder-Überwachung
sei es rechtsstaatlich geboten, dass deren operative Anwendung nicht
vor einer adäquaten strafrechtlichen Flankierung erfolgt, heißt es im
gemeinsamen Antrag. Die Bundesregierung wird daher daran erinnert,
diesbezüglich ihre im Ministerratsvortrag eingegangene Selbstbindung
einzuhalten und entsprechende Grundlagen vorzubereiten. Konkret wird
um einen Regelungsvorschlag im Strafgesetzbuch ersucht, um eine
missbräuchliche Ausübung von den betreffenden Befugnissen angemessen
zu bestrafen. Der ursprüngliche Antrag der Grünen blieb in der
Minderheit.
Verschärfungen bei Missbrauch von Überwachungsmaßnahmen
Mit der Einführung der Gefährder-Überwachung im Juni 2025 habe
die Bundesregierung zahlreiche Missbrauchsvorkehrungen angekündigt,
aber nie umgesetzt, bemängelten die Grünen in ihrem ursprünglichen
Entschließungsantrag ( 579/A(E) ), auf dessen Grundlage im Ausschuss
der gemeinsame Antrag eingebracht und einstimmig angenommen wurde.
Sie urgierten eine Anpassung des Strafgesetzbuchs, um den Strafrahmen
für den Missbrauch von Überwachungsmaßnahmen zu erhöhen. Zudem
forderten die Grünen eine Evaluierung der gesellschaftlichen
Auswirkungen von Überwachung und die Stärkung des öffentlichen
Vertrauens in die Rechtsstaatlichkeit durch Transparenzmaßnahmen wie
öffentliche Berichte über Überwachungstätigkeiten und
verfassungsschutzrelevante Vorfälle.
Süleyman Zorba (Grüne) meinte, ihm fehle zwar der Hinweis auf den
„Chilling Effect“ im gemeinsamen Antrag, dennoch sei er froh, dass
man ihn zustande gebracht habe. Sophie Marie Wotschke (NEOS) meinte
zum Antrag der Grünen, dass man keine neuen Berichte wolle. Die
angekündigten strafrechtlichen Verschärfungen seien aber nicht
vergessen worden. Essentiell sei aus ihrer Sicht auf jeden Fall, dass
diese vor der Implementierung der entsprechenden Software geschaffen
werden. Bereits bei der Novelle zur Gefährder-Überwachung sei der SPÖ
wichtig gewesen, dass es eine Einbindung eines
Rechtsschutzbeauftragten brauche, so Sabine Schatz (SPÖ). Mit der
vorliegenden gemeinsamen Entschließung wolle man den Schritt weiter
gehen, dass es bei Missbrauch auch strafrechtlich relevante Maßnahmen
geben kann.
Die Freiheitlichen seien massiv gegen die „Messengerüberwachung“
aufgetreten und seien überzeugt, dass diese ein Irrweg sei, so Gernot
Darmann (FPÖ). Fakt sei aber, wenn es diese nun gebe, brauche es ein
scharfes Strafrecht bei Missbrauch. Die FPÖ werde daher bei der
eingebrachten Entschließung zustimmen, sich aber genau anschauen, was
letztlich konkret als Vorschlag gegen Missbrauch vorgelegt werden
wird.
Grüne fordern „Überwachungsgesamtrechnung“
Auf die Gefährder-Überwachung und andere Überwachungsmaßnahmen
gehen die Grünen-Abgeordneten Agnes-Sirkka Prammer und Süleyman Zorba
auch in einem weiteren Entschließungsantrag ein, in dem sie eine
„Überwachungsgesamtrechnung“ fordern ( 604/A(E) ). Während einzelne
Maßnahmen für sich betrachtet verhältnismäßig scheinen mögen, werde
die kumulative Wirkung mehrerer parallel eingesetzter Instrumente auf
Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht umfassend geprüft. Die
Bundesregierung solle daher alle bestehenden Überwachungsbefugnisse
in ihrer Gesamtheit auf Verhältnismäßigkeit untersuchen. Prammer und
Zorba schlagen eine strukturierte Erhebung vor zu Umfang, Zweck,
Eingriffsintensität, Datenverknüpfungen, Zahl der Betroffenen sowie
zu Verantwortlichkeiten und Sanktionsmechanismen. Darauf aufbauend
sollen Wirksamkeit, Grundrechtsschutz und gesellschaftliche
Auswirkungen umfassend evaluiert werden. Es fehle der Überblick, wenn
man sich die Frage stelle, ob die Eingriffe in die Privatsphäre immer
gerechtfertigt seien, so Prammer. Es brauche eine Gesamtrechnung, um
die Maßnahmen etwa auch verfassungsrechtlich im Gesamtbild abwägen zu
können.
Lukas Brandweiner (ÖVP) wies darauf hin, dass
Überwachungsmaßnahmen laufend geprüft und weiterentwickelt würden.
Entsprechende Evaluierungen, etwa auch hinsichtlich der Gefährder-
Überwachung, seien aus seiner Sicht abzuwarten. ÖVP, SPÖ und NEOS
sprachen sich gemeinsam für die Vertagung aus. Ines Holzegger (NEOS)
fand die Intention der Grünen für grundsätzlich unterstützenswert,
ihr fehle jedoch eine Priorisierung der Maßnahmen im Antrag, da
manche gravierender als andere seien. Werner Herbert (FPÖ)
signalisierte Unterstützung für den Antrag, zumal er eine sachliche
Evaluierung aller bestehenden Maßnahmen für sinnvoll erachte.
FPÖ für Erweiterung der Kriminalstatistik
FPÖ-Abgeordnete Gernot Darmann und Reinhold Maier fordern in
einem Entschließungsantrag, Gemeinden als kleinste geografische
Einheit in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) aufzunehmen (
620/A(E) ). Bislang werde die Kriminalität nur auf Bezirksebene
ausgewiesen. Angesichts digitaler Möglichkeiten und wachsender
Transparenzanforderungen sei eine detailliertere Darstellung
notwendig, argumentieren die Antragsteller – auch, um Kriminalität
zielgerichteter entgegenwirken zu können. Bisher dürften gewisse
Informationen etwa aufgrund von Datenschutz nicht weitergegeben
werden, bemängelte Werner Herbert (FPÖ).
Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Dreierkoalition
vertagt. Ähnlich wie Sophie Wotschke (NEOS) meinte Christian
Oxonitsch (SPÖ), dass Datenschutz und Persönlichkeitsschutz zu
berücksichtigen seien. Er glaube, dass gerade in kleinen Gemeinden
bei Veröffentlichung der Daten unter Umständen der
Persönlichkeitsschutz nicht sichergestellt werden könne. Margreth
Falkner (ÖVP) zufolge werde man den Punkt aber mitnehmen und prüfen.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) würde dem Antrag zustimmen, wie sie
sagte, zumal Transparenz auch in diesem Bereich wichtig sei und zu
mehr Sicherheit beitragen könne. Es gehe darum, mit den Daten
politisch arbeiten zu können, um daraus etwaige Schlüsse zu ziehen.
Irene Eisenhut (FPÖ) bekräftigte, die Daten seien vorhanden und
müssten nur in die Kriminalstatistik übertragen werden. Für die
politische Komponente wäre Transparenz ein guter Schritt.
FPÖ gegen „EU-Geheimdienstpläne“
In einem weiteren Entschließungsantrag, der ebenso vertagt wurde,
wenden sich die Freiheitlichen gegen medial kolportierte Pläne von EU
-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen eigenen EU-weiten
Nachrichtendienst zu gründen ( 608/A(E) ). Da dies ein
„brandgefährlicher Schritt“ in Richtung eines „EU-Zentralstaats“
wäre, fordern sie die Bundesregierung auf, im Rahmen der EU-
Institutionen gegen den „Plan eines zentralen EU-Geheimdienstes“
aufzutreten. Dieser „EU-Geheimdienst“ solle nicht nur organisatorisch
im Hintergrund, sondern auch operativ tätig und im Generalsekretariat
der Europäischen Kommission angesiedelt werden, führte Darmann im
Ausschuss aus. Solche Pläne seien nicht demokratisch legitimiert und
„unterminieren“ nationalstaatliche Kompetenzen.
Der Antrag der FPÖ habe „keine Grundlage“, erwiderte Sophie Marie
Wotschke (NEOS), da medial lediglich zu erfahren sei, dass in von der
Leyens Büro Planstellen zur Informationssammlung über die
weltpolitische Lage geschaffen würden. Die FPÖ „macht etwas zum
Thema, was keines ist“, erklärte auch Andreas Minnich (ÖVP) und warf
den Freiheitlichen vor, Angst zu schüren. Agnes Sirkka Prammer (Grüne
) sah eine Zusammenarbeit von europäischen Geheimdiensten
grundsätzlich positiv, da damit „schon vieles verhindert“ worden sei.
Die Ausgestaltung einer solchen Kooperation müsse jedoch „genau
angeschaut“ werden. (Schluss Innenausschuss) wit/mbu