Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer: Betriebe sind nicht einmal für Regelpensionsalter aufgestellt

Feldkirch (OTS) – Die Mitglieder der Hauptversammlung der
Bundesarbeitskammer (BAK)
erteilten bei ihrer 178. Tagung in Feldkirch der Forderung des IV-
Präsidenten Georg Knill nach Arbeiten bis 70 eine deutliche Abfuhr:
„Diese Forderung zeugt von völliger Unkenntnis der Bedingungen in der
Arbeitswelt“, so Renate Anderl, Präsidentin der Bundesarbeitskammer.
„Die Arbeitswelt ist in vielen Branchen nicht einmal so aufgestellt,
dass die Beschäftigten bis zum aktuellen Pensionsantrittsalter
arbeiten können. Es wäre die Aufgabe eines Unternehmervertreters,
erst einmal dafür zu sorgen.“

Der Präsident der Industriellenvereinigung habe sich kürzlich in
Medieninterviews eine ‚faktenbasierte Diskussion zum Pensionssystem‘
gewünscht. AK Vizepräsident Erwin Zangerl, Präsident der
Arbeiterkammer Tirol: „Mit Fakten können wir dienen, denn die neun
Arbeiterkammern haben einen genauen Blick auf die Arbeitswelt und die
Bedingungen unserer 4 Millionen Mitglieder.“

Hier sind die Fakten:

Es gibt rund 46.000 Betriebe ab 10 Mitarbeiter:innen, diese
Betriebe beschäftigen 3,1 Millionen Arbeitnehmer:innen, davon 137.000
zwischen 60 und 64 Jahren (100.000 Männer, 40.000 Frauen).

Ein Viertel der 25.000 mittleren und größeren Betriebe mit mehr
als 20 Mitarbeiter:innen beschäftigt keine 60- bis 64-Jährigen.

In der Branche Herstellung von Waren gibt es rund 6.200 Betriebe
mit mehr als 10 Beschäftigten, dort sind insgesamt rund 570.000
Menschen beschäftigt, davon rund 23.000 über 60 Jahre – das sind
magere 4 Prozent.

Rund 2.400 Betriebe bzw. 40 Prozent von den 6.200 Betrieben in
der Herstellung von Waren beschäftigen keinen Mann über 60, und rund
4.800 Betriebe oder 80 Prozent beschäftigen keine Frau über 60.

Zwei von fünf Personen gehen direkt aus der Arbeitslosigkeit in
Pension.

Ein Drittel der Frauen geht nicht aus der Erwerbstätigkeit in
Pension. Bei den Arbeiterinnen ist dieser Anteil noch höher. Diese
Situation droht sich durch das steigende Frauenpensionsalter zu
verschärfen.

Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert die zitierte
faktenbasierte Diskussion ein und nimmt sowohl die Betriebe als auch
die Politik in die Pflicht. „Wir brauchen unter anderem die rasche
Umsetzung des im Regierungsprogramm vorgesehenen Älteren-
Beschäftigungspaketes, alternsgerechte Arbeitsplätze, die Einhaltung
von Arbeitnehmer:innenschutzbestimmungen, damit Menschen wirklich
gesund bis 65 arbeiten können und ein Bonus-Malus-System für
Betriebe, die sich davor drücken, ältere Kolleg:innen zu
beschäftigen. Und es wäre wirklich interessant zu erfahren, wie hoch
– oder wie niedrig – der Anteil der Beschäftigten ab 60 in den
Unternehmen von Herrn Knill in Österreich ist.“