GPA-Teiber: „Arbeiten bis 70? Pensions-Fantasie der Industrie ist Albtraum der Beschäftigten!“

Wien (OTS) – Mit scharfer Kritik reagiert die Gewerkschaft GPA auf
den gestrigen
Vorstoß von IV-Präsident Georg Knill, das Pensionsantrittsalter auf
70 Jahre anzuheben. „Das ist kein seriöser Vorschlag, das ist eine
bewusste Provokation – gegen alle, die ihr Leben lang gearbeitet
haben und oft mit 60 bereits um ihre Gesundheit oder ihren
Arbeitsplatz kämpfen“, betont GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

„Das hat nichts mit Arbeitsmarktpolitik zu tun, das ist schlicht
Zynismus!“

„Wir befinden uns mitten in einer tiefgreifenden Reform: Das
Frauenpensionsalter wird schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Diese
Umstellung betrifft hunderttausende Frauen in Österreich – mit
weitreichenden sozialen und ökonomischen Folgen. Zusätzlich wurden
erst kürzlich Verschärfungen bei der Korridorpension beschlossen. Wer
jetzt schon die nächste Belastung fordert, bevor diese Maßnahmen
überhaupt vollständig greifen, handelt verantwortungslos“, so Teiber.

Dabei ist das Grundproblem weniger das gesetzliche Antrittsalter
– sondern die Realität am Arbeitsmarkt. Laut AMS ist ein Viertel der
Menschen vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter nicht mehr
erwerbstätig, sondern tritt die Pension aus der Arbeitslosigkeit oder
Krankheit an. „Wer mit über 55 den Job verliert, hat kaum mehr die
Chance auf Wiedereinstieg. Genau diese Menschen sollen dann bis 70
weiterarbeiten? Das hat nichts mit Arbeitsmarktrealität zu tun – das
ist Zynismus“, so Teiber.

Und weiter: „Wenn Herr Knill bis 70 arbeiten möchte, kann er das
selbstverständlich gerne tun. Aber bevor er das allen
Österreicher:innen zwangsverordnet, sollte er sich bewusst werden,
dass sich das aus dem TV-Studio weitaus leichter sagt als nach einer
Nachtschicht im Krankenhaus oder einem Tag auf der Baustelle!“

Dänemark als Vorbild? Nur die halbe Wahrheit

IV-Präsident Knill nennt Dänemark als Vorbild – doch dieser
Vergleich hält keiner genaueren Prüfung stand. Denn dort wird das
Pensionsalter zwar an die Lebenserwartung angepasst, aber: Das System
ist völlig anders aufgestellt. Es gibt verpflichtende
Weiterbildungsfonds der Arbeitgeber, umfassende betriebliche
Vorsorgemodelle und ein starkes staatliches Netz zur Absicherung im
Alter.

„Wenn also schon Dänemark als Vorbild genannt wird, dann bitte
dort, wo es tatsächlich Fortschritt bringt: mit verpflichtenden
Weiterbildungsfonds, großzügiger Lohnersatzleistung bei Umschulung
und gezielten Förderprogrammen für ältere Beschäftigte“, so Teiber.

Österreich habe hier durchaus Potenzial – insbesondere, was
betriebliche Weiterbildung und die gezielte Förderung von älteren
Arbeitnehmer:innen betrifft. „Wer länger arbeiten lassen will, muss
zuerst dafür sorgen, dass Menschen auch länger gesund und sicher
arbeiten können. Und dafür braucht es gezielte Investitionen – nicht
bloß Schlagzeilen.“