Fakten statt Mythen: Handelsverband entkräftet Vorwürfe der AK Tirol bei Lebensmittelpreisen

Wien (OTS) – Die öffentliche Diskussion rund um die
Lebensmittelpreise wird
zurzeit nicht von Fakten bestimmt, sondern von ideologisch
motivierten Mythen. Die jüngste Pressemeldung der AK Tirol hat der
Handelsverband zum Anlass genommen, um die gängigsten Vorwürfe zu
widerlegen.

Zwtl.: Vorwurf 1: „In Österreich gibt es keine Preistransparenz“

Die AK Tirol wirft dem österreichischen Lebensmittelhandel vor,
man wolle „davon ablenken, dass es in Österreich keine
Preistransparenz gibt“. Dies führe „zu deutlich höheren Preisen als
etwa im angrenzenden Bayern.“ Die Tiroler AK fordert nun, „für eine
Anti-Teuerungskommission und Preiskontrollen zu sorgen“.

Hier die Fakten:

Der heimische Lebensmittelhandel nimmt sinkende bzw. stagnierende
Umsätze (-3,2% inflationsbereinigt in 2022, -1,0% in 2023, +1,7% in
2024) bei einer sehr geringen tatsächlichen Rentabilität von
durchschnittlich 0,5% bis 2,5% des Umsatzes hin. Zum Vergleich: Bei
globalen Nahrungsmittelproduzenten ist die Rentabilität im Schnitt
zehnmal so hoch. Eine Anti-Teuerungskommission oder zusätzliche
Preiskontrollen würden nicht mehr Transparenz und günstigere Preise,
sondern im Gegenteil mehr Bürokratie, mehr Verwaltungsaufwand, mehr
Kosten und damit letztlich Preissteigerungen zur Folge haben.

„Der österreichische Lebensmittelhandel hat auch in Zeiten der
Rekordinflation auf eine systematische Erhöhung seiner Gewinnmargen
verzichtet, wir haben uns kein Körberlgeld verdient“ , sagt
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will . „Belastend sind für
Handelsbetriebe hingegen vor allem die steigenden Kosten für Energie,
Personal, Logistik, Mieten und Fremdkapital, die aus Rücksicht auf
die Kund:innen nicht 1:1 auf die Verbraucherpreise umgewälzt werden.
Insofern sind die Vorwürfe der AK Tirol eine unglaubliche Zumutung
für die gesamte Branche.“

Zwtl.: Vorwurf 2: „Der fehlende Wettbewerb in Österreich stellt ein
riesiges Problem dar“

Die AK Tirol wirft dem österreichischen Lebensmittelhandel vor,
der „mangelnde Wettbewerb“ sei ein „Faktor höherer Preise, zumal in
Österreich nur vier Marktteilnehmer […] über 90% des Marktes
besetzen“.

Hier die Fakten:

Der starke heimische Wettbewerb, der häufig über den Preis
geführt wird, gewährleistet Konsument:innen bestmögliche Preise und
unterstützt insbesondere Einkommensschwache – was auch die
Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) im Abschlussbericht der
Branchenuntersuchung Lebensmittel vom 03.11.2023 bestätigt. Die BWB
hat schwarz auf weiß dargestellt, dass der LEH seine Gewinnmargen
nicht erhöht und somit nicht von der Teuerung profitiert hat.

Die Teuerung bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken lag
in Österreich im Gesamtjahr 2024 mit +2,6% deutlich unter der
allgemeinen Inflation von +2,9%, der LEH hat also inflationsdämpfend
agiert. Der österreichische Lebensmittelhandel leistet einen
wesentlichen Beitrag zur Erhöhung von Lebensqualität, Wohlstand und
Nachhaltigkeit in unserem Land. Er sichert mit 8.500 Unternehmen und
9.400 Verkaufsstandorten die wohnortnahe Versorgung der rund neun
Millionen Menschen, die in Österreich leben – von den Ballungszentren
bis ins letzte Alpental.

Der tatsächliche Preisunterschied bei Lebensmitteln zwischen
Österreich und Deutschland ist deutlich geringer als häufig
kolportiert: Österreich liegt im EU-27 Lebensmittelpreisvergleich,
der auf einem Index von 100 basiert, mit 105,7 sogar hinter
Deutschland mit 106,2. Das geht aus Zahlen der europäischen
Statistikbehörde Eurostat für 2023 hervor, laut denen es allein in
Europa 13 Länder gibt, wo das Preisniveau für Lebensmittel teils
deutlich über dem österreichischen liegt.

„Der heimische Lebensmittelhandel steht für Preistransparenz und
praktiziert diese Tag für Tag über vielfältige Kanäle. Überdies hat
der BWB-Endbericht gezeigt, dass der Wettbewerb im Lebensmittelhandel
gut funktioniert. Daher gibt es auch keine sachliche Notwendigkeit
für teure regulative Eingriffe oder neue Preistransparenzdatenbanken,
welche die Endkunden-Preise nicht senken, aber den bürokratischen
Aufwand deutlich erhöhen würden“ , erklärt Rainer Will .

Zwtl.: Vorwurf 3: „In Bayern wird weniger gearbeitet, aber mehr
verdient“ als im österreichischen Lebensmittelhandel

Laut AK Tirol würden Verkäufer:innen in Bayern „um 25% (!) mehr
bezahlt“ bekommen als in Österreich. Und dies „bei gleicher Anzahl
von Feiertagen und durchschnittlich mehr Urlaub“.

Hier die Fakten:

Die durchschnittlichen Personalkosten pro beschäftigter Person
liegen im Lebensmitteleinzelhandel in Österreich laut Eurostat bei
38.050 Euro pro Kopf. Das bedeutet im EU-Vergleich Platz 2. Nur in
Belgien sind sie noch höher. Im Lebensmitteleinzelhandel liegen die
durchschnittlichen Personalkosten pro Kopf um 31% höher als in
Deutschland (28.950 Euro/Kopf) und um 59% über dem EU-Schnitt. In 25
anderen EU-Staaten sind die Personalkosten im Lebensmittelhandel
niedriger als in Österreich (Quelle HIER ).

Zwtl.: Vorwurf 4: Österreich-Aufschlag – „Lebensmittelketten versagen
bei Verhandlungen mit internationalen Konzernen“

Die AK Tirol benennt zwar den „Österreich-Aufschlag“ der globalen
Lebensmittelindustrie korrekterweise als entscheidenden Faktor für
Preisunterschiede zwischen kleinen Ländern wie Österreich und Belgien
im Vergleich mit größeren Ländern wie Deutschland und Frankreich.
Allerdings schafft sie es, selbst hier dem heimischen Handel die
Schuld zu geben. Eine klassische Täter-Opfer-Umkehr! Darüber hinaus
sei dieser Österreich-Aufschlag „vom Handel lange negiert“ worden.

Hier die Fakten:

Der Handelsverband und die heimischen Lebensmittelhändler
kritisieren die territorialen Lieferbeschränkungen – also den
„Österreich-Aufschlag“ der internationalen Nahrungsmittelindustrie –
seit vielen Jahren (Nachzulesen u.a. HIER oder HIER oder HIER ). Auch
im PLAN H, dem Forderungspapier des österreichischen Handels, zählt
das EU-weite Verbot dieser territorialen Lieferbeschränkungen zu den
Kernforderungen (siehe HIER , ab S. 33). Der Vorwurf der AK Tirol,
der österreichische Handel würde diese Form der Diskriminierung
negieren, kann daher gar nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Selbst in Brüssel ist die langjährige Botschaft des HV im Vorjahr
endlich angekommen: Im Mai 2024 hat die EU-Kommission gegenüber
Mondelez, einem der größten Konzerne der Welt, wegen derartiger
Praktiken eine Geldbuße von satten 337 Millionen Euro verhängt.

„Territoriale Lieferbeschränkungen der internationalen
Nahrungsmittelindustrie kosten die Konsument:innen in Europa jährlich
rund 14 Milliarden Euro. Die Arbeiterkammer Wien hat inzwischen
erkannt, dass der Preisunterschied bei Lebensmitteln zwischen
Österreich und Deutschland primär auf diesen Faktor zurückzuführen
ist und die heimischen Händler hier ganz klar die Opfer sind. Diese
Einsicht wünschen wir uns auch bei den Kolleg:innen der AK Tirol, um
die Bevölkerung faktenbasiert zu informieren“, erklärt
Handelssprecher Rainer Will .

Der österreichische Lebensmitteleinzelhandel stützt mit über
140.000 Arbeitsplätzen den Wirtschaftsstandort. Die vergleichsweise
hohe Filialdichte wiederum liegt bei den Menschen im Land hoch im
Kurs, denn nur dadurch wird die Nahversorgung in jeder Region
sichergestellt, trotz teilweise hochalpiner Lage.