Elektrizitätswirtschaftsgesetz: E-Wirtschaft fordert Anpassungen

Wien (OTS) – Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, und
Generalsekretärin Barbara Schmidt stellten heute die Positionen der
österreichischen E-Wirtschaft zum aktuellen Entwurf des
Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) vor. Die Branche begrüßt den
neuen Vorschlag grundsätzlich, sieht in wesentlichen Punkten aber
noch Anpassungsbedarf.

Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) liegt nun ein
zentrales Reformvorhaben vor, das weitreichende Auswirkungen auf die
E-Wirtschaft, den Wirtschaftsstandort und die österreichischen
Stromkunden hat. „Wir haben das Gesetz in den vergangenen Tagen
intensiv mit unseren Mitgliedsunternehmen diskutiert. Unsere Position
basiert auf dem Selbstverständnis, dass alle Maßnahmen im Sinne der
sicheren, sauberen und leistbaren Stromversorgung stehen. Der
Kundennutzen steht dabei im Mittelpunkt“, sagt Schmidt.

ElWG braucht rot-weiß-roten Schulterschluss
Strugl betont die langfristige Bedeutung des Gesetzes: „Das ElWG ist
eine wichtige Grundlage für die Transformation des Energiesystems in
den kommenden Jahren und Dekaden. Es ist daher wichtig, dass dieses
Gesetz möglichst funktional und effizient ausgestaltet wird. Anstelle
von Einzelinteressen, brauchen wir hier im Interesse der Wirtschaft
und des Standortes einen rot-weiß-roten Schulterschluss, der die
Kosten und Wechselwirkungen im gesamten Stromsystem im Blick behält.“

„Grundsätzlich erkennen wir im aktuellen Entwurf einen Schritt
hin zu klaren Anreizen für die Akteure im Stromsystem und mehr
Verursachergerechtigkeit. Doch nicht alles, was gut gemeint ist, ist
auch gut gemacht – das Gesetz enthält auch dysfunktionale Ansätze und
neue Belastungen für die Branche, die die Transformation des Systems
bremsen werden“, sagt Schmidt. „Oesterreichs Energie vertritt die
gesamte Elektrizitätswirtschaft – von der Erzeugung, groß und klein,
zentral und dezentral, die knapp 140 Netzbetreiber in Österreich und
die Stromhändler und -lieferanten. Wir kennen das gesamte System –
nicht nur Teile davon – und wir betrachten somit auch das Gesetz
systemisch“, so Schmidt.

Klare Fortschritte und wichtige Impulse
Positiv bewertet die E-Wirtschaft das Vorhaben die Systemeffizienz in
der Tarifstruktur künftig stärker zu berücksichtigen. Künftig soll
etwa ein flexibles Netzentgelt Anreize für netzdienliches Verhalten
schaffen. „Wer Strom netzdienlich verbraucht oder speichert,
profitiert in Zukunft durch niedrigere Netzentgelte – das ist
effizient und zeitgemäß“, unterstreicht Schmidt. Die Spitzenkappung
bei Photovoltaik- und Windanlagen ermöglicht eine bessere Auslastung
der Netze – mit minimalen Erzeugungsverlusten, aber großem
volkswirtschaftlichen Nutzen. Maßnahmen, wie die Möglichkeit der
digitalen Rechnungslegung werden dazu beitragen den
Verwaltungsaufwand zu reduzieren und den Kundenservice zu verbessern.
„Wir unterstützen diese Maßnahmen, weil sie konsequent ein Ziel
verfolgen: Unser Stromsystem effizienter und kundenfreundlicher zu
machen“, sagt Schmidt.

Belastungen und Risiken für den Investitionsstandort Österreich
Kritisch beurteilt Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der
E-Wirtschaft, hingegen den Plan Erzeuger künftig stärker an den
Netztarifen zu beteiligen. „Nur durch den Ausbau der Erzeugung können
langfristig stabile Preise und eine sichere Versorgung gewährleistet
werden“, erklärt Strugl. „Netzentgelte für Erzeuger wären ein
Rückschritt – sie bestrafen genau jene, die mit ihren Investitionen
die Grundlage für die wettbewerbsfähige und sichere Stromversorgung
von morgen schaffen.“ Durch die geplante Einführung
einspeiseabhängiger Netzentgelte für Stromerzeuger drohen
Wettbewerbsverzerrungen, Standortnachteile und ein Rückgang
inländischer Investitionen – denn die Erzeugung in Österreich ist
bereits jetzt vergleichsweise stark belastet. Zudem gibt es derzeit
in keinem unserer Nachbarländer nennenswerte Netztarife für Erzeuger.

Befreiung der Speicher von doppelten Netzentgelten
„Die Befreiung der Speicher von doppelten Netzentgelten ist ein
richtiger Schritt“, betont Strugl. Unklar ist allerdings, wann dieses
Kriterium erfüllt ist und was mit bestehenden Anlagen passiert, für
die es bisher eine Befreiung gab. Da ein marktbasierter,
systemdienlicher Betrieb wesentlich zur Integration erneuerbarer
Energien beiträgt, sollten die Kriterien dafür nicht zu eng gefasst
werden. Ein weiteres Problem sieht die E-Wirtschaft in der unklaren
Situation bezüglich bestehender Speicheranlagen. „Hier brauchen wir
dringend eine eindeutige Regelung, die einen verlässlichen
Bestandsschutz gewährleistet“, so Strugl.

Rechtssichere Stromlieferverträge statt 6-Monats-Floater
Die Einführung eines gesetzlichen Preisänderungsrechts, das die
Rechtssicherheit bei Vertragsänderungen wiederherstellen soll, wird
in der Branche bereits lange gefordert, die derzeitige Umsetzung
jedoch als problematisch beurteilt. Insbesondere die geplante
Verpflichtung zur halbjährlichen Preissenkung hätte in der Praxis
unerwünschte Effekte: Diese Regelung könnte dazu führen, dass
Halbjahres-Float-Tarife defacto zum gesetzlichen Standard erklärt
werden. „Für einen lebendigen Wettbewerb am Strommarkt brauchen wir
Wahlfreiheit – keine gesetzliche Pflicht zum Halbjahresvertrag“, sagt
Strugl. Die Regelung stehe zudem im Widerspruch zu europäischen
Vorgaben.

Sozialtarife nicht zu Lasten der Wirtschaft
Beim geplanten Sozialtarif unterstützt die E-Wirtschaft zwar eine
gezielte Unterstützung für Bedürftige, lehnt jedoch eine Finanzierung
durch die Unternehmen selbst ab. „Die
E-Wirtschaft ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst
– Energiepolitik ist aber kein probates Mittel zur Lösung sozialer
Fragen“, so Schmidt. Die Branche leistet unter anderem über den
Energiekrisenbeitrag von 200 Mio. Euro jährlich bereits jetzt
substanzielle Beiträge zu den öffentlichen Budgets. Darüber hinaus
betreiben alle großen Unternehmen eigene Sozialprogramme oder haben
Kooperationen mit Sozialeinrichtungen.

Maßnahmen, die einigen nutzen und viele belasten
Die E-Wirtschaft kritisiert weiters, dass der aktuelle
Gesetzesvorschlag neben kostendämpfenden Regelungen auch Maßnahmen
vorsieht, die einigen nutzen aber viele mit höheren Kosten belasten,
darunter Direktleitungen, Sonderregelungen für Energiegemeinschaften,
Peer-to-Peer-Verträge, Verlängerung der Abschreibungsdauern, die
Prüfung von Verkabelungsoptionen und verpflichtende Pilotprojekte bei
Erdkabeln. „Bei neuen Regelungen braucht es eine genaue Prüfung der
Kosten-Nutzen-Verhältnisse und einen fairen Ausgleich zwischen den
Beteiligten, um Belastungen für Haushalte und Unternehmen durch die
Hintertür zu vermeiden“, so Schmidt. „Wir sprechen uns für eine
ganzheitliche Betrachtung und eine systemweite Dämpfung der Kosten
aus.“

E-Wirtschaft bringt sich ein
Im Zuge der Transformation steht die Energiewirtschaft vor enormen
Herausforderungen – und großen Investitionen. „Wer Milliarden
investieren soll, braucht mehr als gute Absichten – er braucht klare,
verlässliche und wirtschaftlich tragfähige Regeln“, erklärt Strugl.
Nur durch verlässliche Rahmenbedingungen können wir die notwendigen
Mittel mobilisieren und unsere Projekte effizient umsetzen. Gerade
die Diskussionen um den EU-USA-Deal haben es wieder gezeigt: Um die
drei Ziele gleichermaßen zu erreichen müssen wir in der
Energieversorgung resilienter werden: Durch den Ausbau der
erneuerbaren Energien und die kluge Integration dieser in starke und
digitale Netze. „Wir appellieren daher an alle politischen Kräfte,
das Gesetz nun zügig zur Abstimmung zu bringen. Die Energiewirtschaft
wird diesen Prozess mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen im Rahmen
der Möglichkeiten bestmöglich unterstützen“, sagt Strugl
abschließend.