Wien (PK) – Am Beginn der heutigen Bundesratssitzung diskutierten die
Mandatarinnen und Mandatare mit Bundesministerin Eva-Maria
Holzleitner im Rahmen einer Aktuellen Stunde über das Thema
„Regierung stärkt Wissenschaftsfreiheit und Demokratie“. Die Freiheit
der Wissenschaft und Lehre sei fest in der Verfassung verankert, es
gelte diese – über die Grenzen Österreichs hinaus – zu verteidigen,
betonte Holzleitner. Österreich sei etwa ein „sicherer Hafen“ für
über 50 Forschende aus den USA geworden. Das sahen die Freiheitlichen
anders. Sie orten eine Aushöhlung der Wissenschaftsfreiheit und
staatliche Bevormundung der Forschenden durch die Bundesregierung.
Zudem befürwortete die Länderkammer teils einstimmig, teils
mehrheitlich eine Quotenregelung für das Masterstudium
Psychotherapie, das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025, EU-
Anpassungen bei Vergabeverfahren in grenzüberschreitenden
Verkehrsnetzen, die EU-weite Zusammenarbeit von Strafrechtsbehörden
sowie die Verlängerung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld
für Ukraine-Vertriebene.
Zu Beginn der Bundesratssitzung hielten die Mandatarinnen und
Mandatare eine Trauerminute für den kürzlich verstorbenen Salzburger
Landesrat Josef Schwaiger ab.
Holzleitner: Österreich sicherer Hafen für Wissenschaft und
Forschung
Wissenschaftsfreiheit sei „Grundvoraussetzung für Demokratie und
gesellschaftlichen Fortschritt“, betonte Wissenschaftsministerin Eva-
Maria Holzleitner in der Aktuellen Stunde im Bundesrat. Es gehe
darum, attraktive Rahmenbedingungen für Forschende zu schaffen und
wachsam gegenüber jeglicher Form von Wissenschaftsfeindlichkeit zu
sein. Die Freiheit der Wissenschaft und Lehre sei fest in der
Verfassung verankert, es gelte diese – mit dem Blick Richtung der
Entwicklungen in den USA – auch international zu verteidigen, so die
Ministerin. Österreich sei ein „sicherer Hafen“ für Wissenschaft und
Forschung, wodurch man bisher über 50 Forschende aus den USA für die
heimischen Universitäten und Forschungseinrichtungen gewinnen konnte.
Was die Erstellung der Hochschulstrategie 2040 betrifft, sprach
Holzleitner von drei Handlungsaufträgen. So sollen Hochschulen zu
„Bollwerken gegen Wissenschaftsfeindlichkeit“ und „Motoren für
Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt“ werden sowie soziale
Gerechtigkeit fördern. Zur Ausgestaltung der neuen Periode von
Horizon Europe – dem zentralen Förderprogramm der EU für Forschung
und Innovation – hielt die Ministerin fest, dass es dabei auch um
Fragen des Friedens und der Konfliktprävention gehen müsse.
Österreich lehne die Finanzierung von reiner Verteidigungsforschung
durch Horizon Europe „klar ab“.
Unterschiedliche Standpunkte der Fraktionen
Isabella Theuermann (FPÖ/K) widersprach in der Debatte der
Wissenschaftsministerin. Die Realität sehe anders aus. In Österreich
gebe es keine Stärkung, sondern eine Aushöhlung der
Wissenschaftsfreiheit durch „Bürokratie, links-grüne Ideologie und
politischer Bevormundung“. Die Bundesregierung spreche von
Demokratie, handle aber nach dem Prinzip, dass sich nur jene äußern
dürften, die in ihr politisches Weltbild passen würden, kritisierte
die FPÖ-Mandatarin. Es gehe um „weniger staatliche Bevormundung und
um mehr Eigenverantwortung der Universitäten“. Dem schloss sich
Klemens Kofler (FPÖ/N) an. Der Bundesrat aus Niederösterreich sprach
von einer „unendlichen Arroganz“ der Bundesregierung, zu glauben, den
alleinigen Anspruch auf die Demokratie zu haben.
Wer die Arbeit der heimischen Universitäten schlecht rede,
„gefährdet unseren Wohlstand“, hielt Stephan Auer-Stüger (SPÖ/W) der
FPÖ-Kritik entgegen. Man dürfe dieses Thema nicht zur Verunsicherung
der Menschen missbrauchen. Freie Forschung sei kein „Störgeräusch“,
„sondern der Soundtrack unseres Fortschritts und zukünftigen
Wohlstands“, so Auer-Stüger. Für Amelie Muthsam (SPÖ/N) leben
Wissenschaft und Forschung von Widerspruch und Zweifel sowie von der
Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen. In einer Zeit des „kalkulierten
Angriffs auf das Vertrauen in die Wissenschaft“ setze Österreich
konkrete Schritte zum Schutz von Wissenschaft und Demokratie. Die SPÖ
werde es nicht zulassen, Forschung zu diskreditieren, da dies „die
Grundlagen unseres Zusammenlebens“ angreife, so Muthsam.
Für Markus Stotter (ÖVP/T) kann Wissenschaftsfreiheit nur in
lebendiger Demokratie gedeihen. Beides müsse täglich gelebt und
verteidigt werden. Dabei seien eine transparente Förderpolitik, der
Schutz vor ideologischer Einflussnahme sowie die Sicherstellung der
Unabhängigkeit von Forschungseinrichtungen zentral. Neben der
Demokratie sei vor allem auch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und
Wirtschaft bedeutend, betonte Harald Himmer (ÖVP/W). Dies
funktioniere in Österreich „hervorragend“ und sei ein „wichtiges
Zukunftsfeld“.
Voraussetzung für eine starke und unabhängige Wissenschaft sei,
deren Ergebnisse als gemeinsame Entscheidungsbasis anzuerkennen –
auch im Parlament – erklärte Elisabeth Kittl (Grüne/W). Ansonsten
würden Verwirrung und Misstrauen erzeugt und autoritäre Tendenzen
genährt. Wissenschaft dürfe kein „Instrument der Macht“ werden, wie
es etwa derzeit in Ungarn geschehe.
Das sah Julia Deutsch (NEOS/W) ähnlich. Demokratie, die die
Wissenschaft nicht schütze, schwäche sich selbst. Gerade in Zeiten,
„wo in Teilen Europas an der Freiheit gerüttelt“ werde, müsse
Österreich „ein klares Zeichen für offene Unis, kritisches Denken und
Forschung ohne politische Grenzen“ setzen, so die NEOS-Mandatarin.
Quotenregelung für Masterstudium Psychotherapie
Für das Masterstudium Psychotherapie, das ab dem Wintersemester
2026/27 an zehn österreichischen Universitäten belegt werden kann,
soll mit einer Quotenregelung sichergestellt werden, dass künftig ein
ausreichendes Angebot an Absolventinnen und Absolventen für das
österreichische Gesundheitssystem zur Verfügung steht. Für die
entsprechenden Änderungen im Universitätsgesetz gab der Bundesrat
mehrheitlich grünes Licht. Finanziert werden pro Studienjahr bis zu
500 Plätze für Studienanfänger:innen.
Mehr Mitbestimmung im Erwachsenenschutz
Ebenfalls mehrheitlich befürwortet hat die Länderkammer das
Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025 . Personen, die nicht mehr
voll handlungsfähig sind und eine gerichtliche Erwachsenenvertretung
haben (ehemals „Sachwalterschaft“) erhalten künftig ein Antragsrecht
sowie deren Betreuungsumfeld eine Anregungsmöglichkeit, diese
Erwachsenenvertretung zu erneuern. Dadurch können künftig betroffene
Personen, ihre Vertretung oder Betreuende, ein „Clearing“ anstoßen,
um die aktuelle Lebenssituation zu überprüfen.
Ein von den Grünen in der Debatte eingebrachter
Entschließungsantrag, in dem eine vollständige Rücknahme der „durch
das Budgetbegleitgesetz 2025 bewirkten Verschlechterungen im
Erwachsenenschutzrecht“ gefordert wird, blieb in der Minderheit.
Weiterhin Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld für Ukraine-
Vertriebene
Vertriebene aus der Ukraine werden in Österreich über den Oktober
hinaus Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld erhalten. Allerdings
nur, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben oder zumindest beim AMS
vorgemerkt sind. Der Bundesrat hat heute den entsprechenden
Gesetzentwurf mit breiter Mehrheit befürwortet. Damit wird der
Anspruch auf die erwähnten Familienleistungen bis Ende Juni 2026
verlängert. Durch die Meldung beim AMS wollen die Koalitionsparteien
die Aufnahme bzw. Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit fördern.
Bestimmte Gruppen wie Personen über 65 Jahre oder Personen, die
erheblich behinderte Kinder betreuen müssen, sind allerdings von der
Einschränkung ausgenommen.
Keine Mehrheit erhielten zwei Entschließungsanträge der Grünen.
Sie plädierten für eine Ausweitung der Ausnahmen für ukrainische
Bezieherinnen und Bezieher von Familienbeihilfe und
Kinderbetreuungsgeld sowie für die Wiederaufnahme der ukrainischen
Kriegsvertriebenen in die Krankenversicherung.
EU-Anpassungen bei Vergabeverfahren in Verkehrsnetzen
Einstimmigkeit erzielte in der Länderkammer ein Antrag der
Dreierkoalition mit EU-Anpassungen bei Vergabeverfahren in
grenzüberschreitenden Verkehrsnetzen . Konkret betreffen die
Änderungen im Bundesvergabegesetz Vergabeverfahren bei
grenzüberschreitenden Abschnitten eines Kernnetzes bzw.
Kernnetzkorridors, wie etwa eine Eisenbahnstrecke zwischen zwei oder
mehr Mitgliedstaaten. Ein Ziel der Regelungen ist laut den
Erläuterungen, für die Durchführung derartiger Vergabeverfahren eine
„Flucht“ aus dem „unionalen“ Vergaberecht insgesamt zu unterbinden.
EU-weite Zusammenarbeit von Strafrechtsbehörden
Aufgrund eines formalen Fehlers wurde das schon vor dem Sommer
verabschiedete „Strafrechtliche EU-Anpassungsgesetz 2025“ neuerlich
eingebracht. Die Länderkammer erhob keinen Einspruch gegen den
Initiativantrag der Dreierkoalition. Mit den Regelungen soll unter
anderem den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, schneller und
effizienter Informationen über Verurteilungen von
Drittstaatsangehörigen zu erlangen. Konkret geht es dabei etwa um die
Einrichtung eines zentralisierten Systems namens „ECRIS-TCN“ (
Europäisches Strafregisterinformationssystem – Drittstaatsangehörige)
und die verpflichtende Speicherung von Fingerabdrücken. (Fortsetzung
Bundesrat) med/mbu
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