Bundesrat: Grünes Licht für Weiterbildungsbeihilfe, Pensionsanpassung 2026, EU-Rezept und EU-Patientenakte

Wien (PK) – Der Bundesrat stimmte am Schluss seiner Sitzung
mehrheitlich für die
Einführung der Weiterbildungsbeihilfe. Dabei handelt es sich um die
Nachfolgeregelung der Bildungskarenz, die im Frühjahr abgeschafft
wurde. Ebenso mehrheitlich sprachen sich die Abgeordneten für die
Etablierung des neuen Aufenthaltstitels für Grenzgängerinnen und
Grenzgänger aus.

Kein Veto der Länderkammer gab es auch für die Pensionsanpassung
2026, wonach nur Pensionen bis zu einer Höhe von 2.500 Ꞓ voll an die
Inflationsrate von 2,7 % angepasst werden. Alle übrigen Bezieherinnen
und Bezieher werden einen Fixbetrag von 67,50 Ꞓ im Monat erhalten.

Ihre letzte parlamentarische Hürde nahm zudem eine von den
Koalitionsparteien vorgeschlagene Novelle zur Vorbereitung der
Teilnahme Österreichs am europäischen Gesundheitsdatenraum. Dabei
geht es etwa um den vereinfachten Zugang zu Arzneimitteln in der EU (
EU-Rezept) und den Abruf von Patientendaten (EU-Patientenkurzakte).

Die Bundesrätinnen und Bundesräte fassten außerdem eine
einstimmige Entschließung für dringende nächste Schritte nach den
mutmaßlichen Gewalt- und Missbrauchsfällen in SOS-Kinderdörfern. In
dem gemeinsamen Antrag spricht sich die Länderkammer für eine
lückenlose Aufklärung der Vorfälle sowie für einen runden Tisch für
Verbesserungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe aus.

Verschärfte Auflagen bei Weiterbildungsbeihilfe

Die Auflagen für die neue Weiterbildungsbeihilfe , für die
jährlich 150 Mio. Ꞓ zur Verfügung stehen, wurden deutlich verschärft.
Bei Beschäftigten, die brutto zumindest die Hälfte der ASVG-
Höchstbeitragsgrundlage verdienen, wird der Arbeitgeber mindestens 15
% der Weiterbildungsbeihilfe übernehmen müssen. Für die Höhe der
Beihilfe sieht das Gesetz eine Bandbreite zwischen 40,40 Ꞓ und 67,94
Ꞓ pro Tag vor, was ein höherer Mindestsatz als bisher ist. Eine
begleitende Gesetzesnovelle stellt sicher, dass die von den
Arbeitgebern zu leistenden Zuschüsse zur Weiterbildungsbeihilfe
ebenfalls steuerfrei sind. Die Bestimmungen sollen mit Jänner 2026 in
Kraft treten

Mit dem neuen Aufenthaltstitel für Grenzgängerinnen und
Grenzgänger soll Nicht-EU-Bürger:innen, die ihren Wohnsitz in einem
Nachbarland Österreichs haben und dort über einen
Daueraufenthaltstitel mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang verfügen,
die Ausübung einer unselbständigen Erwerbsarbeit in Österreich
ermöglicht werden.

Ein während der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der
FPÖ mit dem Titel „Weiterbildungsbeihilfe zurück an den Start“ wurde
abgelehnt. Darin fordern sie einen fairen Zugang zu Weiterbildungen
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Fokus auf einer
„Qualitätsoffensive statt einem bürokratischen Kostendeckel“.

Schumann und Koalition sehen treffsicheres Nachfolgemodell der
Bildungskarenz

Sozialministerin Korinna Schumann erklärte im Plenum, dass die
Abschaffung der Bildungskarenz bereits in den Regierungsverhandlungen
zwischen ÖVP und FPÖ beschlossen worden sei. Sie zeigte sich „stolz“,
dass der Bundesregierung nun gelungen sei, ein treffsichereres
Nachfolgemodell zu schaffen. Angesichts des Wandels der Arbeitswelt
sei dies besonders für gering qualifizierte Personen besonders
wichtig. Viele hätten die Bildungskarenz genutzt, um ihre
Elternkarenz zu verlängern, so Schumann. Dies sei nun nicht mehr
möglich. Der richtige Weg für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf
und Familie sei ein Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen.
Schumann hob auch die verpflichtende Beratung durch das AMS hervor,
da dieses wisse, was der Arbeitsmarkt brauche und was den betroffenen
Personen selbst weiterhelfe. Bei der Regelung zu den Grenzgängerinnen
und Grenzgängern handle es sich um keine weitere Öffnung des
Arbeitsmarktes, da lediglich ein Personenkreis von circa 250 Personen
betroffen sei, der bereits über eine Arbeitsbewilligung verfügen
müsse, sagte Schumann.

Die Bildungskarenz sei 1998 mit dem Ziel eingeführt worden,
gering qualifizierten Personen eine Weiterbildung zu ermöglichen,
erklärte Barbara Prügl (ÖVP/O). Dies sei nach wie vor notwendig, doch
die Bildungskarenz sei am ursprünglichen Sinn vorbei und die Kosten
„durch die Decke gegangen“. Sie sei viel mehr von höher
Qualifizierten und zur Verlängerung der Elternkarenz genutzt worden.
Die neue Weiterbildungsbeihilfe treffe nun wieder „den Kern der
Sache“. Die Neuregelung für die Grenzgänger und Grenzgängerinnen sehe
vor, dass das AMS begutachten müsse, dass kein anderer auf eine
betreffende Stelle vermittelt werden könne, hielt Bernhard Ruf (ÖVP/O
) der FPÖ entgegen. Die Novelle sorge nicht für mehr Zuwanderung,
sondern schaffe Rechtssicherheit.

Die Bildungskarenz sei ein „Erfolgsmodell“ gewesen, sagte SPÖ-
Abgeordnete Verena Schweiger aus Wien – jedoch mit
„Anpassungsbedarf“. Die Weiterbildungsbeihilfe sei eine „treffsichere
Reform“ und ein „notwendiger Kompromiss“, aufgrund der „leeren
Kassen“, die die Vorgängerregierung hinterlassen habe. Erfreut zeigte
sich Schweiger über die Erhöhung der Mindestunterstützung während der
Weiterbildungszeit, weil sie genau der intendierten Zielgruppe
zugutekomme.

Die Arbeitswelt verändere sich und wer mithalten will, brauche
Chancen, sich weiterzubilden, konstatierte Julia Deutsch (NEOS/W).
Unter die Bildungskarenz habe man jedoch einen „Schlussstrich“ ziehen
müssen, da es nicht im Sinne der Steuerzahler sei, „Ausbildungen zum
Yoga-Lehrer“ zu finanzieren. Den neuen Aufenthaltstitels für
Grenzgängerinnen und Grenzgänger betrachtete Deutsch als
„pragmatische und unbürokratische“ Maßnahme gegen den
Fachkräftemangel.

FPÖ spricht von „Demotivationspolitik“

Für Manfred Repolust (FPÖ/St) bringen die Gesetzesänderungen
„mehr Bürokratie, mehr Belastungen und mehr Zuwanderung“. Was als
arbeitsmarktpolitische Modernisierungen verkauft würde, sei
eigentlich eine Umwandlung des AMS in ein „Sozialbüro“. Anstatt
Arbeitswillige zu vermitteln, würde auf „Pseudoqualifizierungen“
gesetzt, die „kaum etwas bringen“. Repolust sprach von einer
„Demotivationspolitik“. Die Neuregelung für die Grenzgängerinnen und
Grenzgänger bringe keine Fachkräfte, sondern lediglich Zuwanderung
ins Sozialsystem. Nikolaus Amhof (FPÖ/W) betonte, dass die
Regierungsparteien und die Grünen die Budgetsituation, die sie nun
beklagen würden, selbst geschaffen hätten. Nun gehe ihnen schließlich
„das Geld anderer Leute aus“.

Grüne orten „massive Verschlechterung“

Die Bildungskarenz sei „nicht unumstritten“ und nicht jede
Weiterbildung sinnvoll gewesen, schickte Simone Jagl von den Wiener
Grünen voraus. Die Menschen hätten jedoch selbst entscheiden können,
welchen Weg sie einschlagen wollen. Genau diese Freiheit würde nun
abgeschafft, da nur mehr relevant sei, welche Weiterbildung der
Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin als verwertbar ansehe. Generell
stelle die Weiterbildungsbeihilfe eine „massive Verschlechterung“ dar
– „inhaltlich, finanziell und sozial“, so Jagl. Mit 150 Mio. Ꞓ
stünden auch nur mehr ein Viertel der für die Bildungskarenz
vorhandenen Mittel zur Verfügung.

Pensionsanpassung 2026

Laut den Koalitionsfraktionen erhalten mit der Pensionsanpassung
2026 rund 71 % der Pensionistinnen und Pensionisten die volle
Inflationsabgeltung. Die Deckelung bei allen Pensionen über 2.500 Ꞓ
begründen die Koalitionsfraktionen mit der notwendigen
Budgetkonsolidierung. Um vom Grundsatz abweichen zu können, dass
Pensionen grundsätzlich an die Inflation anzupassen sind, müssen
mehrere Gesetzesmaterien geändert werden. Dazu hatte die Koalition
einen Gesetzesantrag vorgelegt, der im Sozialausschuss noch
nachgebessert wurde, um klarzustellen, dass der Anpassungsdeckel auch
auf Pensions-Neuzugänge anzuwenden ist. Laut geltender Rechtslage
steht im ersten Jahr nach Pensionsantritt grundsätzlich nur eine
Pensionserhöhung im Ausmaß des halben Anpassungsfaktors zu, das wird
auch für den Fixbetrag gelten.

Abgestellt wird bei der Erhöhung auf das jeweilige
Gesamtpensionseinkommen. Hat jemand Anspruch auf mehrere Pensionen,
werden diese zusammengerechnet. Um dabei auch sämtliche
Sonderpensionen einzubeziehen, ist eine Verfassungsbestimmung
erforderlich. Diese wurde in einem eigenen Gesetzesantrag verankert.

Die Freiheitlichen brachten dazu zwei Entschließungsanträge ein,
die in der Minderheit blieben. Einerseits fordern sie die
Bundesregierung auf, die Statistik Austria mit der Wiedereinführung
des Pensionistenpreisindex (PIPH) zu beauftragen, um sicherzustellen,
„dass die unsere Pensionisten stärker treffende Teuerung im Rahmen
des jährlichen Inflationsausgleichs berücksichtigt wird, um weitere
Anpassungen unter dem Inflationsniveau zu verhindern.“ Dieser Index
gewichte Ausgaben für Lebensmittel, Wohnen, Gesundheit und Pflege
stärker als der allgemeine Verbraucherpreisindex (VPI) und spiegle
somit die tatsächliche Inflation für Pensionistenhaushalte genauer
wider, argumentieren sie im Antrag. Andererseits spricht sich die FPÖ
für die Wiedereinführung der mit 1. Jänner 2022 abgeschafften
„Hacklerregelung“ (abschlagsfreie Pensionen mit 540 Beitragsmonaten)
aus – in „erweiterter und modernisierter“ Form.

Schumann, Koalition und Grüne betrachten Pensionsanpassung
angesichts budgetärer Lage als vertretbar

Die Pensionistinnen und Pensionisten hätten zur heutigen
Lebensqualität in Österreich beigetragen, führte Sozialministerin
Korinna Schumann aus. Diese „Lebensleistungen“ seien auch in den
Pensionen anzuerkennen. Gleichzeitig müsse auch der wirtschaftlichen
und budgetären Lage Rechnung getragen werden. Schumann zeigte sich
aber überzeigt, dass auf das österreichische Pensionssystem „Verlass“
sei und erklärte, dass es schon in den 1950er-Jahren Meldungen über
dessen angebliche Unfinanzierbarkeit gegeben habe. „Stolz“ sei sie
darauf, dass die gerade für die ältere Bevölkerung so wichtigen
Pflegekräfte nun auch in die Schwerarbeitsregelung fielen.

Franz Ebner (ÖVP/O) hätte sich eine volle Inflationsabgeltung
aller Pensionen gewünscht, wie er erklärte. Dies müsse auch der
Normalfall sein, doch sei es aufgrund der gegenwärtigen
Wirtschaftslage nicht möglich. Er dankte den Pensionistinnen und
Pensionisten für ihr Verständnis, das sie auch aufbrächten, da die
Pensionen in den letzten Jahren oft über der Inflationsrate angepasst
worden seien. Zudem sei die Anpassung auch im Verhältnis zu den
geringeren Lohnabschlüssen vertretbar, wie sowohl Ebner als auch
Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) argumentierten.

SPÖ-Abgeordneter Manfred Mertel aus Kärnten zeigte sich auch
„nicht mit allen Regelungen“ bezüglich der Pensionen einverstanden.
Es sei auch Menschen mit Pensionen in der Höhe von über 2.500 Ꞓ
schwer zu erklären, warum sie nur eine so geringe Anpassung
erhielten. Man bewege sich in einem „Spannungsfeld zwischen sozialer
Gerechtigkeit und Beitragsgerechtigkeit“, da jene mit höheren
Pensionen auch mehr in die Pensionskassen eingezahlt hätten. Mertel
plädierte jedoch für Verantwortungsbewusstsein und „staatstragendes“
Denken angesichts der Budgetsituation. Zudem müsse auch an den
„Generationenvertrag“ gedacht werden, wie Gabriele Kolar (SPÖ/St)
ergänzte. Ebenfalls mit dem Gesetzesentwurf „nicht ganz zufrieden“
war Christian Fischer (SPÖ/N). Man habe jedoch „alles getan, was
unter diesen Umständen möglich war.“

Die Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation betonte auch
Julia Deutsch (NEOS/W). In den letzten Jahren seien die Pensionen
immer über der Inflation angepasst worden, heuer werde ein
„Korrektiv“ gesetzt.

Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) betrachtete die
Anpassung, die für Planbarkeit und Verlässlichkeit im Pensionssystem
sorge, als „nachvollziehbar und sinnvoll“. Die Menschen seien bereit,
in schwierigen Situationen Beiträge zu leisten. Auch die Politiker-
Gehälter im Bund seien nicht erhöht worden, so Hauschildt-
Buschberger.

FPÖ: „Koalition der Kälte hat Pensionisten als Melkkühe entdeckt“

Auch FPÖ-Bundesrat Andreas Guggenberger aus Wien erklärte wie
Schumann, dass die Pensionistinnen und Pensionisten Österreich auf
„solide wirtschaftliche Beine gestellt“ hätten – bevor die anderen
Parteien das Land mittels COVID-19-Maßnahmen und Russland-Sanktionen
finanziell „an die Wand gefahren haben“. Guggenberger sprach von
einer „Koalition der sozialen Kälte“, die die Pensionistinnen und
Pensionisten als „Melkkühe“ entdeckt hätten. Mitte des letzten
Jahrzehnts sei noch davon gesprochen worden, dass die Migrantinnen
und Migranten die Pensionen finanzieren werden. Die Realität stelle
sich nun umgekehrt dar, so Guggenberger. Sein Fraktionskollege aus
Oberösterreich, Markus Steinmaurer, stellte die „nachhaltige
Benachteiligung“ der Pensionistinnen und Pensionisten mit den
„Geldgeschenken“ an die Ukraine ins Verhältnis und warnte vor einem
drohenden Kaufkraftverlust der älteren Bevölkerung.

Rechtliche Basis für EU-Rezept und EU-Patientenakte

Mit einer Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes und des
ASVG sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Teilnahme
Österreichs am „Europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ (EHDS)
geschaffen werden. Im Konkreten geht es etwa um die Rechtsgrundlagen
für den vereinfachten Zugang zu Arzneimitteln in der EU (EU-Rezept)
und für den Abruf von Patientendaten (EU-Patientenkurzakte). Zudem
ist die Einrichtung einer nationalen Kontaktstelle für digitale
Gesundheit vorgesehen.

Keine Mehrheit erhielt ein im Zuge der Debatte eingebrachter
Entschließungsantrag der Grünen, der auf die unverzügliche Umsetzung
der EU-Richtlinie über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames
Cybersicherheitsniveau in der Union (NIS-2-Richtlinie) abzielt. (
Schluss Bundesrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
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