Wien (PK) – Die für das neue, ab 1. September geltende,
Informationsfreiheitsgesetz notwendig gewordenen Anpassungen in 140
Gesetzen nahmen heute im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde
und wurden mehrheitlich befürwortet. Damit müssen unter anderem
staatliche Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, ab
September bereits ab einem Schwellenwert von 1.500 Ꞓ in der
Transparenzdatenbank veröffentlicht werden.
Beschlossen haben die Bundesrät:innen darüber hinaus eine
Anpassung der Geschäftsordnung des Bundesrats an die ab 1. September
geltende Rechtslage in Sachen Informationsfreiheit. Ebenso erteilten
sie einer Novellierung des Informationsordnungsgesetzes und des
Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes ihre
Zustimmung. Beide Beschlüsse fielen einstimmig.
Darüber hinaus hat – gegen die Stimmen der FPÖ – ein neues
Datenzugangsgesetz den Bundesrat passiert. In Umsetzung einer EU-
Verordnung soll der Zugang von Forscher:innen und Unternehmen zu
geschützten öffentlichen Daten erleichtert werden. Dazu wird unter
anderem eine zentrale Informationsstelle im Bundeskanzleramt
eingerichtet.
Anpassung von zahlreichen Gesetzen an das neue Grundrecht auf
Information
Im Vorfeld des Inkrafttretens des Informationsfreiheitsgesetzes
am 1. September sollen zahlreiche Gesetze an die neue Rechtslage
angepasst werden, angefangen vom Amtshaftungsgesetz über das
Epidemiegesetz bis hin zum Elektrizitätswirtschafts- und –
organisationsgesetz. Vorrangig geht es dabei darum, den Begriff der
Amtsverschwiegenheit aus den einzelnen Gesetzen zu streichen und die
neuen verfassungsgesetzlichen Vorgaben zu implementieren. In diesem
Zusammenhang werden auch einzelne Berichtspflichten neu geregelt und
datenschutzrechtliche Bestimmungen angepasst. An geltenden
Verschwiegenheitspflichten – etwa für Ärzt:innen oder
Rechtsanwält:innen – wird nicht gerüttelt. Größere Änderungen sieht
das Gesetzespaket im Transparenzdatenbankgesetz vor. So ist
vorgesehen, ab September im Transparenzportal alle staatlichen
Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, öffentlich zugänglich
zu machen, sofern sie über dem Schwellenwert von 1.500 Ꞓ liegen.
Zudem ist geplant, den Datenbestand der Datenbank um
Steuererleichterungen aller Art zu erweitern. Ebenso wird eine
Weitergabe von Daten bei Verdacht auf Fördermissbrauch gestattet.
Im Strafgesetzbuch wird der Straftatbestand „Verletzung des
Amtsgeheimnisses“ durch die neue Strafbestimmung „Verletzung einer
Pflicht zur Geheimhaltung“ ersetzt, wobei die Strafdrohung mit bis zu
drei Jahren dieselbe bleibt. Auch einige nicht mit der
Informationsfreiheit in Zusammenhang stehende Vorhaben enthält die
umfangreiche Sammelnovelle: So sollen Pflegschaftsgerichte künftig
wieder verpflichtend über die Einleitung strafrechtlicher
Ermittlungsverfahren informiert und der Quereinstieg in
landwirtschaftliche Schulen ermöglicht werden. Die Sammelnovelle fand
ebenso mehrheitliche Zustimmung wie zwei aus dem Paket getrennt dazu
vorgelegte Novellen mit Änderungen im Bankwesengesetz und im
Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetz .
Debatte über die Informationsfreiheit
Einen bedeutenden Reformschritt in Richtung Offenheit und
Transparenz sah Staatssekretär Alexander Pröll. Damit verbunden sei
eine neues Verständnis von Verwaltung und Öffentlichkeit sowie eine
neue Kultur der Transparenz.
Es wäre angebracht gewesen, allen Gemeinden – und nicht nur jenen
ab 5.000 Einwohner:innen – die proaktive Veröffentlichungspflicht
vorzuschreiben, meinte Werner Gradwohl (FPÖ/St). So könnten die
„Ortskaiser“ weiter nach Belieben schalten und walten. Zudem befand
Gradwohl eine Verschlechterung der Rechtslage bei der bisher auf
Verlangen erfolgten Veröffentlichung von Studien, Gutachten und
Umfragen, die von der öffentlichen Hand beauftragt wurden.
„Echte Transparenz“ und eine „echte unbürokratische Information
der Bürger“, forderte Herbert Kober (FPÖ/St) und kritisierte die
nunmehrige Regelung als „Alibigesetz“. So werde die
Amtsverschwiegenheit zwar formal aus der Verfassung gestrichen, in
der Praxis aber durch Ausnahmen und schwammige Bestimmungen ersetzt.
Die Informationserteilung werde zur Regel und die Geheimhaltung
zur Ausnahme, erklärte hingegen Franz Ebner (ÖVP/OÖ). Er sah darin
einen Schritt zu mehr Transparenz, Bürgernähe sowie hin zu einer
offeneren Verwaltung. Dies werde das Vertrauen in die Verwaltung
stärken, zeigte er sich überzeugt. Einen Meilenstein für „echte
Transparenz und Zukunftspolitik“ begrüßte Christoph Thoma (ÖVP/V) und
forderte die Freiheitlichen zu „konstruktiven Vorschlägen“ auf.
Einen Paradigmenwechsel und einen Meilenstein, der Transparenz
für Bürger:innen ermöglicht, das parlamentarische
Interpellationsrecht ergänzt und zur Korruptionsbekämpfung beiträgt,
sah auch Christoph Matznetter (SPÖ/W).
Es sei ein Meilenstein, dass das Amtsgeheimnis als eines der
letzten in Europa abgeschafft worden sei, betonte Elisabeth Kittl(
Grüne/W). Mit dem Gedanken einer offenen und modernen Verwaltung sei
aber nicht in Einklang zu bringen, dass Akten, die in Ministerien
entstehen, nur mit Zustimmung der ehemaligen Amtsträger:innen
eingesehen werden können, kritisierte Kittl. So müssten aktuell
Mitglieder der Bundesregierung nach dem Ausscheiden aus dem Amt ihr
Schriftgut dem Staatsarchiv übergeben. Dieses Schriftgut bleibe dann
zwischen 25 und 30 Jahren versiegelt. Mittels Entschließungsantrag,
der in der Minderheit blieb, wollte Kittl daher erreichen, dass auch
das Archivrecht an die Informationsfreiheit angepasst wird.
Sandra Jäckel (FPÖ/V) kritisierte den Sektenbericht der
Bundesstelle für Sektenfragen als „ideologisch aufgeladenen
Denunziantenkatalog“.
Anpassung der Geschäftsordnung des Bundesrats
Mit der Novellierung der Geschäftsordnung des Bundesrats tragen
die Bundesrät:innen dem Umstand Rechnung, dass die ab September
bestehende Verpflichtung, Informationen von allgemeinem öffentlichen
Interesse aktiv zu veröffentlichen, nicht nur für die Verwaltung,
sondern auch für den Bereich das Gesetzgebung gilt. In Bezug auf den
Bundesrat wird dafür der jeweilige Bundesratspräsident bzw. die
jeweilige Bundesratspräsidentin zuständig sein, wobei in
grundsätzlichen Fragen Rücksprache mit den Mitgliedern der
Präsidialkonferenz zu halten ist. Veröffentlicht werden sollen die
Informationen – analog zu den Bestimmungen für den Nationalrat – auf
der Website des Parlaments. Ergänzend dazu werden auch das
Informationsordnungsgesetz und das Parlamentsmitarbeiterinnen- und
Parlamentsmitarbeitergesetz novelliert : Dabei geht es vor allem um
Begrifflichkeiten und die Gewährleistung, dass vertrauliche und
geheime Dokumente, die das Parlament erhält, weiter entsprechend
klassifiziert werden können. (Schluss Bundesrat) pst/gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
in der Mediathek des Parlaments verfügbar