Graz (OTS) – Landwirtschaft und Naturschutz sind kein Widerspruch.
Die steirischen
Land- und Forstwirte sind weit mehr als Lebensmittelproduzenten und
Bereitsteller von nachhaltigen Rohstoffen und erneuerbarer Energie:
Sie gestalten auch die attraktive Kulturlandschaft und fördern die
Biodiversität. „Die steirischen Bäuerinnen und Bauern leisten jeden
Tag einen zentralen Beitrag zur Artenvielfalt, für gesunde Böden,
sauberes Wasser und hohe Tierwohlstandards – oft unbemerkt“,
unterstreicht Landwirtschaftskammer Steiermark-Präsident Andreas
Steinegger undbetont: „Biodiversität und Artenvielfalt werden durch
eine aktiveBewirtschaftung gewährleistet.“ Diese meist unsichtbaren
Umweltleistungen macht die Landwirtschaftskammer bei der „Woche der
Land- und Forstwirtschaft“ vom 20. bis 27. Juli direkt auf land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben in den Bezirken sichtbar. Steinegger
zu dieser Initiative: „Es braucht mehr Bewusstsein für die
Umweltleistungen der Bäuerinnen und Bauern. Wir untermauern diese
vielfach unbemerkten Leistungen mit Fakten.“
Biodiversitätsflächen erreichen 2025 einen Rekordwert . Die
steirischen Bäuerinnen und Bauern setzen freiwillig – trotz strenger
Auflagen – 25 wirksame und treffsichere Agrarumweltmaßnahmen um. „Was
unsere Bauern freiwillig für Umwelt und Artenvielfalt leisten, ist
von unschätzbarem Wert – für das ganze Land und für jeden einzelnen
von uns“, betont Steinegger . Diese Agrarumweltmaßnahmen der
heimischen Bauern sind europaweit einzigartig, sie bilden das von der
EU, dem Bund und den Bundesländern unterstützte Österreichische
Umweltprogramm ÖPUL. Dazu einige wichtige Beispiele:
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28.000 Hektar Biodiversitäts- und Naturschutzflächen. Die
speziell angelegten Biodiversitäts- und Naturschutzflächen erreichen
2025 in der Steiermark einen Rekordwert mit steigender Tendenz von
28.000 Hektar mehr als die doppelte Fläche der Stadt Graz. (2023:
20.000). Davon sind sogar 1.800 Hektar Ackerfläche mit
insektenfördernden Blühmischungen bestellt.
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Mehr als 350.000 registrierte Bäume, Büsche und Hecken als
Rückzugsräume für Insekten, Bestäuber, Vögel: Diese Biodiversitäts-
und Naturschutzflächen bieten ebenso wertvolle Rückzugsräume für
Insekten, Bestäuber und Vögel gleich wie die 315.000 punktförmigen
Landschaftselemente (Bäume und Büsche) sowie die 32.700 flächigen
Landschaftselemente wie Hecken, Unterholz, Baum- und Gebüschgruppen.
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15.000 Hektar Naturschutzflächen. Auffallend stark zugenommen
haben die Naturschutzflächen, die sich seit 2023 verdoppelt haben:
3.100 landwirtschaftliche Betriebe stellen dafür 15.000 Hektar zur
Verfügung. Hier verzichten die Bäuerinnen und Bauern gänzlich auf
mineralischen Dünger und weitgehend auf Wirtschaftsdünger. Außerdem
mähen sie deutlich später, damit sich seltenen Gräser und Kräuter
aussamen und gut vermehren können.
–
7.000 steirische landwirtschaftliche Betriebe mit 93.000 Hektar
Fläche verschreiben sich der umweltgerechten und
biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung (UBB). Sie schaffen so die
Biodiversität, verbessern die Bodenqualität und sichern die
genetische Vielfalt.
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7.700 Rinderbetriebe setzen mit 140.000 Tieren die Maßnahme
„Tierwohl Weide“ um – so bleibt unsere vielfältige und artenreiche
Kulturlandschaft erhalten.
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3.700 steirische Biobetriebe bewirtschaften nach den Regeln des
Biolandbaus 60.000 Hektar Grün- und Ackerland sowie Obst- und
Weinkulturen.
Entgegen allen Unkenrufen – bewirtschafteter Wald ist artenreich.
Die steirische Waldwirtschaft ist Forschungsvorreiter in Europa. Die
mehrjährige waldökologische Basisinventarisierung im Forstgut Pichl
mit hochmodernen Forschungstechniken und 50 Expertinnen und Experten
aus dem In- und Ausland widerlegt den Mythos artenarmer
Wirtschaftswälder. Präsident Steinegger: „Rund 3.000 Arten wurden
nachgewiesen – darunter zahlreiche Rote-Liste-Arten, Endemiten und
sogar Erstnachweise für die Steiermark.“ So wurde der Mährische
Asselfresser, eine Spinnenart, erstmals in der Steiermark belegt.
Sensationell ist der Wiederfund des Pichler Scherenspringers, eines
Pseudoskorpions, nach 80 Jahren sowie das Vorkommen der Höhlen-
Baldachinspinne, die es weltweit nur in den Ostalpen gibt.
Steinegger: „Die Daten belegen eindrucksvoll, dass bewirtschaftete
Wälder artenreich sind. Wirtschaftswälder sind wertvolle
Lebensräume.“
Vizepräsidentin Maria Pein: Ackerbauern bauen Humus auf. Böden
sind die Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion, doch
Starkniederschläge, Hitzewellen und Wetterextreme setzen unsere Böden
massiv unter Druck. „Gesunde humusreiche Böden speichern mehr Wasser,
schützen besser vor Erosionen und Trockenheit“, betont
Landwirtschaftskammer Steiermark-Vizepräsidentin Maria Pein . Genau
hier setzen unsere Ackerbauern mitverschiedenen Maßnahmen wie
beispielsweise mit Begrünungen nach derErnte an. Pein: „2.500
steirische Ackerbauern begrünen auf 24.000Hektar ihre Ackerflächen
unmittelbar nach der Ernte, verbessern sodie Böden, aktivieren das
Bodenleben, bauen Humus auf und stärken sodie Fruchtbarkeit der Böden.
“ Weiters legen 1.900 Betriebe 2.400Hektar Ackerland freiwillig still
– so schaffen sie zusätzlicheLebens- und Rückzugsräume für Insekten,
Wildtiere und Vögel.
Kammerdirektor Werner Brugner: Biodiversität hat wichtigen Platz
in der Beratung. „Die Biodiversität nimmt für die
Landwirtschaftskammer auch in der Beratung der Bäuerinnen und Bauern
einen wichtigen Platz ein“ , unterstreicht Kammerdirektor Werner
Brugner . Allein im Jahr 2024 haben die Expertinnen und Experten der
Landwirtschaftskammer 3.000 landwirtschaftliche Betriebe mit 3.000
Beratungsstunden unterstützt. Außerdem leitet die
Landwirtschaftskammer in Zusammenarbeit mit dem Land Steiermark unter
der Initiative „NaturVerbunden Steiermark“ die Arbeitsgruppe
„Landwirtschaft“. Die Arbeitsgruppe will Lösungen aufzeigen, wie
Lebensmittelproduktion und die Sicherung der Artenvielfalt Hand in
Hand gehen können.
Alexandra Frewein, Alm- und Heumilchbäuerin in Kobenz: Heu- und
Almmilch von besonders artenreichen Wiesen. „Unsere Milchkühe weiden
im Sommer auf der Alm – so erhalten wir diese artenreiche
Schatzkammer mit ihren wertvollen Kräutern und Gräsern wie zum
Beispiel Mutterkraut, Weideröschen, Frauenmantel, Johanniskraut,
Schafgarbe, Zittergras oder Wiesenstorchenschnabel“, unterstreicht
die Alm- und Heumilchbäuerin. Und weiter: „Weil wir unsere
Bewirtschaftung mit den Tieren die Almen pflegen, bleiben sie auch
für die Erholungssuchenden attraktiv.“ Frewein betreibt auch
Heuwirtschaft und beschreibt die Vorteile für die Bevölkerung so:
„Wir mähen erst dann, wenn die Gräser verblüht und ausgesamt sind,
sodass sich die wertvollen Gräser gut vermehren können. Unsere
Heumilch, die wir an die Obersteirischen Molkerei verkaufen, ist von
außergewöhnlicher Qualität.“ Die Heumilchbäuerin wünscht sich mehr
Wertschätzung für ihre Arbeit, die sie mit ihrer Familie 365 Tage im
Jahr mit großem Einsatz erledigt und gleichzeitig einen wertvollen
Lebensraum für Erholungssuchende schafft.
Alois Kiegerl ist Pionier des essbaren Naturschutzes. „
Naturschutz ist bei uns eine runde Sache “, unterstreicht Alois
Kiegerl aus Kruckenberg im Bezirk Deutschlandsberg. Seine robusten
Murbodner-Rinder – eine gefährdete Rasse, die sich bereits
stabilisiert hat – weiden auf seinen Naturschutzflächen. Im Sommer
fressen sie das Gras der Naturschutzflächen und im Winter das Heu der
Naturschutzflächen. Alois Kiegerl , der sich als Pionier des essbaren
Naturschutzes bezeichnet, betont: „Vom tierfreundlichen Stall über
die Förderung der Rasse Murbodner bis hin zur Fütterung und Haltung
ist bei uns alles stimmig.“
Peppo Reiter Haas, Hecken für Kleintiere, gesunde Böden und
Wanderimker. Auf gut 40 Hektar legen Anita und Peppo Reiter-Haas (
Direktvermarkter, Schweinehalter und Ackerbauer aus Weitendorf/Wildon
) nach der Raps-, Mais- und Kürbisernte Begrünungen an, um das
Bodenleben zu aktivieren und Humus aufzubauen. „Das ist praktisch
gelebter Erosions- und Gewässerschutz. Zudem speichert humusreicher
Boden mehr Wasser und schützt besser vor Trockenheit“, unterstreicht
Reiter-Haas , dem die Biodiversität und Artenvielfalt ein
Herzensanliegen sind. Die blühenden Kulturen sind im Herbst zudem ein
Elexier für Insekten und Nahrung für das Wild im Winter. Bereits vor
15 Jahren legte Familie Reiter-Haas eine etwa 100 Meter lange Hecke
an, die den Wald mit dem Auwald und dem Fluss Kainach verbindet – ein
wertvoller Lebensraum für Vögel, Kleintiere und Wild. Die 0,4 Hektar
große Streuobstwiese wird später gemäht, sodass die Gräser und
Kräuter aussamen und erneut aufwachsen können. Reiter-Haas: „Die
Streuobstwiese gibt auch den gesetzten Kitzen Schutz.“ Aus den alten
Apfelsorten stellt Familie Reiter-Haas Apfelsaft und Essig für den
Verkauf im Bauernladen her. Auch Wanderimker sind willkommen – die
Bienen fördern die Bestäubung bei Raps und Rapshonig wird
geschleudert.