Wien (PK) – Zur humanitären Krise im Gazastreifen sprachen sich die
Abgeordneten
heute im Außenpolitischen Ausschuss einstimmig für einen Antrag von
ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen aus. Geht es nach den Parlamentsfraktionen,
soll sich die Bundesregierung für einen ungehinderten und sicheren
Zugang für humanitäre Hilfsleistungen in den Gazastreifen und demnach
für die Einhaltung des Völkerrechts vonseiten Israels einsetzen. Der
Antrag wurde von den vier Fraktionen im Ausschuss aufgrund jüngster
Entwicklungen noch aktualisiert. So beziehen sich die
Antragsteller:innen auf humanitäre Hilfe gemäß den in den
Resolutionen der Vereinten Nationen verankerten humanitären
Grundsätzen der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und
Unabhängigkeit und unter Beteiligung der Vereinten Nationen und
anderer internationaler humanitärer Partner für die Versorgung der
dortigen hilfsbedürftigen Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigen
Gütern. Mit einem eigenen Antrag hatten die Grünen ihre Forderung
nach humanitären Hilfslieferungen für die palästinensische
Zivilbevölkerung im Gazastreifen verschärft und sich erneut für die
sofortige Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln
eingesetzt. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Dreierkoalition
vertagt.
Um bei der laufenden Autonomiereform Südtirols die deutsch- und
ladinischsprachigen Volksgruppen zu unterstützen, fassten ÖVP, SPÖ,
NEOS und Grüne zudem eine Vier-Parteien-Entschließung. Die FPÖ
wiederum warnte vor Rückschritten und machte einen erneuten Anlauf
für die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft für
Südtiroler:innen. Die entsprechenden zwei Anträge der Freiheitlichen
blieben gegen die Stimmen der anderen Parlamentsparteien in der
Minderheit. Mit den Stimmen der Dreierkoalition vertagt wurden
außerdem zwei Anträge der Grünen zu einem friedlichen
Übergangsprozess für Syrien und zur Unterstützung für Serbiens
Demokratiebewegung.
Humanitäre Hilfsleistungen nach Gaza im Fokus
Mit dem Vier-Parteien-Antrag zu Gaza geht es den
Parlamentsfraktionen etwa auch darum, dass diplomatischen Bemühungen
für einen dauerhaften Waffenstillstand unterstützt und die
Zweistaatenlösung vonseiten Österreichs weiterhin bekräftigt werden.
Auch wenn dieses Ziel derzeit weit entfernt liege, sei die
Zweistaatenlösung die beste Chance für die Bekämpfung von Extremismus
und für langfristige Sicherheit im Nahen Osten, so die gemeinsame
Haltung ( 320/A(E) ).
Mit ihrem eigenen Antrag setzten sich die Grünen auch dafür ein,
dass sich Außenministerin Beate Meinl-Reisinger für eine Aussetzung
des EU-Israel-Assoziierungsabkommens, ein Waffenembargo gegenüber
Israel und EU-Sanktionen gegen den Ausbau illegaler Siedlungen im
Westjordanland einsetzen möge. Die Oppositionsfraktion fordert zudem
diplomatisches Engagement Österreichs für eine Beendigung der
israelischen Bodenoffensive bzw. einen Waffenstillstand. Ziel solle
eine nachhaltige Friedenslösung und ein Wiederaufbau Gazas unter
einer international legitimierten Verwaltung sein. Auch die
israelische Zivilbevölkerung sollte in der Demokratie- und
Friedensarbeit unterstützt werden ( 306/A(E) ).
Durch die Verteilung der Hilfsgüter durch eine Agentur sei die
Lage im Gazastreifen noch schlimmer geworden, so Pia Maria Wieninger
(SPÖ). Die Verteilzentren würden an Orten errichtet, zu denen
Zivilist:innen durch Kampfhandlungen gehen müssten, um sie zu
erreichen. Deshalb habe man mit dem Abänderungsantrag mehr Bezug
darauf genommen, was die Beteiligung der Vereinten Nationen an der
Verteilung von Hilfsgütern betrifft. Zum Antrag der Grünen wolle man
eine Überprüfung im Hinblick auf das Assoziierungsabkommen abwarten.
Meri Disoski (Grüne) bedauerte zwar, dass der eigene Antrag vertagt
werde, meinte aber, dass er der Ansporn für den gemeinsamen Antrag
gewesen sei. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) signalisierte Zustimmung zum
Vier-Parteien-Antrag, eine Freilassung der Geiseln wäre ihr auch ein
wichtiger Punkt gewesen. Wieninger meinte dazu, der Punkt sei im
ursprünglichen Vier-Parteien-Antrag auch enthalten.
Südtirol-Autonomie: ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne sehen Reformprozess
positiv
Im Rahmen der laufenden Autonomiereform sollen die deutsch- und
ladinischsprachigen Volksgruppen in Südtirol gegenüber der
italienischen Regierung weiterhin aktiv vonseiten Österreichs in
Ausübung seiner Schutzfunktion unterstützt werden, wie aus dem
Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ, NEOS und den Grünen hervorgeht.
Zudem setzen sich die Antragsteller:innen dafür ein, von
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger über den Reformprozess laufend
informiert zu werden. Basis der Autonomiereform ist die Änderung des
sogenannten Zweiten Autonomiestatuts für Trentino-Südtirol. Eine
Einigung über einen diesbezüglichen Entwurf wurde im April zwischen
der italienischen Regierung, der Region Trentino-Südtirol und den
beiden autonomen Provinzen Trient und Bozen bereits erzielt.
Verlorene Kompetenzen etwa durch die italienische Verfassungsreform
2001 sollen demnach wiederhergestellt, jene wie beispielsweise im
Bereich des Umweltschutzes oder des Handels ausgebaut und die
Autonomie stärker abgesichert werden, heißt es im
Entschließungsantrag. Eine Schutzniveausicherungsklausel soll zudem
garantieren, dass bei künftigen Änderungen des Autonomiestatuts das
bislang erreichte Schutzniveau nicht reduziert werden kann ( 277/A(E)
).
Während das bisherige Verhandlungsergebnis zur Autonomiereform
von ÖVP, SPÖ, NEOS und den Grünen positiv bewertet wird, zeigen sich
die Freiheitlichen alarmiert und orten eine Abkehr von jenen
Autonomiestandards, die mit der Streitbeilegung zwischen Österreich
und Italien 1992 erreicht wurden. Laut dem Antrag soll die Regierung
gegenüber Italien mit Nachdruck darauf hinwirken, dass die im Jahr
1992 erreichten Autonomiestandards gewahrt bleiben und eine Rückkehr
zu diesen Standards eine verbindliche Grundlage für jede Reform des
Autonomiestatuts bildet, wie Peter Wurm (FPÖ) im Ausschuss
unterstrich ( 225/A(E) ).
In ihrem zweiten Entschließungsantrag erneuert die FPÖ zudem ihre
langjährige Forderung nach einer Doppelstaatsbürgerschaft für
Südtiroler:innen. Konkret wird von der Außenministerin ein
Gesetzesvorschlag gefordert, der den deutsch- und ladinischsprachigen
Volksgruppen die Möglichkeit gibt, zusätzlich zur italienischen
Staatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft zu
erwerben. Den Südtiroler:innen sollte so die historische Möglichkeit
gegeben werden, von „Herzensösterreichern“ zu österreichischen
Staatsbürger:innen zu werden ( 226/A(E) ). Er verstehe nicht, wieso
man davor „Angst“ habe, so Wurm. Er sehe die Südtiroler:innen als
„Landsleute“, und das Thema sei für viele ein „Herzensanliegen“.
Aus Sicht von Nikolaus Scherak (NEOS) müssten Bestrebungen zu
Südtirol auch immer im Zusammenhang mit dem Landtag in Südtirol
gesehen werden. Ausschussvorsitzende Petra Bayr (SPÖ) meinte, es gebe
dort eine große Mehrheit für den aktuellen Reformweg. Man werde
weiterhin eine Schutzfunktion ausüben, aber auf der Seite derer, die
ihre künftige Autonomie bestimmen wollen. Was die
Doppelstaatsbürgerschaft betrifft, meinte Selma Yildirim (SPÖ)
ähnlich wie Bayr, dass das Interesse der Südtiroler:innen daran
„überschaubar“ sei. Die weltweit einzige Form der Autonomie Südtirols
sei außerdem ein Vorzeigeprojekt. Das Ansinnen sei, die Entwicklungen
in Absprache mit dem Landtag in Südtirol zu unterstützen. Auch
Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) meinte, man solle nicht in
demokratische Wünsche „hineinagieren“. Aus Sicht von Meri Disoski (
Grüne) sind die Anpassungen „längst fällig“, weshalb sie beim
gemeinsamen Antrag mitgegangen sei.
Grüne für inklusiven und friedlichen Übergangsprozess für Syrien
Es brauche Druck seitens der internationalen Gemeinschaft auf
Syriens Übergangsregierung für einen nachhaltigen und inklusiven
Übergangsprozess im Land, aber auch auf jene Kräfte, die von außen
darauf einwirken, Syrien instabil zu halten, so die Grünen in ihrem
vertagten Antrag mit Verweis auf das Massaker an überwiegend
alawitischen Minderheiten Anfang März. Um die Verantwortlichen so
schnell wie möglich zur Rechenschaft ziehen zu können, plädieren die
Grünen unter anderem für eine UN-Untersuchungskommission. Unterstützt
werden sollte vonseiten Österreichs zudem der Aufbau einer
Übergangsjustiz zur Aufarbeitung der Verbrechen unter dem gestürzten
Machthaber Baschar al-Assad. Der jetzigen Übergangsregierung könnten
weitere schrittweise Sanktionsaussetzungen mit klaren Bedingungen,
wie der Achtung der internationalen Menschenrechtsnormen und des
humanitären Völkerrechts, in Aussicht gestellt werden, so
Antragstellerin Meri Disoski ( 157/A(E) ). Nikolaus Scherak (NEOS)
sprach sich für die Vertagung seitens der Dreierkoalition aus, zumal
man noch nicht wisse, wie sich die Situation in Syrien entwickle. Es
sei zu früh, hier Signale zu senden.
Grüne fordern Unterstützung für Serbiens Demokratiebewegung
Vor dem Hintergrund der Massenproteste gegen die serbische
Regierung von Alexandar Vučić sehen die Grünen Handlungsbedarf.
Abgeordnete Meri Disoski fordert etwa von der Außenministerin, sich
auf europäischer Ebene für Gespräche mit der serbischen Regierung
einzusetzen, in denen Korruptionsbekämpfung, die Umsetzung von
Rechtsstaatlichkeit und die Bestrafung von „korrupten Akteur:innen“
angesprochen werden sollen. Unterstützt werden sollten vonseiten der
EU in ihrer Rolle als Mediatorin zwischen den politischen Kräften in
Serbien auch Neuwahlen innerhalb der nächsten zwölf Monate.
Unabhängig untersucht werden soll zudem ein möglicher
Schallwaffeneinsatz gegen Demonstrierende, auch brauche es volle
Transparenz zu den Hintergründen des Einsturzes des Bahnhofsvordachs
in Novi Sad mit 15 Toten, heißt es in dem von ÖVP, SPÖ und NEOS
vertagten Antrag ( 192/A(E) ). Österreich habe viele Jahre eng mit
Serbien gearbeitet, sagte Gudrun Kugler (ÖVP). Man wolle sich daher
weniger öffentlich ausrichten, sondern vielmehr einen inneren Prozess
begleiten. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss) mbu