Wien (OTS) – GR Harald Zierfuß (ÖVP) sagte, dass er sich den
Argumenten seiner
direkten Vorrednerin anschließen möchte. Allerdings fehle ihm die
Einbindung der Opposition in bestimmte Prozesse. Weiters müsse eine
echte Demokratiestrategie konkrete Ziele erhalten und nicht nur
„schöne Wortumschreibungen“. „Wir wollen keine Strategie, die mehr
Demokratie simuliert, sondern eine Strategie, die Demokratie aktiv
partizipiert“, so Zierfuß. „Wir müssen Menschen bei Entscheidungen,
die ihr Grätzl betreffen, direkt einbinden.“ Es gebe viele
Möglichkeiten, wie die Rechte der Opposition ausgebaut werden können.
Ein prägendes Beispiel sei die Notkompetenz des Bürgermeisters, die
im Fall der Wien Energie nicht ausreichend argumentiert und erklärt
werden sei. Daher müsse gefragt werden, welche Rechte eine Opposition
denn überhaupt habe. „Nehmen Sie die Opposition, deren politische
Meinung sowie deren Rechte ernst“, forderte Zierfuß abschließend.
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) betonte, dass es einerseits
um die Strategie und andererseits auch um das Demokratieverständnis
gehe. „Wir sprechen nicht von einer Herrschaft des Volkes, wie es im
antiken Griechenland gelebt wurde“, so Arapovic. „Vielmehr geht es um
Partizipation und die Mitgestaltung des Volkes und darum, wie die
Bevölkerung im Grätzl eingebunden werden kann.“ Die Demokratie kann
nicht geschützt und besessen werden, da sie vielmehr gelebt und
diskutiert werden müsse. Weiters gelte es, auf die Demokratie durch
Ehrlichkeit, Differenz und Aufrichtigkeit in der Politik zu achten.
„Wir dürfen nicht nur Jugendliche und Kinder zu politischen Prozessen
befähigen, sondern müssen auch junge Erwachsene motivieren, an
demokratischen Prozessen teilzunehmen“, so Arapovic. Denn die
Demokratie sei ein Zustand und ein Prozess, der dort entstehe, wo
Menschen Verantwortung übernehmen, zuhören und verstehen, dass es ein
gemeinsames Größeres gebe als das Eigene. Die Strategie dient als
Einladung für alle Wiener*innen aktiv mitzumachen, betonte Arapovic.
GR David Ellensohn (GRÜNE) erklärte, dass bereits viel über die
Strategie diskutiert worden sei. Daher möchte er sich auf das Thema
Armut konzentrieren. Denn wenn die Armut wachse und parallel der
Überreichtum zunehme, dann erodiere die Demokratie. So sei es ein
Hohn, die Kürzung der Mindestsicherung als Weiterentwicklung zu
bezeichnen und zeitgleich die Steuern oder Mindestsicherung nicht zu
reformieren, kritisierte Ellensohn. Weiters würde die schwerste
Arbeit in unserer Gesellschaft meist von Hilfsarbeitern durchgeführt,
die kein Wahlrecht haben, und entsprechend werde dieser
Bevölkerungsteil auch behandelt. „Je ökonomischer schlechter gestellt
die Menschen, desto weniger beteiligen sich die Betroffenen in der
Politik“, so Ellensohn. „Denn wieso sollten sie sich beteiligen und
wählen gehen, wenn sie keine Mindestsicherung bekommen oder mit der
Höhe der Miete kämpfen.“ So viel wie über die Armut gesprochen werde,
so müsse parallel auch mit dem Überreichtum umgegangen werden.
Allerdings werde das von der FPÖ und ÖVP abgelehnt, da sie vielmehr
Parteien seien, die die Reichen schützen und nicht an einem
Verteilschlüssel interessiert seien, erklärte Ellensohn.
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) hielt fest, dass ihn die Rede
seines Vorredners sprachlos zurücklasse. Denn die Vorwürfe, dass die
arbeitende Bevölkerung falsch wähle, sprechen von einer „linken
Arroganz in reinster Form“. Es werde viel über die Bedingungen in den
USA und anderer Länder geredet. Wieso würden hingegen Instrumente,
die die Mitbestimmung der Opposition fördern, sowie demokratische
Kontrollmechanismen, wie die Reform der Untersuchungskommission,
nicht umgesetzt, fragte Krauss. „Es gibt keine Kontrollmöglichkeiten
für die Opposition und Instrumente wie die Untersuchungskommission
sind ein scheindemokratisches Kontrollwerkzeug, das gar nichts
bewirkt“, betonte Krauss. Allerdings bräuchte die echte Demokratie
diese Instrumente, denn sie lebe von Vielfalt und auch von Vertrauen
in das eigene Volk und nicht von der Überwachung, so Krauss
abschließend.
GRin Sara do Amaral Tavares da Costa (SPÖ) führte aus, dass sie
sich noch gut an ihre erste Wahl erinnere. Denn ihre Generation war
die Erste, die bereits mit 16 Jahren wählen durfte. Ein Großteil der
Wiener Bevölkerung dürfe hingegen noch nicht wählen. „Ich bin eine
von den wenigen Wienerinnen oder Wienern, die wählen darf, obwohl ich
nicht in Österreich geboren worden bin“, so Costa. „Viele Menschen in
zweiter und dritter Generation dürfen nicht wählen, obwohl sie hier
geboren worden sind, Deutsch sprechen und hier eine Ausbildung
absolviert haben.“ Der Grund dafür sei die fehlende
Staatsbürgerschaft. Das sei besonders dramatisch für viele Frauen, da
sich diese trotz mehrerer Jobs die Staatsbürgerschaft nicht leisten
können. „Wenn es tatsächlich darum geht, Menschen zu ermächtigen,
wird die FPÖ immer sehr leise“, kritisierte Costa. „Bei Wahlen muss
aber jeder Mensch ein Stimmrecht haben.“ Daher richte sich die
Demokratiestudie an alle Wiener*innen und fordere sie auf, die
Demokratie gemeinsam zu leben und zu gestalten.
GRin Mag. Caroline Hungerländer, MSc (ÖVP) konterte die Reden
ihrer Vorredner*innen damit, dass sie die Frage in den Raum stellte,
wie viele Länder in der Welt tatsächlich demokratische Prozesse
kennen würden. Der Prozentsatz der gelebten Demokratien habe sich
nicht verschlechtert. Vielmehr habe die Geburtenrate in den
demokratischen Ländern abgenommen, während sie in autokratischen
Ländern zugenommen habe. Weiters gelte es, die Verwaltungshürden auf
dem Weg zur Staatsbürgerschaft abzubauen. Es sei eine Schikane für
die Antragsteller*innen, wenn die inhaltlichen Kriterien erfüllt
seien. Trotz erfüllter Kriterien gebe es eine gewisse Zahl an
Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht annehmen
wollen. „Die Ausformulierung, dass nur Arbeitende sich nicht an dem
demokratischen Prozess beteiligen wollen, ist daher blanker
Populismus“, kritisierte Hungerländer ihren Vorredner Ellensohn (
GRÜNE). Bei der Demokratiestrategie würden sich Personen beteiligen,
allerdings sei nicht klar ersichtlich, was mit deren Meinungen im
Prozess passiert sei. So werde viel Geld in den Prozess
hineingepumpt, ohne genauen Kontext und Resultate. Bevor die
Strategie gefördert werde, müsse die SPÖ hinterfragen, wie mit den
Oppositionsparteien umgegangen werde. „Wir haben in den vergangenen
Jahren 60 Anträge gestellt und nur zwei davon wurden angenommen und
zugeteilt“, kritisierte Hungerländer. „Das zeugt nicht von
demokratischem Verständnis und auch nicht vom Interesse an der
demokratischen Teilhabe.“ (Forts.) sco