Wien (PK) – Das Günstiger-Strom-Gesetz mit seinem neuen
Elektrizitätswirtschaftsgesetz soll zwar erst morgen Donnerstag im
Nationalrat zur Abstimmung gelangen, war aber bereits in der heutigen
Nationalratssitzung Thema vieler Wortmeldungen. So betonte
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, dass es eine Frage der
Verantwortung sei, dass die Opposition morgen dem
Elektrizitätswirtschaftsgesetz zustimme und damit für günstige
Strompreise eintrete. Nur so könnten die Netzkosten in Griff
bekommen, Sozialtarife und dynamische Stromtarife eingeführt sowie
ein eigenes Paket für Betriebe ermöglicht werden. Die Abgeordneten
der Regierungsfraktionen schlossen sich diesem Appell an.
Ausgangspunkt der Debatte waren zwei Regierungsvorlagen aus dem
Energiebereich. So soll für den Krisenfall vorgesorgt werden und ein
Preisüberwachungsmechanismus für Energie geschaffen werden. Außerdem
soll das Missbrauchsverbot für den Energiesektor bis Ende 2031
verlängert werden. Beide Initiativen wurden einstimmig angenommen.
Schaffung eines neuen Preisüberwachungsmechanismus
Mit Änderungen des Preisgesetzes 1992 und des Energie-Control-
Gesetzes soll ein neuer Preisüberwachungsmechanismus für Energie
geschaffen werden. Der derzeitige Rechtsrahmen stelle sich als zu
unflexibel dar, um einen Energiekrisenmechanismus bzw. Maßnahmen bei
Missständen vorsehen zu können, ist den Erläuterungen der
entsprechenden Regierungsvorlage zu entnehmen. Daher soll im
Preisgesetz die Ausnahme von Strom und Gas gestrichen werden. Mit dem
neuen Preisüberwachungsmechanismus soll die Bundesregierung die
Möglichkeit erhalten, bei einer ungerechtfertigten Preispolitik
vorübergehend in Energiepreise einzugreifen. Eine wichtige Rolle soll
hier der E-Control zukommen. Diese soll künftig prüfen können, ob die
von Energieanbietern geforderten Preise die internationale
Preisentwicklung widerspiegeln. Stellt sie dabei Missstände in der
Form fest, dass Preise auf eine ungerechtfertigte Preispolitik
zurückzuführen sind, soll sie Vorschläge zur Behebung ausarbeiten und
die Bundesregierung darüber unterrichten. Auf Basis dieser
Erkenntnisse soll die Bundesregierung die Möglichkeit erhalten,
volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise für die Dauer von sechs
Monaten festlegen zu können, wenn der Missstand nicht durch andere
marktkonforme Maßnahmen beseitigt werden kann.
Für eine verantwortungsvolle Energiepolitik sei es wichtig,
vorausschauend für einen möglichen Krisenfall zu agieren und die
notwendigen Weichen zur Vorsorge zu stellen, betonte
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer.
Tanja Graf (ÖVP) erinnerte an die „Preisexplosionen“ in Folge der
Energiekrise 2022. Mit den Änderungen des Preisgesetzes würden die
gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um rechtzeitig im Fall einer
künftigen Energiekrise eingreifen zu können. Markteingriffe seien das
letzte Mittel und würden nur erfolgen, wenn dies wirklich notwendig
sei, betonte sie. Die Regelung würde Sicherheit für Menschen und
Betriebe bringen und werde nur im Krisenfall zur Anwendung kommen,
erklärte auch Christoph Stark (ÖVP).
Die Energiepreise seien nach wie vor zu hoch, konstatierte Alois
Schroll (SPÖ) und freute sich über die nunmehrigen Regeln gegen den
Missbrauch der Marktmacht. In Richtung der beiden
Oppositionsfraktionen appellierte der SPÖ-Energiesprecher, dem
Elektrizitätswirtschaftsgesetz angesichts des verankerten
Sozialtarifs und den daraus resultierenden günstigeren Energiepreisen
zuzustimmen.
Der freie Markt sei kein Freibrief für Übergewinne auf Kosten der
Bevölkerung, betonte Reinhold Binder (SPÖ). Handlungsbedarf sah der
Abgeordnete auf EU-Ebene für eine breite Allianz gegen den
„Österreich-Aufschlag“ und eine Neuregelung des Merit-Order-Systems.
Im Fall einer Krise brauche es Instrumente, um rasch eingreifen
zu können, erklärte auch Karin Doppelbauer (NEOS). Dies dürfe aber
nur in gut begründeten Ausnahmefällen erfolgen, betonte sie.
Lukas Hammer (Grüne) wies darauf hin, dass zum Eingriff in
Energiepreise insbesondere politischer Wille notwendig sei. Er führte
als Beispiel Oberösterreich an, wo aufgrund einer Entscheidung des
dortigen Grünen Landesrats die Fernwärmepreise vergleichsweise „nur
marginal“ gestiegen seien. Zweifel äußerte der Abgeordnete an den von
den Regierungsfraktionen erhofften Auswirkungen der Änderung des
Preisgesetzes. In der Energiekrise wären Preiseingriffe mit der
vorliegenden Regelung und deren Bedingungen eher nicht gerechtfertigt
gewesen, kritisierte er.
Paul Hammerl (FPÖ) schloss sich dieser Kritik an und sprach von
einem „Marketingschmäh“ und einer „Mogelpackung“. Für eine
ungerechtfertigte Preispolitik wären höhere Preise als das
europäische Preisniveau ausschlaggebend. In Österreich seien aber
während der Energiekrise die Preise nicht anders gewesen. Auch beim
Elektrizitätswirtschaftsgesetz hinterfragte Hammerl die von der
Regierung erhofften Auswirkungen auf die Energiepreise. Rund 250.000
Haushalte würden zwar von den Sozialtarifen profitieren, die anderen
9 Mio. Österreicherinnen und Österreicher würden aber „im Regen
stehen gelassen“. Zudem kritisierte Hammerl, dass es noch immer keine
Förderrichtlinie in Folge des Standortabsicherungsgesetzes zur
Unterstützung energieintensiver Betriebe gebe.
Missbrauchsverbot für den Energiesektor bis 2031
Das „Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur
Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden
Energieversorgern“ ist derzeit bis 31. Dezember 2027 befristet. Mit
einer Regierungsvorlage soll es nun um weitere vier Jahre bis Ende
2031 verlängert werden. Damit soll die wettbewerbsbehördliche
Durchsetzung des Missbrauchsverbots für den Energiesektor gestärkt
werden, ist den Erläuterungen zu entnehmen. So soll es weiter möglich
sein, großen Energieversorgern Einkaufs- oder Verkaufspreise oder
sonstige Geschäftsbedingungen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit
hoher Wahrscheinlichkeit nicht ergeben würden, zu untersagen.
Aus liberaler Sicht sei es notwendig einzugreifen, wenn Anbieter
die Preise von Strom, Gas und Fernwärme zu unfairen Bedingungen
weitergeben, erklärte Karin Doppelbauer (NEOS). Die Möglichkeit sei
auch angesichts der vielen wettbewerbsbeherrschenden Unternehmen in
diesem Bereich in Österreich wichtig. (Fortsetzung Nationalrat) pst
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
in der Mediathek des Parlaments verfügbar