Einladung zur Pressekonferenz und Präsentation der Ausstellung „Widerstand– Tod – Überleben“

Wien (OTS) – Das Naturhistorische Museum Wien und die
Bewusstseinsregion
Mauthausen – Gusen – St. Georgen laden am Donnerstag, dem 6. November
2025, um 15:30 Uhr zu einer Pressekonferenz in das Haus der
Erinnerung in St. Georgen an der Gusen ein.

Die „Plattform Johann Gruber“ und der „Papa Gruber Kreis“ der
Pfarre St. Georgen an der Gusen beschäftigen sich schon viele Jahre
mit der Biographie des Priesters und Pädagogen Dr. Johann Gruber, der
im April 1944 im KZ Gusen ermordet wurde. Im Zuge eines
Kunstprojektes zum Gedenken an Dr. Johann Gruber an der Privaten
Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz entdeckte der Künstler
Christian Kosmas Meyer die Fundgegenstände der archäologischen
Ausgrabungen im KZ Gusen, die heute im Naturhistorischen Museum Wien
aufbewahrt werden.

Im KZ Gusen mussten von Häftlingen von 1940 bis 1945 unter
maßgeblicher Beteiligung des polnischen Häftlings und Archäologen
Kaszimierz Gelinek archäologische Ausgrabungen durchgeführt werden.
Dabei wurden rund 200 Grüber gefunden. Ausgegraben wurden
prähistorische Funde, Funde aus der Bronzezeit, dem frühen
Mittelalter und Reste von Mammutknochen.

1942 wurde im KZ Gusen ein eigenes Museum eingerichtet und die
Fundstücke wurden ausgestellt. Dem Kapo Johann Gruber wurde die
Leitung des Museums übertragen. Die Fundgegenstände stießen auch bei
SS-Reichsführer Heinrich Himmler auf großes Interesse, er besuchte
das Museum zwei Mal. Die archäologischen Fundgegenstände wurden zur
Inventarisierung nach Wien und wieder retour geschickt. Dies nutze
Johann Gruber für Schmuggelaktionen, um im KZ ein geheimes Hilfswerk
aufzubauen, mit dem – nach Aussage von Überlebenden – etlichen
Häftlingen das Leben gerettet werden konnte.

3 Kisten mit Funden wurden Anfang Oktober 1943 vom „Ahnenerbe“ in
Pottenstein (Karsthöhle Oberfranken) eingelagert. Nach der Befreiung
durch amerikanische Truppen wurden die Kisten beschlagnahmt und nach
Bamberg transportiert, 1948 tauchten sie in der Bayerischen
Staatsbibliothek auf, 1951 wurden sie dem Naturhistorischen Museum
Wien übergeben. Hier befinden sich bis jetzt 150 Fundgegenstände.
Etliche Repliken dieser Fundgegenstände wurden im Rahmen des
Kunstprojektes „Wetterleichten am Horizont“ im Eingangsbereich der
Pädagogischen Hochschule in Linz ausgestellt.

Bei einer Exkursion in das NHM Wien mit dem Künstler Christian
Kosmas Mayer, Vertreter*innen und Interessierten der Region und der
Privaten Pädagogischen Hochschule in Linz kristallisierte sich großes
Interesse heraus, die Geschichte aufzuarbeiten. Fundgegenstände in
der Region zu zeigen und zu erklären, wie Archäologie in der NS-Zeit
zur Ideologisierung missbräuchlich verwendet wurde: die
Spätbronzezeit wurde als „heroische Vorzeit“ verherrlicht.

Die Ausstellung gibt Informationen zum „Kommando Spielberg“ und
würdigt beispielhaft vier Menschen: den österreichischen Priester
Johann Gruber sowie die polnischen Häftlinge Kazimierz Gelinek, Wl
̸adysl̸aw Gębik und Józef Eugeniusz Iwinski. Im Rahmen des
Ausstellungsprojektes wurden ein Katalog, Informationstafeln,
Kurzfilme zu den vier Biografien und ein pädagogisches
Vermittlungskonzept erarbeitet.

Zwtl.: Programm der Pressekonferenz

Begrüßung:

Bürgermeister Thomas Punkenhofer

Vorsitzender der Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St.
Georgen

Statements:

Mag. Andrea Wahl, MBA

Projektkoordinatorin, Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St.
Georgen

Zenon Kosiniak-Kamysz, Botschafter der Republik Polen in
Österreich

Dr. Katrin Vohland , Generaldirektorin und wissenschaftlichen
Geschäftsführerin, NHM Wien

Univ. Prof. Dr.in Claudia Theune, Universität Wien

Mag.a Gudrun Blohberger , Pädagogische Leiterin KZ-Gedenkstätte
Mauthausen – Gusen

Dr. Christoph Bazil , Präsident, Bundesdenkmalamt

Ort : Haus der Erinnerung, Marcel-Callo Straße 3, 4222 St.
Georgen an der Gusen

Einlass : ab 15:00 Uhr

Beginn : um 15:30 Uhr

Anschließend : Rundgang durch die Ausstellung im Haus der
Erinnerung in Gusen

Zwtl.: Zum Kontext der archäologischen Funde von Gusen

Karina Grömer, Naturhistorisches Museum Wien

Das spätbronzezeitliche Gräberfeld von Gusen im unteren
Mühlviertel gehört zu den bedeutendsten Friedhöfen der Zeit um 1.000
v. Chr. in Österreich – nicht zuletzt durch die kostbaren Beigaben
wie Keramik, Schwerter oder Bronzegefäße. Eine kostbare Bronzetasse
dient der archäologischen Forschung sogar als Typusexemplar – die
Bronzetassen Typ Gusen sind eine Leitform für eine bestimmte Zeit und
Region.

Im Jahr 1941 kamen die Überreste dieses Friedhofes durch
Erdarbeiten beim Bau einer Schleppbahn zwischen dem KZ Gusen und dem
Bahnhof St. Georgen an der Gusen wieder ans Tageslicht. Für die
Ausgrabungsarbeiten an der archäologischen Fundstelle, aber auch für
die Dokumentation wurden unter der Betreuung der damals jungen
Denkmalamtsmitarbeiterin Hertha Orel, Häftlinge des nahegelegenen
Konzentrationslager Gusen, Außenlager zu Mauthausen, herangezogen,
dies waren vor allem die polnischen Häftlinge. Der Priester Johann
Gruber erhielt ab 1942 den Auftrag zur Verwahrung und Bestimmung der
archäologischen Funde.

Priv. Doz. Dr. Karina Grömer, Direktorin der Prähistorischen
Abteilung des NHM Wien macht Folgendes nachdenklich: „ Im
menschenverachtenden System des KZ gelang es, durch Tätigkeiten rund
um die archäologischen Ausgrabungen, zumindest für einige Insassen
die Lebenssituation etwas menschlicher zu machen – die Alternative
waren die mehr oder weniger todbringende Arbeit in der
Rüstungsindustrie und in Steinbrüchen (Mauthausen Todesstiege). Der
Priester Johann Gruber nutzte die Arbeit außerhalb des Lagers vor
allem die Transporte der archäologischen Gegenstände nach Wien, um
Geld und Zigaretten für seine Hilfsaktionen zu schleusen .“

Die archäologischen Artefakte gelangten nach dem 2. Weltkrieg
nach Wien ans NHM in die Prähistorische Abteilung.

Unter dem Blickpunkt, dass die Nationalsozialisten vor allem die
Archäologie stark für die Ideologisierung der Bevölkerung in Hinblick
auf den arisch/germanischen Rassenwahn missbrauchten – gerade die
Bronzezeit galt als die heroische Zeit der Urgermanischen – ist es
nun ein versöhnlicher Aspekt, dass diese archäologischen
Ausgrabungsfunde des Gräberfeldes Gusen erstmal öffentlich mit einer
Würdigung der Häftlinge aus Gusen gezeigt werden, und auch ein
Augenmerk auf die Lebensumstände der KZ Häftlinge gelegt wird.

Zwtl.: Zum Kontext der zeitgeschichtlichen Archäologie aus zwei
unterschiedlichen Perspektiven

Claudia Theune, Universität Wien

Die Ausstellung öffnet mehrere Perspektiven auf die Archäologie
in nationalsozialistischer Zeit. Das Gräberfeld von Gusen gehört zu
den wichtigen Fundorten der Bronzezeit. Deutlich muss aber betont
werden, dass dieses Gräberfeld von Häftlingen in Zwangsarbeit
ausgegraben worden. Die Häftlinge, die teilweise archäologisch
vorgebildet waren, haben nach bestem Wissen und Gewissen die Befunde
und Funde dokumentiert.

Die Ausgrabungen standen unter der Aufsicht des Institutes für
Denkmalpflege (heute Bundesdenkmalamt) und dessen Leiter Kurt
Willvonseder, ebenfalls involviert waren Oswald Menghin (Universität
Wien) und Eduard Beninger (Naturhistorisches Museum Wien). Alle drei
waren überzeugte Nationalsozialisten und propagierten auch in der
Archäologie rassistische Ideologien und die Überhöhung der
„germanischen“ bzw. „arischen Rasse“.

Ausgrabungen in ehemaligen Opfer- und Tatorten der NS-Zeit finden
seit rund 25 Jahren in Österreich statt. Wesentliche Ausgrabungen und
Forschungen wurden unter der Leitung von Uni. Prof. Dr. Claudia
Theune, Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie,
Universität Wien in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt
durchgeführt. Die bei den Ausgrabungen gefundenen Objekte wie
Stacheldraht und Isolatoren, aber auch Porzellangeschirr aus SS-
eigenen Porzellanmanufakturen zeigen das System der Bewachung.
Einfaches bruchsicheres Geschirr, Besteck, selbstgemachte Objekte
zeigen den Überlebenswillen und Bewältigungsstrategien für ein
physischer und psychisches Überleben. Archäologische Objekte haben
das Potential, einen Einblick in die Bedingungen der Zwangslager zu
geben, welche über die wortbasierten und bildbasierten
Überlieferungen hinausgehen.

Zwtl.: Botschaft der Republik Polen

Die Aufarbeitung der Geschichte des KZ-Gusen erschließt dank der
Forschung neue Perspektive(n), die Zeit des deutschen
Nationalsozialismus‘ am Beispiel von Konzentrationslagern in
Mauthausen und Gusen zu verstehen. Es liegt an uns, wie wir uns
einsetzen werden, damit das Wissen über das KZ Mauthausen und das KZ
Gusen sowie allen anderen Außenlagern erhalten bleibt. Die Geschichte
von damals zeigt, wofür das Nazi-System stand und wie es durch Terror
und Verachtung zur Ausgrenzung des Menschen führte.

An der Gedenkstätte für NS-Opfer wird die Sorge für Bewahrung des
authentischen Ortes getragen. Es wird die Geschichte dieses Ortes und
des NS-Verbrechens dokumentiert sowie der Opfer ehrenwürdig gedacht.
Umso mehr werden die institutionelle Betreuung und Bildung gefragt,
die Erinnerung im öffentlichen Bewusstsein wach zu halten. Deshalb
bedarf die Erinnerungskultur einer gefühlvollen Zusammenarbeit in
vielen Bereichen wie z.B. Forschung, Politik, Bildung. Mit
Überzeugung haben das Staatliche Archäologische Museum in Warschau
und die Botschaft der Republik Polen in Wien zur Vorbereitung des
Ausstellungskatalogs und zur Vertiefung der österreichisch-polnischen
Forschung sowie Gedenkarbeit beigetragen. Wir sind der Meinung, dass
ein sachlicher Dialog zur gegenseitigen Verständigung verhilft. Mit
großer Hochachtung wollen wir all die Leistungen der vier Menschen
aus dem KZ Gusen, nämlich des österreichischen Priesters Johann
Gruber sowie der polnischen Intellektuellen Kazimierz Gelinek, Wl
̸adysl̸aw Gębik und Józef Eugeniusz Iwiński würdigen. Mithilfe der
Ausstellung möchten wir gemeinsam überlegen, was wir noch mehr machen
könnten, um die Wertschätzung den Männern aus dem Kommando Spielberg
gegenüber posthum zum Ausdruck bringen zu wollen.

Zwtl.: Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St. Georgen

Christoph Freudenthaler, Bürgermeister

Im Rahmen einer Exkursion ins NHM Wien und das Strafgericht Wien
der Plattform Johann Gruber ergab sich die Zusammenarbeit mit der
Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St. Georgen. Anknüpfend an
das Kunstprojekt „Wetterleuchten am Horizont“ des Künstlers Christian
Kosmas Mayer wurde gemeinsam an einer Ausstellung gearbeitet, die
Funde der Spätbronzezeit aus dem Gräberfeld in Gusen zeigt und
Einblick in das Leben in dieser Zeit gibt. Sie zeigt den Zusammenhang
mit der KZ-Ausgrabung und schildert die Bedingungen unter denen KZ-
Häftlinge Zwangsarbeit verrichten mussten. Sie gibt Informationen zum
„Kommando Spielberg“. Sie würdigt beispielhaft vier Menschen: den
österreichischen Priester Johann Gruber sowie die polnischen
Häftlinge Kazimierz Gelinek, Wl̸adysl̸aw Gębik und Józef Eugeniusz
Iwinski. Sie zeigt auf, wie Archäologie in der NS-Zeit missbräuchlich
eingesetzt wurde. Die Spätbronzezeit wurde als „heroische Vorzeit“
verherrlicht. Im Rahmen des Projektes wurden ein Ausstellungskatalog,
Informationstafeln, 4 Kurzfilme zu den Biografien und ein
pädagogisches Vermittlungskonzept erarbeitet.

Das 9. Internationale Menschenrechtefestival findet von 6. bis 9.
November 2025 statt – heuer unter dem Motto: „Dein Recht. Dein
Schutz. Deine Identität.“ Im Fokus steht Artikel 8 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte: Anspruch auf Rechtsschutz .

Das Festival bietet Workshops, Rundgänge, Ausstellungen,
Kulturveranstaltungen und Diskussionen zu aktuellen Fragen rund um
soziale Gerechtigkeit, Rechtszugang und gesellschaftliche Teilhabe.

Das genaue Programm finden Sie hier:

https://www.bewusstseinsregion.at/wp-
content/uploads/2025/07/Programmheft-Symposium-2025.pdf

Weiterführende links:

Home

Ausstellung „Widerstand– Tod – Überleben. Zu den archäologischen
Ausgrabungen des Konzentrationslagers Gusen“

Pressekonferenz und Presserundgang

Datum: 6.11.2025, 15:30 – 17:00 Uhr
Ort: Haus der Erinnerung
Marcel-Callo Straße 3, 4222 St. Georgen an der Gusen