Berlin/Frankfurt a.M./Karatschi (OTS) – 43 Bäuer*innen aus der
pakistanischen Provinz Sindh, eine der von den
verheerenden Überschwemmungen 2022 am stärksten betroffenen Regionen,
nehmen die deutschen CO2-Großemittenten RWE und Heidelberg Materials
in die Verantwortung. Mit einem heute versandten
Aufforderungsschreiben verlangen sie eine finanzielle Entschädigung
für erlittene Verluste und Schäden.
Laut dem Global Climate Risk Index ist Pakistan 2022 an erster
Stelle der zehn am stärksten durch Extremwetterereignisse betroffenen
Länder. In 2022 überschwemmte extremer Starkregen ein Drittel des
Landes für Monate und verursachte wirtschaftliche Schäden in Höhe von
bis zu 30 Milliarden US-Dollar. Mindestens 1700 Menschen wurden
getötet , 33 Millionen wurden obdachlos, kritische Infrastruktur
wurde zerstört und Ernten vernichtet. Sindh traf es am schwersten,
viele Orte standen noch über ein Jahr später unter Wasser.
Wissenschaftler*innen belegen, dass der Klimawandel die
Flutkatastrophe von 2022 deutlich verstärkt und wahrscheinlicher
gemacht hat. RWE und Heidelberg Materials haben durch ihre Emissionen
erheblich dazu beigetragen.
Zu den Anspruchsstellern gehört Abdul Hafeez Khoso, ein 42-
jähriger Landwirt aus Jacobabad. Die Überschwemmungen von 2022
verwüsteten seine Felder und vernichteten zwei Saisons lang seine
Reis- und Weizenernten. Er sagt: „Hier geht es um Gerechtigkeit. Wie
kann es gerecht sein, dass wir den Preis für eine Klimakrise zahlen,
die wir nicht verursacht haben, während große Konzerne im Globalen
Norden weiterhin Profit machen? Wer Schaden verursacht, muss auch
dafür aufkommen.“
Der Fall von Abdul und den 42 pakistanischen Bäuer*innen reiht
sich in eine Welle von rechtlichen Maßnahmen ein, die Gerechtigkeit
für die von der Klimakrise betroffenen Gemeinden erreichen wollen. Es
ist das erste Mal, dass Betroffene von deutschen Konzernen
Schadensersatz für vergangene Ereignisse verlangen. Im Mai 2025
fällte ein deutsches Gericht im Fall Saúl vs. RWE ein wegweisendes
Urteil: Großemittenten können für klimabedingte Schäden im Ausland
haftbar gemacht werden. Am 23. Oktober gehen 67 Filipinos in
Großbritannien rechtlich gegen Shell vor. Sie fordern Entschädigungen
für Häuser, Lebensgrundlagen und Menschenleben, die während des
Taifuns Odette 2021 verloren gingen.
„RWE und Heidelberg Materials wissen seit Jahrzehnten um die
Folgen ihrer Emissionen für Mensch und Umwelt. Dennoch haben sie sich
geweigert, angemessen zu handeln“ , sagt Miriam Saage-Maaß vom ECCHR.
„Die Klimakrise ist längst Realität, die Zerstörungen sind
unerträglich. Wo die Diplomatie die betroffenen Gemeinden im Stich
gelassen hat, muss das Recht eingreifen. Es ist Zeit für klare
Grenzen: Die Hauptverursacher dürfen sich ihrer Verantwortung nicht
länger entziehen.“
„Zehn Jahre nach dem Pariser Übereinkommen hat sich die
politische Katastrophe zu einer Klimakatastrophe entwickelt. Die
Lebensgrundlagen ganzer Weltregionen werden weiterhin zerstört.
Bevölkerungsgruppen, die am wenigsten für die Klimakrise
verantwortlich sind, kämpfen um ihr Überleben, wie wir aktuell in
Pakistan sehen können“, sagt Karin Zennig von medico international .
„RWE und Heidelberg Materials müssen für ihre umweltschädlichen
Praktiken zur Rechenschaft gezogen werden. Es ist Zeit für
Klimagerechtigkeit.“ Die NGO arbeitet seit 2010 mit den betroffenen
Bäuer*innen in Sindh zusammen.
RWE und Heidelberg Materials wurde nun ein Aufforderungsschreiben
zugestellt – der erste Schritt des rechtlichen Verfahrens. Der
Gesamtschaden für die 43 Anspruchsteller*innen beläuft sich auf
ungefähr 1 Millionen Euro. Sie fordern die Unternehmen auf, ihre
Verantwortung anzuerkennen und sich angemessen an den Kosten zu
beteiligen. Sollten RWE und Heidelberg Materials dies ablehnen, wird
die Klage im Dezember vor einem Zivilgericht eingereicht.
Hinweise für die Redaktion
– Weitere Informationen zu diesem Fall finden Sie hier .
– Mehr über die Arbeit von medico international zu Klimagerechtigkeit
finden Sie hier .
– Mehr über die Arbeit des ECCHR zu Klimagerechtigkeit finden Sie
hier .
– Der Fall wird von den Menschenrechtsorganisationen medico
international und ECCHR sowie den pakistanischen Organisationen HANDS
Welfare Foundation und National Trade Union Federation (NTUF)
unterstützt. Die Anspruchsteller*innen werden von den Rechtsanwält*
innen Roda Verheyen und John Peters vertreten.