Wien (PK) – Die 151. Versammlung der Interparlamentarischen Union
(IPU) stand im
Zeichen humanitärer Verantwortung und internationaler
Rechtsstaatlichkeit. Über 700 Parlamentarierinnen und Parlamentarier
aus aller Welt tagten vom 19. bis zum 23. Oktober 2025 in Genf, um
Wege zur Stärkung des humanitären Völkerrechts und zur Förderung
humanitärer Hilfe zu beraten. Diese Themen bildeten auch den
Schwerpunkt der von der IPU verabschiedeten Abschlussdeklaration.
Darüber hinaus nahmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine
Resolution zum Schutz der Opfer illegaler internationaler Adoptionen
an sowie eine Dringlichkeitsresolution zur Bekämpfung transnationaler
organisierter Kriminalität und hybrider Bedrohungen. Die
österreichische Delegation bestand aus den Nationalratsabgeordneten
Barbara Kolm (FPÖ), Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), Petra Bayr (SPÖ)
und Meri Disoski (Grüne).
IPU unterstreicht Bedeutung humanitärer Normen
Unter dem Generalthema „Upholding humanitarian norms and
supporting humanitarian action in times of crisis“ widmete sich die
Generaldebatte der zunehmenden Verletzung humanitärer Normen in
weltweiten Konflikten. Laut den Vereinten Nationen sind derzeit über
120 bewaffnete Auseinandersetzungen im Gange, mehr als 122 Millionen
Menschen gelten als Vertriebene, und rund 310 Millionen sind auf
humanitäre Hilfe angewiesen. Besonders betroffen seien Frauen und
Mädchen, die in Krisengebieten überproportional unter Gewalt, Hunger
und fehlender medizinischer Versorgung leiden.
In ihrer dazu verfassten Abschlusserklärung bekräftigt die IPU
ihren Einsatz für den Schutz des humanitären Völkerrechts. Die
Erklärung erinnert an die Genfer Konventionen und ihre
Zusatzprotokolle als Kern des internationalen Rechtsrahmens und
betont, dass deren Bestimmungen unter allen Umständen einzuhalten
sind. Zudem betont sie die Bedeutung humanitärer Hilfsaktionen und
unterstreicht die Notwendigkeit ihrer ausreichenden Finanzierung. Die
Parlamentarierinnen und Parlamentariern erklären in der Deklaration
unter anderem, dass sie die Regelungen des humanitären Völkerrechts
in nationales Recht überführen, Verstöße dagegen konsequent verfolgen
und sicherstellen wollen, dass militärische Ausbildung,
Rüstungsentscheidungen und Auslandseinsätze den humanitären
Verpflichtungen ihrer Staaten entsprechen.
Resolution über illegale internationale Adoptionen
Die IPU verabschiedete zudem eine Resolution über die Anerkennung
und Unterstützung der Opfer illegaler internationaler Adoptionen.
Darin werden sie als Form des Menschenhandels und als schwere
Verletzung der Kinderrechte bezeichnet, die schwerwiegende
psychologische Folgen für die betroffenen Kinder, aber auch für die
biologischen Eltern und die Adoptiveltern verursachen. Die Resolution
betont die Verantwortung der Staaten, die Wahrheit über vergangene
Fälle aufzudecken, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu ermöglichen
und sicherzustellen, dass legale Adoptionen nicht stigmatisiert
werden.
Staaten und Parlamente werden aufgerufen, Betroffene illegaler
Adoptionen als Opfer anzuerkennen, ihnen Zugang zu Gerechtigkeit und
Unterstützung zu gewähren sowie nationale Rechtsvorschriften und
internationale Kooperationen gegen illegale Adoptionen zu stärken.
Zudem fordert die IPU eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinten
Nationen, dem Internationalen Strafgerichtshof und einschlägigen
Organisationen, um künftige Menschenrechtsverletzungen dieser Art zu
verhindern.
Dringlichkeitsresolution zu hybriden Bedrohungen und
transnationaler organisierter Kriminalität
In ihrer Dringlichkeitsresolution ruft die IPU Parlamente
weltweit dazu auf, entschlossen gegen organisierte und digital
vernetzte Kriminalitätsformen vorzugehen. Anlass sei die wachsende
Verflechtung von Drogenhandel, Menschenhandel, Geldwäsche, und
hybride Bedrohungen, die demokratische Institutionen und den
Rechtsstaat untergraben. Sie äußert sich zutiefst besorgt über
koordinierte Cyberangriffen, Sabotage kritischer Infrastrukturen,
Spionage und gezielte Desinformation durch staatliche und
nichtstaatliche Akteure. Sie verurteilt Einflussoperationen dieser
Art ebenso wie Luftraumverletzungen als Mittel der Einschüchterung
und Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten.
Die IPU zeigt sich zudem alarmiert über die von den Vereinten
Nationen dokumentierte Ausweitung sogenannter „Scam Compounds“ in
Südostasien, in denen hunderttausende Menschen aus mehr als 70
Staaten zur Begehung von Online-Betrugsdelikten gezwungen werden. Die
Resolution fordert die Mitgliedsparlamente etwa dazu auf, ihre
nationalen Rechtsrahmen an internationale Standards anzupassen und
Zwangsarbeit in Cyberbetrugsstrukturen unter Strafe zu stellen. Sie
bekräftigt die Notwendigkeit internationaler Kooperation sowie einer
strengeren Regulierung von Kryptowährungen und Finanzflüssen zur
Eindämmung illegaler Geldströme.
Österreichs Delegation sieht humanitäre Verantwortung und
internationale Zusammenarbeit als Leitmotive
„Seit siebzig Jahren steht Österreichs immerwährende Neutralität
für aktives Engagement, Dialog und humanitäre Verantwortung – als
Brücke der Verständigung in einer Welt zunehmender Spannungen“,
erklärte Delegationsleiterin und FPÖ-Abgeordnete Barbara Kolm in
ihrer Rede bei der Generaldebatte. „Nur durch Zusammenarbeit,
Arbeitsteilung und institutionelle Offenheit können wir Stabilität,
Wohlstand und nachhaltiges Wachstum sichern – wie die
Nobelpreisträger Hayek, Phelps und jüngst 2025 Mokyr, Aghion und
Howitt festhalten.“
ÖVP-Mandatarin Carmen Jeitler-Cincelli betonte im Rahmen der
Versammlung, dass die Teilnahme an der IPU-Konferenz die wertvolle
Gelegenheit biete, „gemeinsam mit internationalen Partnern Wege zu
finden, Frieden zu fördern und damit langfristige Stabilität und
wirtschaftliche Entwicklung zu sichern“. Gerade in einer global
vernetzten Welt zeige sich, wie entscheidend Dialog, Zusammenarbeit
und gemeinsame Verantwortung sind.
„Humanitäres Völkerrecht ist kein Idealismus – es ist Realismus“,
konstatierte Petra Bayr (SPÖ) als Rednerin in einem Panel zum Thema
Humanität in Kriegszeiten. Ohne Grenzen zerstöre Krieg nicht nur
Leben, sondern auch das moralische Fundament unserer Gesellschaften.
„Gerade jetzt müssen wir in Empathie und Überzeugung vereint bleiben,
um die humanitären Errungenschaften zu verteidigen, die menschliches
Leben und Würde schützen“, appellierte Bayr.
„Die 151. IPU-Versammlung findet mitten in Zeiten der Polykrise
statt: Energieengpässe, Klimawandel, globale Konflikte, wachsende
Ungleichheit, Desinformation und die Bedrohung durch nukleare
Aufrüstung“, betonte Grünen-Abgeordnete Meri Disoski im Rahmen der
Versammlung. „In Genf diskutieren wir, wie Parlamente Verantwortung
übernehmen, Kontrolle schaffen und Sicherheit auch feministisch
gestalten können – nur so lassen sich Demokratie, Menschenrechte und
globale Stabilität schützen.“
Über die IPU
Die 1889 gegründete IPU versteht sich als Weltorganisation aller
nationalen Parlamente. Sie fördert die Zusammenarbeit und den
Erfahrungsaustausch unter Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus
nunmehr 183 Staaten und trägt Debatten über aktuelle Fragen
internationaler Bedeutung aus. Dazu werden Resolutionen
verabschiedet, die als politische Impulse dienen sollen. Es besteht
eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, um Parlamente
aktiv in die Erarbeitung und Erfüllung internationaler
Verpflichtungen einzubinden. (Schluss) wit