Sitzung des NÖ Landtages

St. Pölten (OTS) – Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13
Uhr unter dem
Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zu einer Sitzung zusammen.

Zu Beginn fand die Angelobung des Abgeordneten zum Landtag
Christoph Müller (Neos) statt. Müller wurde auf das freiwerdende
Mandat von Mag. Helmut Hofer-Gruber (Neos) berufen, der das ihm
zugewiesene Mandat mit Ablauf des 22. Oktober 2025 zurücklegte.

Im Anschluss fand eine Aktuelle Stunde zum Thema „ für eine
starke Kinderschutzpolitik – Lehren aus dem aktuellen Urteil“ statt.

Abgeordneter Andreas Bors (FP) brachte die Meinung der
Antragsteller dar und bezeichnete das Urteil im Fall der
zwölfjährigen Anna als zutiefst erschütternd und massiven Fehlgriff.
Es habe das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat schwer
beschädigt, so Bors. Es brauche eine klare und kompromisslose
Kinderschutzpolitik. Der Fall Anna sei auch das Ergebnis einer
verfehlten Migrationspolitik. Weiteres konstatierte er, dass es bei
Schöffenverfahren keiner schriftlichen Begründung für ein Urteil
bedürfe, deshalb seien Urteilssprüche nicht nachvollziehbar. Die FP
fordere deshalb eine Begründungspflicht für alle Strafurteile,
insbesondere bei Sexualdelikten gegen Minderjährige. Der Abgeordnete
sprach zudem von massiven Mängeln seitens der Bundesregierung bei der
Sicherheitspolitik, wo Kinderschutz beginne. Auch mangelnde
Ausstattung und enormen Druck bei den Justizbehörden führte er an. Es
gebe zu wenig Personal, Verfahren würden zu lange dauern. Wer eine
funktionierende Rechtsstaatlichkeit wolle, müsse die Justiz
dementsprechend stärken.

Abgeordnete Mag. Indra Collini (Neos) erklärte, gerade weil die
Emotionen in diesem Fall so groß seien, habe man als Abgeordnete die
Pflicht, sachlich und lösungsorientiert zu bleiben und nicht
Schlagzeilen zu produzieren, was sie der FP ankreidete. Die Partei
handle fahrlässig, weil sie Ängste produziere. Ihrem Vorredner
unterstellte Collini Fehlaussagen zur Justiz, denn auch, wenn das
Urteil im Fall der zwölfjährigen Anna unverständlich sei, sei es
juristisch erklärbar. Das Urteil zeige aber, so die Abgeordnete, dass
das Sexualstrafrecht nicht mehr zeitgemäß sei. Collini führte zudem
aus, die meisten Missbrauchsfälle würden nicht „Fremde im Park“
verüben, sondern diese würden im familiären Umfeld passieren, auch in
Betreuungseinrichtungen und Vereinen gebe es häufig Vorfälle. Eine
neue Gefahr sei auch der digitale Raum. Man müsse deshalb ein ganzes
Bündel an Maßnahmen zum Kinderschutz schnüren – von der Prävention
über die Früherkennung bis zu Gesetzen und Justiz. Zudem müsse man
die Kinder- und Jugendhilfe stärken, es brauche mehr verpflichtende
Schulungen sowie bessere Zusammenarbeit und Schnittstellen ebenso wie
mehr Gewaltschutzambulanzen. Wirksame Kinderschutzpolitik könne man
nicht nur auf klarere Gesetze und Schutz der Opfer machen, sondern
man müsse sich auch die Täter anschauen. Sexualstraftaten seien hart
zu bestrafen. Ziel müsse aber sein, dass diese erst gar nicht
passieren.

Klubobfrau Dr. Helga Krismer-Huber (Grüne) sagte, die
Freiheitlichen würden zum wiederholten Male die Justiz angreifen und
seien mit ihrem Verhalten demokratiefeindlich. Sie sei froh, dass
Justizministerin Zadic damals die Justiz gestärkt habe. Wenn man die
Schlagzeilen rund um Vergewaltigungen lese, löse dies natürlich
Emotionen aus und man habe Bilder im Kopf. Man müsse den Kinderschutz
stärken, sie richtete den Appell eine „ordentliche Resolution“ an den
Bund zu richten. Es sei wichtig, Kinderschutz ernst zu nehmen und
Kinder zu schützen – auch im virtuellen Raum.

Abgeordnete Doris Hahn, MEd MA (SP) sagte, dass es in diesem Saal
niemanden gebe, den das Szenario der Vergewaltigung einer 12-Jährigen
nicht erschüttere. Ihr gehe es aber nicht darum, über die Herkunft
der Täter zu reden, sondern dass die Systeme beim Schutz eines Kindes
versagt hätten und die Täter unbestraft blieben. Man müsse sich
fragen, was unter Umständen falsch gelaufen sei. Und sie fordere
konkrete Konsequenzen im Sinne einer Gesetzesänderung. Das gemeinsame
Ziel müsse es sein, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Kinder
sicher seien. Kinderschutz dürfe nicht beginnen, wenn ein Kind
gefährdet sei, sondern müsse früher angesetzt werden. Daher fordere
sie einmal mehr eine kostenlose ganztägige Kinderbetreuung ab dem
ersten Lebensjahr, den Ausbau des Mutter-Kind-Passes und der
Kinderpsychologie. Kinderschutz dürfe keine parteipolitische
Spielweise sein, sondern brauche fraktionsübergreifende
Zusammenarbeit.

Abgeordneter Christian Brenner (FP) unterstrich, dieser konkrete
Fall zeige auf erschütternde Weise was passiere, wenn der Rechtsstaat
versage. Man erlebe Verbrechen, wie man sie vor zehn Jahren noch
nicht gekannt habe, größtenteils handle es sich um „importierte
Gewalt“. Es dürfe sich niemand wundern, wenn die Bevölkerung empört
sei und dieses Urteil als „Schandurteil“ bezeichne. Denn wer Kindern
oder Jugendlichen Gewalt antue, dürfe nicht mit milden Urteilen
davonkommen.

Kinder müssten wissen, was „Nein“ heiße und, dass ihr „Nein“ auch
zähle. Man müsse in Schulen und Kindergärten genau hinschauen,
Lehrkräfte und Sozialarbeiter schulen und die Warnsignale erkennen.
Der Schutz beginne vor Ort, dort, wo Kinder leben, lernen und
vertrauen. Es könne nicht sein, dass Menschen, die schwere Straftaten
vollbringen, weiter in Österreich leben. Es brauche Entscheidungen
und Taten.

Abgeordnete Silke Dammerer (VP) zeigte sich zutiefst erschüttert
über das besagte Urteil; dieses widerspreche ihrem
Gerechtigkeitssinn. Es sei ein schwerer Schlag für die Betroffenen
und ein beunruhigendes Signal. In einem Rechtsstaat wie Österreich
dürfe der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen nicht verhandelbar
sein. Wenn die Würde eines Menschen verletzt sei, brauche es klare
Antworten des Rechtsstaats. Man müsse offen und ehrlich über Reformen
im Sexualstrafrecht sprechen. Man dürfe das Vertrauen in den Staat,
seine Gesetze und seinen Schutz nicht verspielen. Es brauche
Konsequenzen für alle. Die Abgeordnete sprach sich für erhöhte
Auflagen für verurteilte Straftäter sowie Resozialisierungs-
verknüpft mit Therapieprogrammen aus. Bei Rückfall oder
Wiederholungsgefahr brauche es eine enge Überwachung oder
Unterbringung in spezialisierten Einrichtungen. Gewaltschutz beginne
schon bei der Prävention, Strafe allein reiche nicht aus. Man müsse
verhindern, dass Jugendliche zu Tätern und später zu
Wiederholungstätern werden.

Es folgte eine weitere Aktuelle Stunde zum Thema „Gesundheit darf
keine Frage der Postleitzahl sein – für eine gemeinsame
Gesundheitsregion Ost!“.

Abgeordnete Mag. Karin Scheele (SP) führte aus, dass der Titel
der Aktuellen Stunde einfach, schnell und klar erklärt sei: Man kenne
die Diskussionen, die es seit längerem in der Region gebe. Es brauche
eine Gesundheitsversorgung, die nicht an den Landesgrenzen Halt
mache. Man brauche eine gemeinsame Gesundheitsregion Ost. Gerade
Niederösterreich und Wien seien geprägt von einem starken
Bevölkerungszuwachs und einem Mangel an qualifiziertem
Gesundheitspersonal. Aus dieser Situation sollte man Synergien
schaffen und dafür sorgen, dass die Postleitzahl keine Rolle mehr in
der Gesundheitsversorgung spiele. Die rechtliche Situation sei
nämlich, dass das Wohnsitzbundesland für die Versorgung und die
Planung der Versorgung der eigenen Wohnbevölkerung zuständig sei.
Wenn man den Eigenversorgungsgrad für die Niederösterreicher nicht
erhöhe, dann liege es in unserem Interesse, Synergien zu nutzen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Franz Dinhobl (VP) betonte, dass es eine
lang gelebte Praxis sei, dass Wien und Niederösterreich
länderübergreifend Gesundheitsversorgung durchführen. Das sei auch im
Finanzausgleichsgesetz abgebildet. Es sei der Fall, dass
Behandlungen, die in Niederösterreich nicht durchgeführt werden
könnten, in Wien durchgeführt werden, weil dort die Spezialisten
gebündelt seien. Nichts anderes mache man mit dem Gesundheitsplan
2040+, wo man auf Spezifikationen Rücksicht nehme, Schwerpunkte setze
und Behandlungen nur an wenigen Standorten durchführe, wo man sie
auch auf höchster Qualität durchführen könne. Viele andere
Bundesländer würden Niederösterreich darum beneiden. Er meinte
weiters, es sei sinnvoll, dass in einem föderalen Staat wie
Österreich ein Ausgleich zwischen den Bundesländern Wien und
Niederösterreich stattfinde. Weiters sei das Krankenanstaltengesetz
der Stadt Wien vermutlich nicht verfassungskonform, da Wiener
Patientinnen und Patienten bevorzugt würden.

Abgeordnete Mag. Edith Kollermann (Neos) sagte, dieses Gespräch
zwischen Wien und Niederösterreich sei ein erster wichtiger Schritt.
Wien, große Teile Niederösterreichs und das nördliche Burgenland
bildeten einen gemeinsamen Lebensraum. Es brauche eine gemeinsame
Bedarfsplanung für die gesamte Ostregion. Solange Wien,
Niederösterreich und das Burgenland getrennt planen würden, bleibe
das heimische Gesundheitswesen ein Stückwerk. Es brauche mehr
Kooperation, denn die Gesundheitsausgaben würden rasant steigen, die
Bevölkerung werde immer älter, und es brauche ein klügeres System, um
mit den gleichen Mitteln mehr zu erreichen.

Abgeordnete Mag. Silvia Moser, MSc (Grüne) führte aus, die
Gesundheitsversorgung sei kein regionales Privileg, sondern ein
Grundrecht. Die Gesundheit gehöre in die Bundeskompetenz, um die
Verantwortung klar zu definieren. Sie dürfe nicht an den Grenzen der
Bundesländer enden, sondern müsse über diese hinweg gedacht,
umgesetzt und finanziert werden. Österreich solle dadurch zu einer
gemeinsamen Versorgungsregion mit klar definierten Zuständigkeiten,
einheitlicher Steuerung, einheitlichen Qualitätsstandards und einer
Finanzierung aus einer Hand werden. Ziel sei ein modernes und
solidarisches Gesundheitssystem.

Abgeordneter René Pfister (SP) sagte, das Gastpatientenproblem
sei nicht nur ein Problem der Stadt Wien, und erinnerte an die Stadt
Salzburg. Auch die Landeshauptfrau von Salzburg, Mag. Karoline
Edtstadler, habe die Diskussion rund um die Gesundheitsreform
befeuert. Er meinte weiters, der Ärztemangel habe dazu beigetragen,
dass die Anforderungen an die medizinische Versorgung gestiegen
seien. Zudem steige die Zahl der Menschen, die über 85 Jahre alt
seien. Eine gemeinsame Gesundheitsplanung in der Ostregion betreffe
auch das Notfallsystem und könne zu einer besseren Auslastung der
Großgeräte führen. Der Personal- und Fachkräftemangel könne durch
gemeinsame Ausbildungsprogramme gemildert werden.

Abgeordneter Richard Punz, BA (FP) meinte, Gesundheit sei nie
eine Frage der Postleitzahl gewesen, erst seit der Schlechterstellung
der sogenannten Gastpatienten in Wien. Vereinbarungen zu
unterschrieben, die Gegenleistungen aber nicht erbringen zu wollen,
sei unverständlich. Das Wiener Vorgehen sei rechts- und
verfassungswidrig. Österreichische Staatsbürger dürften nicht zu
Bürgern zweiter Klasse gemacht werden, während es für Fremde mit
Hauptwohnsitz Wien keine Einschränkungen gebe.

Abgeordneter René Lobner (VP) sprach von einer „Nebelgranate“ der
Wiener aufgrund der finanziellen Probleme der Stadt. Die Stadtgrenze
dürfe in Gesundheitsfragen keinen Unterschied machen.
Niederösterreich biete Verlässlichkeit, das erwarte man sich auch von
Wien. Allein schon der Begriff Gastpatient sei befremdlich, in
Niederösterreich werde nicht auf die Postleitzahl geschaut. Das
Wiener Vorgehen sei unseriös, unfair und unsympathisch. Ab dem neuen
Finanzausgleich könne eine neue Modalität gefunden werden.

Abgeordneter Rene Zonschits (SP) erklärte, die vorangegangenen
Redebeiträge zeigten, dass die Abgeordneten nicht wüssten, wo die
Landsleute der Schuh drücke. Die SP stehe zum Gesundheitsplan, die
Betroffenen bräuchten aber eine gemeinsame Lösung über den Tellerrand
und über Partei- und Landesgrenzen hinaus. Unter den
Landeshauptleuten Pröll und Häupl habe es noch funktioniert.

Klubobmann Mag. Kurt Hackl (VP) betonte, dass in Niederösterreich
der Mensch im Mittelpunkt stehe, und erinnerte daran, dass der
Gesundheitsplan gemeinsam beschlossen worden sei, in der Aktuellen
Stunde sei aber seitens der SP niemand für den Gesundheitsplan
eingetreten. Das Wiener Vorgehen sei gegen die Menschenwürde. Eine
Gesundheitsdebatte auf dem Rücken der Niederösterreicher sei
unsympathisch, genauso wie die Aktuelle Stunde der SP.

Klubobfrau Dr. Helga Krismer-Huber (Grüne) forderte, die Dinge
beim Namen zu nennen. Das Wiener Vorgehen sei eindeutig eine
Grenzüberschreitung, in Niederösterreich werde auch nicht über die
Patienten beispielsweise aus dem Burgenland oder aus Oberösterreich
diskutiert. Sie sei froh, dass Niederösterreich jetzt das Gespräch
suche, das Wien von sich aus nicht gesucht habe.

Klubobmann Ing. Mag. Reinhard Teufel (FP) sagte, nicht jedem sei
klar, warum das Thema diskutiert werde. Das Wiener Gesundheitssystem
sei laut Teufel knapp vor dem Kollabieren und der Wiener SPÖ sei
nichts anderes eingefallen, als im Landtag ein Gesetz zu beschließen,
das schlichtweg verfassungswidrig sei. Sein Weg wäre, nicht mehr mit
den Wienern zu verhandeln. Er wies darauf hin, dass die
Bundesregierung die Möglichkeit habe, eine Normenkontrollklage beim
Verfassungsgerichtshof einzubringen und das Gesetz dort zu kippen.

Klubobmann Hannes Weninger (SP) meinte, dass die Aktuelle Stunde
richtig eingebracht sei, zeige die Dynamik der Reden. Es sei den
Patienten völlig egal, ob es Landesgrenzen gebe, ob es
Ausgleichszahlungen gebe, ob es irgendwann Verhandlungen über den
Finanzausgleich gebe. Die Patienten wollen laut Weninger zeitgerecht
spitalsärztlich versorgt werden. Weninger sagte zudem, er habe
Landesrat Kasser in den vergangenen Tagen sehr genau beobachtet und
bat darum, ihn verhandeln zu lassen, denn der Landesrat habe
verstanden, worum es gehe und dass man durchaus für die Patienten
etwas Gemeinsames zusammenbringen könne.

(Forts.)