Wien (OTS) – Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA sehen in der
Zolleinigung der EU
mit den USA mehr Schatten als Licht. „Positiv ist zu bewerten, dass
der Handelskrieg vorerst abgewendet werden konnte und die Zölle mit
15 Prozent niedriger sind als angedroht. Die EU-Nullzölle auf Importe
aus den USA sind dennoch ein unglaublich großes Zugeständnis und
werden die österreichische Industrie empfindlich treffen.
Arbeitsplätze sind in Gefahr“, so Reinhold Binder (Bundesvorsitzender
PRO-GE) und Mario Ferrari (Bundesgeschäftsführer GPA). Zu kritisieren
sei auch, dass das Abkommen hinter verschlossenen Türen und ohne
demokratische Kontrolle verhandelt wird.
„Besonders bedauerlich ist, dass die Zölle auf Stahl und
Aluminium weiterhin bei 50 Prozent bleiben sollen. Wir appellieren an
Bundeskanzler Stocker und Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer in
dieser Frage nicht nachzugeben und auf EU-Ebene auf umfassende
Nachverhandlungen in Hinblick auf Quoten und Ausnahmen zu drängen,
jedoch ohne europäische Standards im Bereich Arbeitssicherheit oder
Umwelt zu opfern“, betonen Binder und Ferrari.
Insgesamt zeigen die Verhandlungen rund um das Abkommen, dass die
EU dringend alles daransetzen muss, um den Binnenmarkt zu stärken.
„Trotz dieser ersten Einigung wissen wir, dass die USA unter der
Trump-Administration keine verlässlichen Partner mehr sind. Was jetzt
vereinbart wurde, kann in wenigen Wochen schon wieder obsolet sein.
Es ist Gift für den Industriestandort, wenn jede Planbarkeit
verunmöglicht wird“, unterstreichen die Gewerkschafter.
Rund 70 Prozent der österreichischen Exporte gehen in die EU. Die
Europäische Union ist nicht nur Österreichs wichtigster
Handelspartner, sondern auch einer der größten und kaufkräftigsten
Märkte weltweit. „Dieses Potential gilt es zu nutzen. Dazu müssen wir
insbesondere bei Grundstoffen, medizinischen Produkten und Energie so
unabhängig wie möglich von Importen aus Drittstaaten werden“, sagen
Binder und Ferrari. Die beiden heben hervor, dass vor allem die
Recyclingwirtschaft massiv unterstützt und ausgebaut werden müsse.
Das schaffe Arbeitsplätze, helfe im Kampf gegen den Klimawandel und
reduziere Risiken bei Lieferketten für die Industrie.
„Dass die Kommissionspräsidentin den USA neben großen
europäischen Investitionen auch die Abnahme von LNG in großem Ausmaß
zugesagt hat, ist inakzeptabel. Bei LNG machen wir uns jetzt statt
von Russland von den USA abhängig und mit einem vertraglichen
vereinbarten Abnahmevolumen wird auch der Markt außer Kraft gesetzt,
was die Energiepreise nach oben treiben kann“, kritisieren die
Gewerkschafter und fordern, dass man neben der dringend notwendigen
Überarbeitung des europäischen Energiemarktdesigns jedenfalls den
Ausbau erneuerbarer Energien weiter forcieren müsse. Eine sichere,
eigenständige Energieversorgung zu leistbaren Preisen sei auch für
die Industrie essenziell.
„Gute Löhne bzw. Gehälter und Arbeitsbedingungen sowie umfassende
Mitbestimmungsrechte sind Grundvoraussetzungen für einen starken
Binnenmarkt. Wir brauchen keinen Wettlauf nach unten, sondern einen
fairen Wettbewerb mit hohen sozialen und ökologischen Standards. Wir
können es schaffen, die Widerstandsfähigkeit der europäischen
Industrie zu erhöhen, um in Zukunft den Machtspielen einzelner
Staatenlenker gelassen entgegentreten zu können“, so Binder und
Ferrari abschließend.