Wien (OTS) – Der Klimawandel wirkt sich nicht nur durch extreme
Wetterereignisse
aus – auch das Grundwasser bleibt davon nicht verschont. Besonders in
Städten ist eine zunehmende Erwärmung messbar: In Wien stieg die
durchschnittliche Grundwassertemperatur zwischen 2001 und 2010 um 0,9
Grad Celsius, zwischen 2011 und 2020 bereits um 1,4 Grad. Dies zeigt,
dass der Anstieg der Grundwassertemperatur nicht linear verläuft.
„Dieser Trend muss in der Wasserwirtschaft dringend berücksichtigt
werden, um mögliche negative Auswirkungen auf die Wasserqualität und
die Ökologie zu vermeiden“, betont Eva-Florina Kaminsky vom Institut
für Bodenphysik und landeskulturelle Wasserwirtschaft an der BOKU.
Besonders markant ist der Temperaturunterschied zwischen
Stadtgebiet und Umland: In versiegelten Zonen ist das Grundwasser im
Jahresmittel um etwa vier bis acht Grad wärmer – ein Phänomen, das
als unterirdische Hitzeinsel bekannt ist. Hauptursache ist die dichte
Oberflächenversiegelung: Asphalt, Beton und Gebäude speichern Wärme
und leiten sie in den Boden weiter. Zusätzlich trägt die umfangreiche
unterirdische Infrastruktur zur Erwärmung bei – etwa durch U-Bahn-
und Straßentunnel, Tiefgaragen, Kanäle, Fernwärmeleitungen oder
geothermische Kühlsysteme.
Eine aktuelle Studie der BOKU University in Kooperation mit der
Universität Wien und GeoSphere Austria, hat diese Temperaturtrends
erstmals in hochaufgelöste, flächendeckende Karten übertragen. Damit
wurden unterirdische Hitzeinseln sichtbar gemacht und ihre
Auswirkungen auf die chemische Zusammensetzung des Grundwassers
detailliert untersucht.
Das Forschungsteam erfasste die Grundwassertemperaturen an rund
800 Messstellen in Wien und Umgebung. Im April lag der
Durchschnittswert bei 13 °C, im Oktober bei 15 °C.
„Als Gegenmaßnahme empfehlen wir die gezielte Nutzung der in
städtischen Wärmeinseln gespeicherten unterirdischen Wärme zum
Heizen“, so die Bodenphysikerin.
Zwtl.: Chemische Prozesse verändern sich
Höhere Grundwassertemperaturen beeinflussen auch die chemische
Qualität des Wassers – etwa die Löslichkeit von Mineralien und
Mobilität von Schwermetallen – mit direkten Folgen: „Höhere
Temperaturen führen zu erhöhter mikrobiologischer Aktivität, was den
Sauerstoffgehalt im Wasser reduzieren kann – mit möglichen negativen
Auswirkungen auf die Grundwasserfauna“, erklärt Kaminsky. Menschliche
Einflüsse in Kombination mit den geologischen Eigenschaften des
Untergrunds führen zu einem komplexen Zusammenspiel verschiedener
Prozesse. Dabei sind nicht nur Temperaturveränderungen entscheidend –
auch Faktoren wie die Neubildung von Grundwasser und sogenannte
Redoxprozesse – chemische Umwandlungen unter Sauerstoffmangel –
beeinflussen die Wasserqualität wesentlich. Diese Entwicklungen
sollten langfristig genau beobachtet werden.“
Zwtl.: Appell für unterirdische Raumplanung
„Es darf uns nicht egal sein, was unter unseren Füßen passiert“,
mahnt Kaminsky. „Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung und
Notwendigkeit einer unterirdischen Raumplanung mit sämtlicher
unterirdischer Infrastruktur und Untergrundeinbauten sowie mit
hochaufgelösten, kontinuierlich überwachten Temperatur- und
Wasserqualitätsdaten. Nur so kann eine nachhaltige Nutzung des
Untergrunds gewährleistet werden.“
Links zu den Studien:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/hyp.70076
https://doi.org/10.1016/j.jhydrol.2025.133931
Mehr Informationen – und über 30 weitere Projekte von BOKU-
Forscher*innen über vorbeugende Hitzemaßnahmen finden Sie auf der
Website „Heat an the City“ auf
https://boku.ac.at/oeffentlichkeitsarbeit/hitze-in-der-stadt .