Wien (OTS) – Für freie Dienstverhältnisse konnten bisher keine
Kollektivverträge (
KVs) geltend gemacht werden. Rund 14.000 „arbeitnehmerähnliche“,
freie Dienstnehmer:innen in Österreich hatten dadurch keinen
geregelten Mindestlohn. Und auch auf Absicherungen wie bezahlten
Urlaub, Sonderzahlungen und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
mussten sie verzichten. Nun schuf die Bundesregierung eine neue
gesetzliche Möglichkeit, ab 1. Jänner 2026 auch für freie
Dienstnehmer:innen Kollektivverträge abschließen zu können.
„Damit wird eine langjährige gewerkschaftliche Forderung endlich
aufgegriffen“, betont Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs
Straße in der Gewerkschaft vida. „Besonders im Bereich der
Plattformarbeit, etwa bei Essenszusteller:innen, ist es unbedingt
notwendig, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Diese Neuerung ist
eine Chance für dies oft prekär beschäftigten Arbeitnehmer:innen“, so
der Gewerkschafter weiter.
Besonders brisant: der Fall Lieferando
Erst vor wenigen Monaten hat Lieferando rund 1.000 Riders
gekündigt und durch freie Dienstverträge ersetzt. Damit sind diese
Beschäftigten aus dem Kollektivvertrag gefallen – ohne Mindestlohn,
ohne geregelte Kündigungsfristen, ohne Schutz bei Krankheit. „Der
Fall zeigt, wie dringend diese Gesetzesreform war“, erklärt
Petritsch. Er sieht in der neuen Regelung die Möglichkeit, als
Gewerkschaft vida in Zukunft auch für freie Dienstnehmer:innen
bessere Regelungen zu Lohn, Urlaub, Arbeitszeit und Krankenstand zu
verhandeln. „Damit haben wir ein weiteres Instrument in der Hand, der
Ausbeutung durch Plattformfirmen Grenzen zu setzen“, ist der vida-
Gewerkschafter überzeugt.
Verbesserungen bei Kündigungsfrist
Zudem hat die Regierung, wie von den Gewerkschaften gefordert,
Verbesserungen bei Kündigungsfristen gesetzlich verankert. Diese
gelten für alle freien Dienstnehmer:innen in Österreich. Freie
Dienstverhältnisse können demnach nur mit einer vierwöchigen Frist
gekündigt werden. Nach zwei vollen Dienstjahren steigt die
Kündigungsfrist auf sechs Wochen. Mögliche Kündigungstermine sind
entweder der 15. oder Monatsletzte. „Auch das bringt mehr
Rechtssicherheit, ist aber noch nicht auf dem Niveau ordentlicher
Arbeitsverhältnisse – hier braucht es weitere Schritte“, fordert
Petritsch. Zum Vergleich: Unselbstständig Beschäftigte können von
ihrem Arbeitgeber bereits im ersten Dienstjahr erst nach sechs Wochen
gekündigt werden. Ab drei Dienstjahren steigt die Kündigungsfrist auf
zwei Monate, nach 26 Dienstjahren gilt sogar ein eine fünfmonatige
Kündigungsfrist.
Auf die Umsetzung kommt es an
Die Neuerung für freie Dienstnehmer:innen bringt noch keine
automatische Ausdehnung der bestehenden Kollektivverträge. Diese
müssen erst verhandelt werden. „Am Ende kommt es auf die konkrete
Umsetzung an – und auf die Bereitschaft der Arbeitgeber, soziale
Verantwortung zu übernehmen“, so Markus Petritsch. Vor allem für die
Fahrradbot:innen von Lieferando und Co. sei eine
kollektivvertragliche Absicherung unerlässlich.
„Unsere Verhandlungsstärke beruht auf den Mitgliedern unserer
Bewegung. Darum rate ich allen Beschäftigten – ob freie
Dienstnehmer:innen oder nicht – jetzt Gewerkschaftsmitglied zu
werden.“, sagt Petritsch abschließen. Nur gemeinsam könne ein
Kollektivvertrag durchsetzt werden, der die bestmöglichen Bedingungen
für Arbeitnehmer:innen schafft.