Pflichterfüllung der Bundesregierung statt Verfahrensbeschleunigungs-Show

Wien (OTS) – Die Umweltorganisation VIRUS fordert die österreichische
Bundesregierung auf, bei Umweltverfahren ihre Pflicht zu erfüllen,
anstatt wie Vorgängerregierungen zu versuchen, eine
Verfahrensbeschleunigungs-Show abzuziehen. UVP-Experte Wolfgang Rehm
„Da grüßt alle Jahre wieder dasselbe Murmeltier. Umweltverfahren sind
wesentlich durch EU-Recht determiniert, stehen gar nicht in der
Dispositionsbefugnis der Bundesregierung, aktuell läuft erneut ein
Vertragsverletzungsverfahren weil die Republik die UVP immer noch
nicht compliant umgesetzt hat. Hier sind schlicht die Hausaufgaben zu
machen und sind Ablenkungsmanöver wie nach dem gestrigen
Sommerministerrat fehl am Platz“.

So sei etwa aktuell die TEN- Beschleunigungs-Richtlinie
umzusetzen, die eine Zurückweisung unvollständiger Projekte nach vier
Monaten fordere. „Das auf alle Verfahren auszurollen wäre der
perfekte Gamechanger und wirklich ein Verfahrensturbo, so Rehm.
Allerdings müssten Verfahren nicht vordringlich schnell sein, sondern
auch Qualitätskriterien erfüllen und sei auch die
Öffentlichkeitsbeteilung sowohl unionsrechtlich als auch
völkerrechtlich geboten. „Es ist schon verwunderlich, was da von
Regierungsmitgliedern verzapft wird. Da meint Bundesminister
Hattmansdorfer danebenliegend, mit einer Änderung der Schwelle für
Ediktalverfahren von 100 auf 50 Betroffene ließen sich Monate
gewinnen“, kritisiert Rehm. Bundesminister Hanke hätte sich wiederum
UVP-Bürgerinitiativen auserkoren und würde die bei der Gründung
erforderlichen Unterschriftsleistungen gerne zur Abschreckung unter
die gestrengen Augen der Bürgermeister in die wiehernden Amtstunden
der Gemeindeämter verlagern – als ob es die digitale ID seines
Regierungskollegen Pröll, mit der die offenbar als Muster dienenden
Volksbegehren auch online unterstützt werden können, gar nicht geben
würde. „Allen Äußerungen zu eigen ist, dass man, ohne einen
Verhandlungssaal von innen gesehen zu haben und ohne robuste Analyse
sofort mit ungedeckten Schuldzuweisungen bei der Hand ist. Auch die
Frage, was denn mit den Reformwünschen im Rückblick anders hätte
laufen können bleibt unbeantwortet“, so Rehm. Auffallend sei hier
etwa Staatssekretär Schellhorn der nur auf einem Tiroler Projekt bei
Kühtai herumreite und gleichzeitig ausblende, dass das
Kaunertalkraftwerk 13 Jahre gebraucht habe ohne dass überhaupt die
Öffentlichkeit damit in Berührung gekommen ist und diese somit gar
nicht schuld sein könne. „One Stop-Shops“ bieten sicher Vorteile aber
die bisherige Performance der Behörden im Verkehrsministerium die
sich seit Jahrzehnten als politische Wunscherfüllungsmaschine
begreifen und damit epische Verfahrensdauern verursacht haben, ist
sicher keine Empfehlung in diesem Ressort zusätzliche Aufgaben
anzusiedeln,“ so Rehm. Schließlich sei klarzustellen, dass
Umweltorganisationen eine international anerkannte „Watchdog-
Funktion“ zum Schutz der Umwelt im öffentlichen Interesse wahrnehmen
und deshalb aufgrund von Europarecht Verfahrensrechte haben, die in
allen Mitgliedsstaaten zu gelten hätten. Österreich habe hier
keinesfalls eine Sonderstellung. „Hier einen Keil hineinzutreiben,
wie der tarnende und täuschende Zweitverteidigungsminister Totschnig
das versucht hatte, ist schlechter Stil“, so Rehm. Gerade dieser
Minister habe seit langem konkludent gezeigt, dass bei ihm die Umwelt
in schlechten Händen ist. „Die Zukunft liege nicht in den immer
wieder verklärten großen Infrastrukturprojekten. Die Klimaziele sind
nur erreichbar, wenn weniger betoniert wird“, so Rehm abschließend.