Wien (OTS) – Im Rahmen einer Pressekonferenz kamen heute
Vertreter:innen der
Kurdischen Arbeitsgruppe im Europäischen Parlament zusammen, um über
die Perspektiven eines möglichen Friedensprozesses in der Türkei zu
berichten. Andreas Schieder, SPÖ-EU-Delegationsleiter und
Vorsitzender der Arbeitsgruppe sagt über die jüngsten Entwicklungen:
„Die Entscheidung der kurdischen Arbeiterpartei PKK, den Aufruf ihres
Anführers Abdullah Öcalan zu folgen und den bewaffneten Kampf zu
beenden, ist ein historischer Wendepunkt. Sie markiert das Ende eines
jahrzehntelangen gewaltsamen Konflikts, aber auch den Beginn eines
neuen demokratischen Kampfes für den Frieden. Dies ist ein Schritt,
der Hoffnung macht. Hoffnung auf Stabilität in einer Region, die zu
lange von Gewalt, Unterdrückung und politischer Ausgrenzung geprägt
war. Und Hoffnung auf eine Türkei, die den Weg zurück zu Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und einem respektvollen Miteinander aller
Volksgruppen finden kann. Doch diese Hoffnung steht auf wackeligen
Beinen, denn die Welle politischer Repression unter Präsident Erdoğan
rollt ungebremst weiter. In einem Land, in dem ein demokratisch
gewählter Bürgermeister wie Ekrem İmamoğlu seit über hundert Tagen
aus politischen Gründen in Haft sitzt, in dem kritische Stimmen
mundtot gemacht und immer mehr Oppositionspolitiker:innen und
Journalist:innen verhaftet werden, ist ein Friedensprozess in weiter
Ferne. Dieser Moment könnte eine historische Chance für die Türkei
sein, aber Präsident Erdoğan droht ihn zu instrumentalisieren, um
seine eigene Macht zu zementieren. Die Befürchtung wächst, dass der
beginnende Friedensprozess nicht aus echtem Versöhnungswillen
entstand, sondern als taktisches Manöver Erdoğans dient, um sich
durch eine Verfassungsänderung eine dritte Präsidentschaftskandidatur
im Jahr 2028 zu sichern. Was die Türkei jetzt braucht, ist kein
weiteres Machtspiel, sondern einen echten Neuanfang. Dieser kann nur
gelingen durch eine Rückkehr zu demokratischen Grundwerten, zur
Rechtsstaatlichkeit und durch eine ehrliche Öffnung gegenüber der
kurdischen Bevölkerung.“ ****
Andreas Schieder ergänzt: „Auch Europa kommt in diesem Prozess
eine entscheidende Rolle zu, denn die Europäische Union darf nicht
länger tatenlos zusehen, wie Präsident Erdoğan die Demokratie Schritt
für Schritt demontiert. Sie muss sich klar und unmissverständlich
hinter die demokratischen Kräfte in der Türkei stellen, die
Zivilgesellschaft stärken und deutlich machen: Eine Türkei, die
weiter den Weg der Repression geht, kann kein verlässlicher Partner,
weder als Beitrittskandidat noch in sicherheitspolitischen Fragen,
sein.“ (Schluss) ls