Wien (PK) – Die Nationalrät:innen diskutierten in der heutigen
Plenarsitzung im
Rahmen einer Kurzdebatte die Forderung der Grünen nach einem raschen
Verbot von Pestiziden, die per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (
PFAS) enthalten. Diese werden wegen ihrer wasser- und fettabweisenden
Eigenschaften sowie ihrer Stabilität und Langlebigkeit in vielen
Bereichen und Produkten – so auch in der Landwirtschaft in Pestiziden
– eingesetzt. Mit der Gefährdung der Gesundheit und der nachhaltigen
Anreicherung von PFAS im Trinkwasser begründeten die Grünen ihre
Forderung. ÖVP und FPÖ hingegen argumentierten, dass die
Landwirtschaft lediglich für 2 % des PFAS-Eintrags verantwortlich
sei. Die SPÖ sah ein PFAS-Verbot als „unumgänglich“. Die NEOS
befürworteten auch ein Verbot in Bereichen, wo diese Chemikalien
gesundheitsgefährdend sind und forderten insgesamt eine
faktenbasierte Diskussion ein.
Ausgangspunkt der Kurzdebatte war ein Antrag der Grünen, dem
Landwirtschaftsausschuss eine Frist zur Behandlung ihrer
entsprechenden Initiative bis 12. September zu geben. Dieser Antrag
blieb in der Minderheit.
Grüne: PFAS verseuchen Trinkwasser und gefährden Gesundheit
Aus dem „PFAS-Kanister“ werde keine Zukunft wachsen, aber daraus
werde das Trinkwasser der Zukunft verseucht, kritisierte Olga
Voglauer (Grüne). Da sie nicht aus der Umwelt und aus dem Wasser
weggehen würden, seien PFAS sogenannte Ewigkeitschemikalien. Was
Asbest einmal für die Lunge gewesen ist, seien PFAS nun für die Böden
und das Trinkwasser. Obwohl bekannt sei, dass diese Chemikalien krank
machen und nicht mehr wegzukriegen seien, verändere die ÖVP nichts
und schaue weg. Seit 2015 sei in Österreich die verkaufte Menge an
PFAS-Pestiziden um 25 % gestiegen und allein 2023 seien 110.000 kg
solcher Pestizide verkauft und ausgebracht worden. Messungen würden
zudem zeigen, dass Trinkwasser und Wein zunehmend durch PFAS
angereichert werden. Man dürfe daher nicht wegschauen und es brauche
eine sachliche Diskussion darüber. Aktuell gebe es keine Zahlen, wo
PFAS ausgebracht wurde. Dazu brauche es mehr Transparenz, dafür seien
die Kontrollen der Betriebe aber unzureichend.
Laut Studien könne man PFAS in allen Neugeborenen nachweisen, in
einem Fünftel sogar in einem Ausmaß, dass eine Gesundheitsgefährdung
nicht ausgeschlossen werden könne, führte Lukas Hammer (Grüne) aus.
PFAS sollten daher nicht verharmlost und die Debatte darüber „seriös
und vorsichtig“ geführt werden. Gegenüber Peter Schmiedlechner (FPÖ)
wandte Hammer ein, dass es einen Unterschied ausmache, ob diese
nichtabbaubaren Chemikalien in Kleidung oder Geschirr verwendet oder
auf Feldern ausgetragen werden. Dabei handle es sich um kein „Bauern-
Bashing“. Landwirt:innen handelten „nach bestem Wissen und Gewissen“,
würden jedoch von der „Chemielobby“ immer wieder über ihre Produkte
belogen, so Hammer. Zudem gebe es bei Medizinprodukten noch keine
guten Alternativen zu PFAS, bei Pestiziden allerdings schon.
FPÖ: Aufhören mit „Bauernbashing“
Man solle mit dem „Bauernbashing“ aufhören und das Thema sachlich
diskutieren, forderte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Die Landwirtschaft
sei lediglich für 2 % der PFAS-Verunreinigungen im Boden
verantwortlich, da PFAS in vielen anderen Bereichen und
Alltagsprodukten eingesetzt würden. Es sei daher eine „Schande“, eine
Berufsgruppe zu diffamieren und zu beschuldigen, dass sie als einzige
das Grundwasser „verseuchen“ würden. Zudem werde 2026 auf EU-Ebene
der Einsatz von PFAS evaluiert und ein Verbot würde, wenn dann nur
auf dieser Ebene Sinn machen. Ebenso müssten dann aber die gleichen
Spielregeln für importierte Produkte gelten, forderte Schmiedlechner.
ÖVP: Landwirtschaft nur für 2 % der PFAS-Verunreinigung
verantwortlich
Die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft hätten dazu
beigetragen, dass die Bevölkerung länger, gesünder und besser
versorgt als je zuvor lebt, erklärte Johannes Schmuckenschlager (ÖVP)
. Auch er betonte, dass die Landwirtschaft lediglich für 2 % der PFAS
-Verunreinigung verantwortlich sei. Das Thema stamme aus einer
internationalen Kampagne einer internationalen NGO, die mit Mitteln
amerikanischer Unternehmen finanziert worden sei, kritisierte der
Abgeordnete. Es brauche hier Transparenz und eine Offenlegung der
Mittel, um zu wissen, welche Interessenslagen diese verfolgen würden.
Ebenso sei der zitierte Test von PFAS in Wein nicht korrekt
durchgeführt worden und man müsste schon täglich neun Liter Wein
trinken, damit dieser aufgrund von PFAS fortpflanzungsschädigend sei.
Zudem betonte Schmuckenschlager die Notwendigkeit von Pflanzenschutz
in der Klimawandelanpassung.
SPÖ: PFAS-Verbot „unumgänglich“
Es gehe bei der PFAS-Debatte nicht um Schuldzuweisungen, sondern
darum, in Zukunft davor geschützt zu werden, sagte Katrin Auer (SPÖ).
Das gelte nicht nur für die Konsument:innen, sondern insbesondere
auch für jene, die in Industrie und Landwirtschaft täglich diesen
Stoffen ausgesetzt seien. Für diesen Schutz könnten etwa die
Konsument:innen sorgen, wenn sie sich mit der Hilfe von Umweltzeichen
für PFAS-freie Produkte entscheiden, so Auer. Aber auch die
Bundesregierung müsse aktiv werden und habe dies auch im
Regierungsprogramm etwa im Kontext des Trinkwasserschutzes
festgelegt. Ein PFAS-Verbot sei laut Auer „unumgänglich“, doch
müssten weiterhin Genehmigungen für deren Verwendung etwa in der
Medizin- und Hochtechnologie ermöglicht werden.
NEOS: Faktenbasierte Diskussion über Gefahren und Verbote von
PFAS
Michael Bernhard (NEOS) erinnerte daran, dass er vor etwa einem
Jahr eine Anfrage bezüglich eines etwaigen Verbots von PFAS an die
damalige grüne Umweltministerin Leonore Gewessler gestellt habe.
Diese habe ihm damals geantwortet, dass ein solches Verbot auf EU-
Ebene geprüft werde und Österreich hier nicht alleine handeln sollte,
da eine genaue Risikobeurteilung darüber benötigt werde, wo PFAS noch
unbedingt gebraucht werde. Dass die Grünen, die in der
vorangegangenen Legislaturperiode dahingehend fünf Jahre „nichts
zusammengebracht“ hätten, der neuen Regierung nun Untätigkeit
vorwerfen, bezeichnete Bernhard als „dreist“. Dort wo PFAS eine
Gefahr für Leib und Leben darstellten, sollten sie „aus dem Verkehr
gezogen“ werden – jedoch „faktenbasiert und nicht auf Zuruf“, so
Bernhard.
Die Inhalte der Forderungen der Grünen
In ihrem Antrag sprechen sich die Grünen für ein „unverzügliches
Verbot“ von allen Pestiziden mit PFAS-Wirkstoffen. Aufgrund aktueller
Erkenntnisse zur Reproduktionstoxizität und Verbreitung des darin
enthaltenen letzten Abbauprodukts TFA (Trifluoracetat) soll im Sinne
des Vorsorgeprinzips das Bundesamt für Ernährungssicherheit tätig
werden. Zudem fordert Antragstellerin Olga Voglauer den EU-weiten
Entzug der Zulassung von PFAS-Wirkstoffen. Aufgrund seiner guten
Wasserlöslichkeit sei das von der Natur nicht abbaubare TFA im Boden
sehr mobil und könne leicht ins Grundwasser gelangen. Studien hätten
ergeben, dass es mit der Aufnahme durch Trinkwasser und Nahrung zu
„besorgniserregenden Anreicherungen auch im menschlichen Körper“ des
vom Hersteller Bayer als fortpflanzungsgefährdend eingestuften
Pestizids komme, heißt es im Antrag. Ein im Auftrag der
Umweltschutzorganisation Global 2000 erstelltes Rechtsgutachten der
Universität Innsbruck habe zudem ergeben, dass es aufgrund des
Vorsorgeprinzips für die EU-Mitgliedsstaaten rechtlich möglich sei,
Pestizid-Zulassungen aufgrund der neuen Erkenntnisse zu entziehen. (
Fortsetzung Nationalrat) wit/pst
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