Wien (PK) – Der Anfang dieser Woche von der Bundesregierung zur
Begutachtung
vorgelegte Entwurf eines Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG)
sorgte am Ende des heutigen Nationalratsplenums für Diskussionen
zwischen den Fraktionen. Staatssekretärin Elisabeth Zehetner legte
wie die Mandatar:innen von ÖVP, SPÖ und NEOS die angestrebten
Schwerpunktsetzungen und Ziele dar. Dieser soll für eine
Modernisierung und günstigere Energiepreise sorgen, zeigten sie sich
überzeugt. FPÖ und Grüne äußerten erste Kritikpunkte zu der
Initiative. So zeigten sich die Freiheitlichen skeptisch, ob die
Strompreis-Runter-Garantie eine „Mogelpackung“ sei. Die Grünen
wiederum sahen in den Netzentgelten eine „Strafsteuer“ für
Einspeiser.
Ausgangspunkt der Debatte war ein Antrag der Grünen für ein ElWG,
der in der Minderheit blieb. Ebenfalls keine Mehrheit fand eine von
ihnen im Zuge der Debatte eingebrachte Initiative. Darin mahnten die
Grünen ein ambitioniertes EU-Klimaziel 2040 ein. Einstimmig
angenommen wurde hingegen eine Forderung der Freiheitlichen nach
einem längeren Begutachtungszeitraum bei der aktuell laufenden
Begutachtung des von der Koalition vorgelegten ElWG.
Staatssekretärin Zehetner: Größte Strommarktreform der
vergangenen zwei Jahrzehnte bringt System in das 21. Jahrhundert
Mit dem ElWG erfolge die größte Strommarktreform der vergangenen
zwei Jahrzehnte, betonte Staatssekretärin Elisabeth Zehetner. Sie sei
Grundlage, das System in das 21. Jahrhundert zu bringen und
digitaler, gerechter und zukunftsfitter zu machen. Dazu würden
Rahmenbedingungen für eine verlässliche und leistbare
Energieversorgung für Haushalte und Betriebe geschaffen. Dazu soll
etwa der Sozialtarif beitragen. Ebenso würden die Spielregeln für den
Strommarkt an neue Rahmenbedingungen angepasst. Hinsichtlich der
Netzentgelte berichtete Zehetner, dass diese fairer verteilt werden
sollen. Sie versprach aber angesichts der öffentlichen Diskussion in
den letzten Tagen, dass sich trotz dieser Maßnahme der Betrieb von PV
-Anlagen am eigenen Dach weiter auszahlen werde.
ÖVP: ElWG wird Energiewende voran treiben
Der Entwurf der damaligen grünen Energieministerin Leonore
Gewessler sei für sie nicht vollständig gewesen, da zentrale
Bausteine gefehlt und dieser nicht das volle Potenzial an
Möglichkeiten ausgeschöpft hätte, meinte Tanja Graf (ÖVP). Der
nunmehrige Begutachtungsentwurf beinhalte Dinge, die die Energiewende
voran treiben würden und berücksichtige den Netzausbau, die
Versorgungssicherheit, Digitalisierung, Marktdesign, die
Dezentralisierung der Stromerzeugung, Direktleitungen für Unternehmen
und die gemeinsame Energieerzeugung.
Energiegesetze brauchen weniger Ideologie, sondern Haus- und
Sachverstand sowie ein Verständnis für Technik und
Betriebswirtschaft, betonte Christoph Stark (ÖVP) und bemängelte den
ursprünglichen Gesetzesentwurf der Grünen.
SPÖ: Modernisierungsschub, mehr Gerechtigkeit und billigeren
Strom
Das ElWG bringe einen Modernisierungsschub, mehr Gerechtigkeit
und billigeren Strom, betonte Alois Schroll (SPÖ). Die Explosion der
Energiepreise habe in den vergangenen Jahren Haushalte und Betriebe
belastet und sei ein Haupttreiber der Inflation gewesen. Das ElWG
werde nun dafür sorgen, dass das öffentliche Interesse der leistbaren
Energieversorgung in die Satzung von Energieversorgern geschrieben
werden muss. Diese dürften ihr wirtschaftliches Handeln nicht
ausschließlich an der Profitmaximierung orientieren, erklärte
Schroll. Mit dem Sozialtarif soll jenen Menschen finanziell unter die
Arme geholfen werden, die es ohnedies sehr schwer haben würden. Zudem
werde dafür gesorgt, dass der Netzausbau mit dem Erneuerbaren-Ausbau
Schritt hält. Weiters sollen systemdienliche Speicher in den ersten
20 Jahren von den Netzgebühren befreit werden. Bei den
Einspeisekosten von PV-Anlagen sei hingegen das letzte Wort noch
nicht gesprochen, hob Schroll abschließend hervor.
Energiepolitik und wirtschaftliche Entwicklung seien eng
verbunden, meinte Reinhold Binder (SPÖ). Die anstehenden Novellen der
Energiegesetze seien deswegen wichtig, da sie positive Impulse für
Wirtschaft und Menschen setzen würden. Die Bedeutung von günstigem
Strom für Haushalte, Betriebe und Industrie betonten auch Melanie
Erasim (SPÖ) und Franz Jantscher (SPÖ).
NEOS: mehr Wettbewerb, faire und stabile Preise sowie mehr
Innovation und Klimaschutz
Das ElWG werde für mehr Wettbewerb, für faire und stabile Preise
sowie für mehr Innovation und Klimaschutz sorgen, zeigte sich Karin
Doppelbauer (NEOS) überzeugt. Damit sei dies ein „Meilenstein“ in der
Energiewende. Damit werde es einen Neustart und einen Wendepunkt
geben, wie Energie produziert, genutzt und verteilt wird. Es soll
damit ein stabiles Energiesystem erreicht werden, dass Österreich und
der Wirtschaft Vorteile bringt. Die günstigen Preise erneuerbarer
Energien soll Haushalten, Unternehmen und der Industrie zugutekommen.
Diese sollen auch durch Digitalisierung, Netzausbau und den
sinnvollen Einsatz von Batterien besser in die Systeme integriert
werden. Es seien viele Maßnahmen verankert, um die Preise nachhaltig
zu senken. Zudem werde ermöglicht, bei neuen Leitungen auch über
Erdverkabelungen nachdenken zu können.
Die niedrigsten Kosten zur Energieerzeugung hätten erneuerbare
Energien, betonte Markus Hofer (NEOS) und wandte sich in Richtung der
Freiheitlichen gegen rückwärtsgewandte Diskussionen. Die Strompreise
seien aktuell ein Wettbewerbsproblem für Unternehmen. Das ElWG sei
wichtig, es seien aber auch weitere Maßnahmen notwendig, um dem zu
begegnen.
FPÖ: Diskussion über Fehlentwicklungen und über das
Gesamtenergiesystem notwendig
Axel Kassegger (FPÖ) bemängelte die angesichts der großen Materie
zu kurze Begutachtungsfrist für das neue ElWG. In diesem sei nicht
alles schlecht, es gelte aber wie bei der Strompreis-Runter-Garantie
zu prüfen, ob dies eine „Mogelpackung“ sei. Insgesamt müssen die
energiepolitischen Ziele ausgewogen verfolgt werden, forderte
Kassegger. In der Vergangenheit seien aber die Ziele der
Versorgungssicherheit, der Netzstabilität und der Wirtschaftlichkeit
zu sehr außer Acht gelassen worden. Insgesamt brauche es daher eine
Diskussion über Fehlentwicklungen wie bei den Energiepreisen und über
das Gesamtenergiesystem.
Alle Prognosen würden zeigen, dass sich die Netzgebühren
verdoppeln, wenn nicht in das System eingegriffen würde, kritisierte
Paul Hammerl (FPÖ). Hinsichtlich des vorgelegten
Begutachtungsentwurfs ortete er einen „Marketingschmäh“ hinsichtlich
der Strompreis-Runter-Garantie. Zudem bemängelte er, dass die Frist
zur Abgabe einer Stellungnahme in dem momentan laufenden ElWG-
Begutachtungsverfahren zu kurz sei. Mitten in der Urlaubszeit werde
so „wertvollste Fachexpertise“ vom Begutachtungsverfahren faktisch
ausgeschlossen, kritisierte er. Diese soll daher um mindestens zwei
Wochen verlängert werden, forderte Hammerl mittels eines im Zuge der
Debatte eingebrachten Entschließungsantrags, der einstimmig
angenommen wurde.
Grüne: ElWG und ambitioniertes EU-Klimaziel 2040 dringend
notwendig
Das Energiesystem brauche ein neues Betriebssystem und dazu sei
das ElWG „dringend notwendig“, erklärte Leonore Gewessler (Grüne).
Dies wäre auch ein konkreter Schritt zur Energiewende. Ein
europäisches Klimaziel würde Planungssicherheit schaffen. Die
Bundesregierung solle sich daher für ein ambitioniertes,
wissenschaftsbasiertes EU-Klimaziel 2040 einsetzen, forderte
Gewessler mittels eines im Zuge der Debatte eingebrachten
Entschließungsantrags, der in der Minderheit blieb. Den Grünen nach
soll der Vorschlag der EU-Kommission, die Netto-
Treibhausgasemissionen der EU bis 2040 um 90 % verglichen mit 1990 zu
reduzieren, vollinhaltlich unterstützt werden. Zudem sind alle Länder
dazu verpflichtet, vor der UN-Klimakonferenz COP30 im November 2025
ihre neuen Zielvorgaben bis 2035 vorzulegen. Auch hier sollen
„ambitionierte und im globalen Kontext faire“ nationale
Klimaschutzbeiträge (NDCs) der EU unterstützt werden, fordert
Gewessler.
Die ÖVP habe Leonore Gewessler keinen Erfolg mehr vergönnt und
deswegen ihren Vorschlag für ein ElWG verhindert, kritisierte Lukas
Hammer (Grüne). Hinsichtlich des nunmehr vorgeschlagenen Netzentgelts
sprach er von einer „Strafsteuer“ für Einspeiser. Vielmehr sollten
Menschen, die die Energiewende voran treiben, belohnt werden,
forderte er.
Der Inhalt des Grünen-Antrags für ein neues
Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG)
Den von ihr als Energieministerin in der letzten
Legislaturperiode mitverhandelten, aber nie beschlossenen Entwurf für
ein Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) hat die nunmehrige Grünen-
Abgeordnete Leonore Gewessler als Antrag eingebracht. Die Initiative
umfasst auch ein Energiearmuts-Definitions-Gesetz sowie eine Änderung
des Energie-Control-Gesetzes. Ziel sei, einen zeitgemäßen
Rechtsrahmen für den österreichischen Strommarkt und klare Regeln für
den gezielten und schnellen Ausbau der Stromnetze zu schaffen. So
soll auch der zunehmenden Dezentralisierung der Energieerzeugung
Rechnung getragen werden. Damit sollen die Energiekosten langfristig
gesenkt, das Stromnetz effizienter gemacht und der Ausbau der
erneuerbaren Energien beschleunigt werden.
Eine rasche Umsetzung des ElWG sei für alle Beteiligten in der
Elektrizitätswirtschaft, für die Dekarbonisierung in Österreich und
um drohende EU-Strafzahlungen aus einem Vertragsverletzungsverfahren
zu vermeiden, von höchster Priorität, wird in der Antragsbegründung
ausgeführt. Im Ausschuss hieß es etwa seitens der NEOS, dass die
Bundesregierung an einem neuen ElWG und der dafür notwendigen
Zweidrittelmehrheit arbeite. (Schluss Nationalrat) pst
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
in der Mediathek des Parlaments verfügbar