Nationalrat: Dringlicher Antrag der Grünen zu deutlicher Verschärfung des Waffengesetzes abgelehnt

Wien (PK) – Mit einem Dringlichen Antrag setzten sich die Grünen
heute im
Nationalrat für eine deutliche Verschärfung des Waffengesetzes ein.
Habe bisher ein Waffenverbot als Ausnahme gegolten, solle zukünftig
der Waffenbesitz die Ausnahme bilden, so die Forderung der kleinsten
Oppositionspartei. Die Grünen begründeten dies mit dem starken
Anstieg legaler Schusswaffen sowie deren zunehmende Verwendung bei
Gewaltverbrechen. ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ stimmten mehrheitlich gegen
den Antrag. Während die Regierungsparteien darauf verwiesen, dass
„mit Hochdruck“ an einer Gesetzesnovelle des Waffenrechts gearbeitet
werde und im September beschlossen werden solle, lehnte die FPÖ ein
generelles Waffenverbot ab.

Die Bundesregierung habe die Lehren aus dem Attentat in Graz
gezogen und werde die Maßnahmen zur Verschärfung des Waffengesetzes
so rasch wie möglich umsetzen, betonte Staatssekretär Jörg
Leichtfried. Sicherheit müsse ein Grundrecht und kein Privileg sein.
Das Waffenrecht sei „viel zu liberal“, das sehe er ähnlich wie die
Grünen, so der Staatssekretär. Deswegen habe man bereits im Juni eine
Novellierung auf den Weg gebracht. Daneben seien aber auch
Präventionsmaßnahmen wichtig. Leichtfried verwies etwa auf die
geplante Verdoppelung der Mittel für schulpsychologische Betreuung.
Prävention bedeute, hinzusehen bevor etwas passiert.

Grüne fordern „Prinzipienumkehr“

Werner Kogler (Grüne) sagte, es müsse Schluss damit sein, dass es
in Österreich „einen quasi mehr oder weniger selbstverständlichen
Anspruch“ darauf gebe, sich als Privater nicht nur eine Waffe,
sondern, wenn man will, sogar ein „ganzes Waffenarsenal“ anlegen
könne. Er forderte eine Prinzipienumkehr für den Privatwaffenbesitz:
Statt „Freiheit für Waffen“ solle „Freiheit von Waffen“ gelten,
meinte Kogler. Österreich habe eines der „laschesten Waffengesetze in
Europa“ und es sei eine Illusion, dass mehr Waffen in Händen von
vielen für mehr Sicherheit sorgen würden, betonte Kogler. Auch mit
legalen Waffen würde immer mehr „Unfug und Böses“ passieren, meinte
Kogler und drückte seine Sorge darüber aus, dass die Bundesregierung
mit der bereits angekündigten Gesetzesnovelle „nur an Schräubchen“
drehen und im Großen nichts verändern“ werde. Akuten Handlungsbedarf
sah auch Alma Zadić (Grüne), die betonte, dass die Menschen in
Österreich zu den „am stärksten bewaffneten Bevölkerungen“ gehörten.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) forderte mehr Mut seitens der
Regierungsparteien ein. Immerhin würden laut Umfragen 75 % der
Österreicher:innen Waffen im Privatbesitz ablehnen. Zudem hätten
bisher rund 100.000 Menschen eine diesbezügliche Petition
unterzeichnet. Sie wolle nicht, dass eine weitere Frau sterbe, „weil
wir nicht den Mut hatten, die Lücken im Waffengesetz zu schließen,
erklärte Meri Disoski (Grüne).

FPÖ: „Generelle Waffenverbote beschränken und bestrafen
rechtstreue Bürger“

Kein Waffengesetz – egal wie streng – hätte die Tat vor einem
Monat am BORG Dreierschützengasse in Graz verhindern können, sagte
Volker Reifenberger (FPÖ). Denn hätte der Täter keinen legalen
Zugriff zu Waffen gehabt, hätte er sich diese wohl illegal am
Schwarzmarkt besorgt – dies wäre „wohl schneller und günstiger
gegangen“, so Reifenberger. Er meinte daher, dass es sogar „ein
Glück“ gewesen sein könnte, dass der Täter legale und nicht illegale
vollautomatische Waffen verwendet habe, da dies die Opferzahl wohl
erhöht hätte. Die Grünen würden sich mit ihrem heutigen Dringlichen
Antrag als „Verbotspartei“ entlarven, denn generelle Waffenverbote
würden „rechtstreue Bürger beschränken und bestrafen“. Eine
Entwaffnung der eignen Bevölkerung sei typisch für totalitäre Regime,
so Reifenberger.

Die Grünen würden sich einen Kriminalfall „herauspicken“, um
ihren Kampf gegen Waffen fortzuführen, kritisierte Susanne Fürst (FPÖ
). Internationale Vergleiche würden zeigen, dass weniger legale
Waffen und ein strengeres Waffenrecht nicht mehr Sicherheit bedeuten.
Ein angenommener Antrag der Grünen würde im Gegensatz dazu die
Botschaft „Tun Sie was sie wollen“ an Kriminelle aussenden, so die
FPÖ-Mandatarin. Ihr Fraktionskollege Christian Ragger (FPÖ) sprach
sich gegen „ideologisch motivierte Einschränkungen“ des Waffenrechts
aus. Für Christian Lausch (FPÖ) wird mit dem Antrag der Grünen, der
in der Praxis nichts bringen würde, kein einziger Anschlag
verhindert. Immerhin würden 70 % der Straftaten mit illegalen Waffen
verübt.

ÖVP: Gesetzesnovelle wird über den Sommer erarbeitet

Die Bundesregierung habe nach den schrecklichen Ereignissen in
Graz sehr schnell ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, betonte
Ernst Gödl (ÖVP) und ging darauf ein, dass derzeit eine Novelle zur
Verschärfung des Waffengesetzes in Ausarbeitung sei. Der
Innenausschuss werde daher nicht in die Sommerpause geschickt,
kündigte Gödl an.

Das „schreckliche Attentat“ zeige „dringenden Handlungsbedarf“
auf, unterstrich Margreth Falkner (ÖVP). Es sei die Aufgabe der
Politik, überlegt und faktenbasiert „an allen möglichen Schrauben zu
drehen“. Neben einem schärferen Waffenrecht brauche es aber auch
strengere nationale und europäische Regeln für den Umgang mit
sozialen Medien, meinte Falkner.

SPÖ: Mehr an Waffen bedeutet mehr Tote

Derzeit werde an der „größten Verschärfung seit es das
Waffengesetz gibt“ gearbeitet, betonten Maximilian Köllner und Julia
Elisabeth Herr (beide SPÖ). Denn ein Mehr an Waffen bedeute nicht
mehr Sicherheit, sondern mehr Tote. Daher solle es künftig strenge
Zugangs- und Eignungsvoraussetzungen für den Besitz einer Waffe
geben. Es könne nicht sein, dass es schwieriger sei, einen
Fahrradführerschein zu machen, als sich als 18-Jähriger eine
Schrotflinte zu kaufen, so Köllner.

Es gebe keine Studie und kein Land der Welt, wo durch die
Bewaffnung der Bevölkerung die Sicherheit gestiegen wäre, hielt
Melanie Erasim (SPÖ) der FPÖ entgegen. Die SPÖ-Mandatarin bezeichnete
die Freiheitlichen als „Sprachrohr der Waffenlobby“. Man wolle mit
einem modernen Waffengesetz alles politisch Mögliche tun, um Taten
wie in Graz künftig bestmöglich zu verhindern.

NEOS: Strenger Waffengesetze senken Zahl an Frauenmorden

Henrike Brandstötter (NEOS) ging auf den Schutz von Frauen vor
tödlicher Gewalt ein. Im Durchschnitt würden in Österreich pro Monat
zwei Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. Ein
erheblicher Anteil dieser Morde werde mit Schusswaffen begangen, die
oft von den Tätern legal besessen würden. Studien würden zeigen, dass
strengere Waffengesetze die Zahl an Femiziden senke – insbesondere
jene, die mit Schusswaffen verübt werden, so Brandstötter. Deshalb
arbeite die Regierung „mit Hochdruck“ an einer Verschärfung des
Waffenrechts, betonte Brandstötter.

Auch für Martina von Künsberg Sarre (NEOS) sind neben der
Änderung der Waffengesetze Präventionsmaßnahmen, wie etwa der Ausbau
der schulpsychologischen Betreuung, wichtig. Hier gebe es „noch viel
Luft nach oben“. Die Menschen in Graz würden sich von der Politik
erwarten, „das wir was zusammenbringen“, so die NEOS-Abgeordnete. (
Fortsetzung Nationalrat) bea/med

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