30 Jahre Nationalfonds der Republik Österreich – Erinnerung bewahren, Verantwortung leben – Zeichen setzen

Wien (OTS) – Anlässlich des 50. Jahrestages der
Unabhängigkeitserklärung und damit
der Wiederherstellung der Republik Österreich am 27. April 1995 trat
das Gesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer
des Nationalsozialismus in Kraft, das heute vor 30 Jahren kundgemacht
wurde.

In den Erläuterungen zum Nationsfondsgesetz heißt es: „Der Fonds
soll beim Nationalrat eingerichtet werden, um seine Bedeutung zu
unterstreichen und zum Ausdruck zu bringen, dass sich das oberste
Organ des Österreichischen Volkes, die Volksvertretung, für die
Einrichtung des Fonds und seine Zielsetzung verantwortlich sieht.“

Peter Haubner, zweiter Nationalratspräsident und Vorsitzender des
Kuratoriums des Nationalfonds, sieht auch 80 Jahre nach Kriegsende
die Gültigkeit der ursprünglich formulierten Zielsetzung: „Die
Einrichtung des Nationalfonds vor 30 Jahren war weit mehr als ein Akt
des Gedenkens, sondern ein klares Bekenntnis der Republik zur
historischen Verantwortung und zu einem ‚Nie wieder‘. Erinnerung ohne
Konsequenz ist eine leere Geste, und Gedenken ohne Haltung
bedeutungslos. Der Nationalfonds leistet zentrale Beiträge zur Gedenk
– und Erinnerungsarbeit der Republik – und damit zur bewussten
Auseinandersetzung mit einem der dunkelsten Kapitel unserer
Geschichte. Die Arbeit des Nationalfonds steht für das aktive
Erinnern und die gelebte Verantwortung der Republik – als Auftrag für
Gegenwart und Zukunft.“

Hannah Lessing, Vorständin des Nationalfonds, hebt hervor: „In
den vergangenen 30 Jahren durfte ich viele Gespräche mit Überlebenden
der NS-Verfolgung führen. Sie haben ihre Lebensgeschichten erzählt,
in zutiefst berührenden Momenten ihre persönlichen Erfahrungen
geteilt. Solche Begegnungen machen das Ausmaß des Leides fühlbar,
aber auch die unglaubliche Kraft und den Lebenswillen, zu dem
Menschen fähig sind. Von ihnen lernen zu dürfen, habe ich immer als
außerordentliches Privileg empfunden. Der Nationalfonds trägt mit
seiner Arbeit dazu bei, die Erinnerung der Opfer weiterzutragen und
ihre Erfahrungen zu bewahren, damit auch künftige Generationen daraus
lernen können. Dieser Verantwortung sieht sich der Nationalfonds
gerade angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen
Herausforderungen verpflichtet – als Zeichen gegen das Vergessen, als
Mahnung und als lebendiges Zeugnis unserer gemeinsamen Geschichte.“

Judith Pfeffer, Vorständin des Nationalfonds, betont: „Die
Expertise unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der
Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verfolgung und ihrer Folgen
wird international anerkannt. Seit 30 Jahren steht der Nationalfonds
für historisches Verantwortungsbewusstsein und ein deutliches Zeichen
gegen das Vergessen. Gerade heute ist es entscheidend, jungen
Menschen Wissen über den Nationalsozialismus und seine Folgen
zeitgemäß zu vermitteln. Deshalb fördern wir aktuell gezielt
Projekte, die der Relativierung des Holocaust und der Unterminierung
der Erinnerungskultur in Online-Medien entgegenwirken. Neben den
Kernaufgaben sehen wir unsere Verantwortung auch in der Umsetzung
neuer Vorgaben des Kuratoriums und des Komitees – um den
Nationalfonds als lebendiges Instrument der Erinnerungskultur und des
gesellschaftlichen Dialogs weiterzuentwickeln.“

Zwtl.: Fakten zu den Kernaufgaben des Nationalfonds

Leistungen an NS-Überlebende und Projektförderungen: Seit seiner
Errichtung erbringt der Nationalfonds Leistungen an Verfolgte des NS-
Regimes. Er fördert Projekte, die der wissenschaftlichen Erforschung
des Nationalsozialismus und des Schicksals seiner Opfer dienen, an
das nationalsozialistische Unrecht erinnern oder das Andenken an die
Opfer wahren. Ein besonderer Fokus der Förderung liegt derzeit auf
Projekten, die der Identifikation und Bekämpfung von Desinformation
in Online-Medien dienen, insbesondere solcher, die den Holocaust
relativieren oder die Erinnerungskultur unterminieren. Damit reagiert
der Nationalfonds auf aktuelle Herausforderungen im digitalen Raum
wie die wachsende Verbreitung geschichtsverzerrender und
antisemitischer Inhalte.

Instandsetzung jüdischer Friedhöfe: Österreich hat sich zur
Restaurierung und Erhaltung der jüdischen Friedhöfe verpflichtet.
Bislang konnten 13 jüdische Friedhöfe saniert und zur weiteren Pflege
an die Standortgemeinden übergeben werden. Damit leistet die Republik
einen nachhaltigen Beitrag zur Bewahrung des jüdischen Kulturerbes.

Simon-Wiesenthal-Preis: Seit 2021 vergibt der Nationalfonds
jährlich den Simon-Wiesenthal-Preis als Auszeichnung für besonderes
zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die
Aufklärung über den Holocaust. Der Preis ist mit insgesamt 30.000
Euro dotiert und verzeichnet mit jährlich rund 200 Bewerbungen aus
etwa 30 Ländern eine große Resonanz.

Erweiterung der Aufgaben: Mit der Novelle des
Nationalfondsgesetzes wurden 2024 die Aufgaben des Nationalfonds
erweitert und zukunftsorientiert ausgerichtet, um jüngere
Generationen in ihrer Gedenk- und Erinnerungsarbeit zu unterstützen.
Der Nationalfonds fördert seitdem Gedenkdienstleistende an rund 100
Einsatzstellen weltweit – ein bedeutender Beitrag junger Menschen zur
Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und zur lebendigen
Erinnerungskultur. „Wir müssen den jüngeren Generationen die
historischen Fakten und Zusammenhänge näherbringen, um
Geschichtsverzerrungen und demokratiefeindlichen Tendenzen entgegen
wirken zu können. Der Nationalfonds hat die erforderliche Expertise
und die notwendigen Mittel, um diese Aufgabe zu erfüllen“ , so der
Kuratoriumsvorsitzende Peter Haubner.

Gedenkstätte für die ermordeten Roma und Sinti: Ein weiteres
bedeutendes Vorhaben ist die Errichtung einer Gedenkstätte für die im
Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti. Dieses Projekt soll
einen würdigen Ort des Gedenkens schaffen und das Bewusstsein der
Bevölkerung für das erlittene Leid dieser Opfergruppe schärfen. Der
Nationalfonds betreut zusätzlich zwei weitere Gedenkorte – die Shoah
Namensmauern Gedenkstätte in Wien und die österreichische
Länderausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau.

30 Jahre Nationalfonds 2025: Im Jahr 2025 begeht Österreich
mehrere bedeutende Jubiläen, darunter 80 Jahre Befreiung vom
Nationalsozialismus, 70 Jahre Staatsvertrag und 30 Jahre EU-
Mitgliedschaft. Auch der Nationalfonds begeht heuer sein 30-jähriges
Bestehen. Zu diesem Anlass wird im Herbst ein Festakt im
österreichischen Parlament stattfinden, bei dem Vertreterinnen und
Vertreter der Republik, der Opferverbände und der Zivilgesellschaft
gemeinsam dieses Jubiläum des Nationalfonds begehen.