Wien (PK) – Im weiteren Verlauf des heutigen Bildungsausschusses im
Nationalrat
wurde über insgesamt fünf Anträge der Grünen sowie eine
Bürgerinitiative beraten, die ein breites thematisches Feld
abdeckten. Dies reichte von der Einführung von Ethik als Pflichtfach
für alle Schüler:innen bis hin zu einer Reform der Schulbuchaktion
sowie dem Schutz der „digitalen Souveränität“ in den Schulen.
Außerdem erneuerten die Grünen ihre Forderung, wonach Volksschulen
künftig die Möglichkeit erhalten sollten, schulautonom über die Form
der Leistungsbeurteilung zu entscheiden. Es brauche ihrer Ansicht
nach eine kindgerechte Leistungsbeurteilung sowie die Hervorhebung
der Stärken durch die Erstellung eines individuellen Portfolios.
Bei der Abstimmung wurden alle Anträge sowie auch die
Bürgerinitiative mit den Stimmen der Koalitionsparteien mehrheitlich
vertagt.
Einführung von Ethik als Pflichtfach für alle Schüler:innen und
Erleichterungen bei der Anmeldung
Das bisherige Modell des Ethikunterrichts als Alternative zum
Religionsunterricht stoße laut einem Entschließungsantrag der Grünen
in der Praxis an seine Grenzen. Es brauche ihrer Einschätzung nach
einen Ort, an dem alle jungen Menschen – unabhängig von Religion oder
Weltanschauung – gemeinsam über Werte, Verantwortung und Zusammenhalt
nachdenken und diskutieren können. Außerdem würde die Demokratie
derzeit ohnehin auf „wackeligen Beinen stehen“, argumentierte Barbara
Neßler (Grüne), die sich für die Einführung des Ethikunterrichts als
Pflichtfach für alle Schüler:innen einsetzte. Der konfessionelle
Religionsunterricht sollte weiterhin als Zusatzangebot im schulischen
Kontext bestehen bleiben ( 313/A(E) ).
In einem weiteren Antrag zu diesem Thema sprachen sich die Grünen
für organisatorische Erleichterungen bei der Anmeldung zum Ethik-
oder Religionsunterricht ein, um die Erstellung der Stundenpläne zu
erleichtern ( 329/A(E) ). Sie schlugen im Konkreten vor, dass die
Entscheidung der Schüler:innen darüber schon am Ende des
vorangehenden Schuljahres getroffen werden könne.
Die Position seiner Fraktion zu diesem Thema sei bekannt, meinte
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP). Die Volkspartei halte es für
sinnvoll, einen konfessionellen Religionsunterricht im Rahmen der
Schule anzubieten, zumal er dadurch kontrolliert werden könne.
Außerdem habe sich das bisherige Modell – Ethikunterricht als
alternativer Pflichtgegenstand – seiner Meinung nach bewährt.
Wahlfreiheit zwischen Ziffernnoten und kindgerechter
Leistungsbeurteilung in der Volksschule
Ziffernnoten allein würden wenig über die tatsächliche
Entwicklung junger Menschen aussagen, heißt es in einem weiteren
Entschließungsantrag der Grünen ( 312/A(E) ). In Ländern wie Finnland
oder den Niederlanden sei es bereits üblich, die Lernentwicklung
durch individuelle Rückmeldungen und Portfolios zu dokumentieren.
Österreich sollte diesem Beispiel folgen und eine differenzierte,
stärkenorientierte Beurteilung zur gelebten Praxis machen. Laut
Barbara Neßler (Grüne) sollten Volksschulen künftig die Möglichkeit
erhalten, schulautonom über die Form der Leistungsbeurteilung zu
entscheiden: Ziffernnoten oder alternative Formen der kindgerechten
Leistungsbeurteilung. Vor allem sollten dabei die Stärken der Kinder
in den Mittelpunkt gerückt werden.
Mitverhandelt wurde auch eine Bürgerinitiative, die ähnliche
Ziele vertrat. Die Unterstützer:innen plädieren dafür, die
Entscheidung über die Art der Leistungsbeurteilung – ob Ziffernnoten
oder alternative Leistungsbeurteilung – wieder den Volksschulen bzw.
den einzelnen Klassen zu überlassen (1/BI ).
Da diese Forderungen schon öfters gestellt wurden, beschränkte
sich Abgeordneter Rudolf Taschner (ÖVP) auf die Aussage, wonach es in
Österreich ein bewährtes System gebe. Es sei schon jetzt möglich, in
den ersten beiden Volksschulklasse auf eine alternative
Leistungsbeurteilung zurückzugreifen, was aber von gar nicht so
vielen Einrichtungen genutzt werde. Überdies sei im
Regierungsprogramm die Entwicklung eines digitalen Bildungspasses
enthalten.
Reform der Schulbuchaktion und digitale Souveränität in Schulen
Im Sinne eines zeitgemäßen, inklusiven, digitalen und
interdisziplinären Unterrichts traten die Grünen für eine Reform der
Schulbuchaktion ein ( 330/A(E)) . Derzeit sei ein Großteil der Mittel
für die Schulbuchaktion an klassische Schulbücher – analog oder
digital – gebunden und damit kaum flexibel, gab Süleyman Zorba (Grüne
) zu bedenken. Nur rund 15 % der Gelder würden für alternative
Unterrichtsmittel zur Verfügung stehen. Dies sei zu wenig, um
innovative Formate wie fächerübergreifende Projekte, digitale
Lernplattformen oder interaktive Tools flächendeckend zu ermöglichen.
Ein großes Anliegen war Zorba (Grüne) auch das Thema „digitale
Souveränität“, das in Form eines Entschließungsantrags zur Debatte
stand ( 211/A(E)) . Derzeit würden lizenzpflichtige Systeme wie
Microsoft 365 oder Google Classroom den Schulalltag dominieren,
wodurch eine technologische Abhängigkeit „immer weiter zementiert“
werde. Zudem würde der Umstieg auf alternative Systeme nicht
gefördert , so die Kritik der Grünen, die auf positive Beispiele in
Dänemark oder Frankreich verwiesen.
Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) hielt Zorba entgegen, dass ein
„Technologienationalismus“ nicht funktionieren würde und die
Verwendung von Produkten wie etwa von Microsoft auch viele positive
Effekte – man denke an die Ausweitung des Home-Office oder das
Distance Learning – hätte.
Er könne beiden Anliegen etwas abgewinnen, meinte Bundesminister
Christoph Wiederkehr, der über aktuelle Projekte in seinem Ressort
informierte. Einerseits habe man im Regierungsübereinkommen die
Schulbuchaktion 2.0 verankert, und andererseits würden bereits
Vorarbeiten im Hinblick auf die Digitalisierung von Lehr- und
Lernmitteln laufen. Er machte auch darauf aufmerksam, dass eine Reihe
von Open Source-Applikationen bereits verwendet würden. Seiner
Meinung nach werde es aber auch in Zukunft einen guten Mix aus beiden
Modellen brauchen. (Fortsetzung Bildungsausschuss) sue