Wien (OTS) – Siri Vennela aus Indien war fünf Jahre alt, als sie ihre
Eltern
verlor. Eine Frau bot ihr daraufhin Unterschlupf an. Eine
alternativlose Möglichkeit, die sie im guten Glauben ergriff. Doch
anstatt Liebe und Fürsorge zu erfahren, begann für das kleine Mädchen
ein Martyrium. „Zuerst waren es nur Auseinandersetzungen. Als mich
ihr Schwager dann aber zwang sehr hart zu arbeiten, erlebte ich
furchtbare Zeiten“ , erzählt Siri Vennela bei einem Treffen mit
Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer in Hyderabad. Das
kleine Mädchen musste im Hinterhof eines Hauses Kohle in Säcke
verpacken, die dann verkauft wurden. Im Jahr 2009, Siri Vennela war
acht Jahre alt, wurden Mitarbeiter von Nava Jeevan Bala Bhavan, eine
Nichtregierungsorganisation in Indien spezialisiert auf die Rettung
und Rehabilitation von Straßenkindern, auf sie aufmerksam. Siri
Vennela konnte befreit werden, erhielt dank den Salesianern Don
Boscos, langjährige Projektpartner von Jugend Eine Welt, eine
Unterkunft und die Chance in die Schule zu gehen. „Das Gefühl endlich
wieder in Freiheit zu sein war großartig“ , erzählt Siri Vennela
bewegt. „Ich habe mein Leben zurückbekommen!“
Trotz Rückgang immer noch 138 Millionen betroffen
„Die Zahl der weltweiten Kinderarbeit konnte seit dem Jahr 2020 zwar
um 20 Millionen reduziert werden. Dennoch sind noch immer 138
Millionen Mädchen und Buben betroffen. Besonders in Afrika müssen
rund 87 Millionen täglich schuften!“ , mahnt Reinhard Heiserer,
Geschäftsführer der österreichischen Entwicklungsorganisation Jugend
Eine Welt , anlässlich des „Welttag gegen Kinderarbeit“ am 12. Juni.
Heiserer bezieht sich auf aktuelle Schätzungen der International
Labour Organization (ILO), die auch verdeutlichen, dass knapp 40
Prozent (54 Mio.) aller weltweit arbeitenden Mädchen und Buben
zwischen 5 und 17 Jahren unter Bedingungen arbeiten, die ihre Rechte
verletzen bzw. ihre Gesundheit, Sicherheit und Entwicklung gefährden.
Gemeinsam mit Jugend Eine Welt setzt sich der gebürtige Tiroler seit
28 Jahren für die Rechte von Kindern im Globalen Süden ein –
besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Unterstützung von Projekten
gegen Kinderarbeit.
Bildung ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben
Siri Vennela ging nach ihrer Rettung durch die Jugend Eine Welt-
Projektpartner zur Schule, lernte fleißig und schloss im Jahr 2018
erfolgreich die Mittelschule ab. Drei Jahre später hielt sie
schließlich ihren Bachelor-Abschluss in Statistik in der Hand. „Ich
konnte mit eigenen Beinen im Leben stehen. Kinder müssen den Zugang
zu Bildung haben. Nur wenn sie Schreiben, Rechnen und Lesen lernen,
können sie sich gegen Kinderarbeit wehren und später ein
selbstbestimmtes Leben führen.“
Heute ist Siri Vennela in der Millionenmetropole Hyderabad in
einem Versicherungsunternehmen als Kundenbetreuerin tätig. An Kinder
und Jugendliche, die wie sie früher zur Arbeit gezwungen werden oder
auf der Straße leben müssen, hat Siri Vennela folgende Botschaft:
„Gebt die Hoffnung auf ein besseres Leben nie auf. Wenn es nicht
heute klappt, dann vielleicht schon morgen, und dann nützt die Chance
in die Schule gehen zu können!“
Drohendes Lieferkettengesetz-Aus hat fatale Folgen
„Schädliche Kinderarbeit ist oft nicht auf den ersten Blick
erkennbar“ , erklärt Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Heiserer.
„Gerade im Dienstleistungsbereich blüht Kinderarbeit im Verborgenen.
Etwa als billige Haushaltshilfen schuftende Mädchen, die mitunter
keinen Lohn erhalten, sondern nur mit Kost & Logis bezahlt werden.“
Aber auch in Steinbrüchen, Ziegelfabriken, Minen oder auf Kakao- oder
Bananenplantagen müssen Kinder schuften. Das drohende Aus des EU-
Lieferkettengesetzes, welches nicht nur in Deutschland und
Frankreich, sondern auch in Österreich auf immer größeren Widerstand
der Wirtschaft trifft, wäre laut Heiserer daher fatal. „Anstatt sich
darauf zu einigen, die größten Probleme, die Kinderarbeit
verursachen, anzugehen und so die Zukunft der Kinder Schritt für
Schritt zu verbessern, wird von Wirtschaft und Politik versucht, das
Lieferkettengesetz mit einem lauten Wirbel in den Papierkorb zu
schmeißen. Für die Millionen arbeitenden Kinder bedeutet dies:
Schuften statt Schulbildung. Armut statt Zukunftschancen.“
12. Juni 2025 | Aktionstag gegen Kinderarbeit in Wien
Gemeinsam mit der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar,
FAIRTRADE Österreich, Solidar Austria und Kindernothilfe Österreich
setzt sich Jugend Eine Welt mit der Initiative „Kinderarbeit stoppen“
seit Jahren für ein europäisches Lieferkettengesetz ein, das dazu
beiträgt, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen wirksam
zu stoppen (siehe: www.kinderarbeitstoppen.at ).
Morgen Donnerstag, 12. Juni 2025, dem „Welttag gegen
Kinderarbeit“, macht die Initiative „Kinderarbeit stoppen“ mit einer
Veranstaltung im Wiener Museumsquartier auf das Thema Kinderarbeit
aufmerksam.
Programm und Infos zum Aktionstag
Wann: Donnerstag, 12. Juni ab 11.55 – 19.00 Uhr
Wo: Fürstenhof vor der WIENXTRA-Kinderinfo, MuseumsQuartier/Hof 2,
Museumsplatz 1, 1070 Wien
Der Aktionstag startet um 5 vor 12 Uhr mit einer Tanzaktion gegen
Kinderarbeit. Dazu gibt es Workshops zum Thema Kinderarbeit (15:00
und 15:30). Als Ehrengast wird Ewald Pfleger von der Austro-Kultband
Opus erwartet, der der Initiative „Kinderarbeit stoppen“ seinen
Welthit “Live is Life” für die Tanzaktion gegen Kinderarbeit zur
Verfügung gestellt hat.
Programm: www.kinderarbeitstoppen.at/aktionstag
Jugend Eine Welt-Spendenkonto: AT66 3600 0000 0002 4000 |
Onlinespenden unter www.jugendeinewelt.at/spenden | Spenden sind
steuerlich absetzbar!
Weiterführende Informationen: www.jugendeinewelt.at/kinderarbeit